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Der die Wörter nicht rauswirft
Lothar Kusche
Dieter Mann (Jahrgang 1941) erlernte seinen Theater-Beruf von 1962 bis 1964
in der Staatlichen Schauspielschule, Berlin-Niederschöneweide, und bei
seiner Arbeit, für die er 1964 ans Deutsche Theater engagiert wurde, dem
er seit vierzig Jahren ununterbrochen angehört. Diese Kontinuität
ist ihm und seiner Kunst und seinem Hause sehr gut bekommen. Er spielte und
spielt dort mit nachhaltigem Erfolg Rollen aller Art und Größe und
diente der Bühne in schwierigen Jahren auch als intelligenter und sachkundiger
Intendant. (Wie es scheint, muß man nicht unbedingt durch Aufnahmeprüfungen
fallen und als verkanntes Genie trübsinnig werden, um am Theater Fuß zu
fassen. Ein gewisses Stehvermögen indes kann nützlich sein.)
Manns Kollege Eberhard Esche beschloß sein bedeutsames Erinnerungsbuch »Der
Hase im Rausch« (Berlin 2000, Eulenspiegel Verlag) mit den skeptischen
Worten: »Die Entwicklung der deutschen Schauspielkunst, die besonders
betrieben von den nach der Zerschlagung des Faschismus heimgekehrten Emigranten
und einer Regierung, die über Konzepte verfügte und mit Geldmitteln
nicht sparte –, diese Entwicklung, die in der Frühphase der DDR
begann, deren Kontinuität in den langen Jahren der Endphase der DDR brüchig
wurde, ist mit der Liquidation der DDR ausgelöscht worden.«
Mann, gelernter Dreher, aber nicht Wender, sagte mal: »Ob ich spiele
oder nicht – es ist mein Theater.« Hat er nicht bloß gesagt,
sondern auch praktiziert. Ein Mann der Praxis. Früher, erzählt er, »hatte
ich sehr forciert gespielt, mit artistischen Elementen. Nun... blieb nur: stehen,
denken, mitfühlen, mitteilen. Ich begriff während der (›Tasso‹-)
Arbeit die Untauglichkeit, Goethe mit meinem Witz und meiner Überinterpretation überholen
zu wollen. ›Laß‹, so schrieb mir der Regisseur (Friedo
Solter) zur Premiere, ›das Rauswerfen der Wörter, von denen Du
meinst: Das müssen die Leute wissen.‹ Zwölf Jahre blieb diese
Inszenierung im Spielplan, und was ich spielte, wurde immer sparsamer. Ich
glaube, es hatte damit zu tun, daß einem etwas zuwuchs, das irgendwann
irgendwer Persönlichkeit nennen mag.« Das ist zweifellos richtig!
Nun ist Dieter Mann zum Ehrenmitglied des Deutschen Theaters ernannt
worden. Eine seltene Auszeichnung. Die Liste umfaßt von Wegener, Winterstein,
Lucie Höflich, Tilla Durieux, Ernst Busch, Wolfgang Langhoff, Wolfgang
Heinz, Elisabeth Bergner bis Inge Keller nur 21 Namen. Dieter Mann ist der
zweiundzwanzigste Stern, der uns da entgegen glänzt. Er bemerkte 1998: »Wenn
man so lange an einem Haus ist, merkt man gar nicht, wie man älter wird.« Das
sei doch gut, fand der Reporter. »Sehr gut«, fand Mann, »und
sehr schrecklich«. Bei ihm finden wir das gar nicht schrecklich und gratulieren.
Erschienen in Ossietzky 18/2004
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