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Für die psychologische Kriegführung wurden in Guatemala, in den Nachbarländern Honduras, El Salvador und Mexiko sowie in Nikaragua illegale Rundfunkstationen aufgebaut, deren Programme aus der CIA-Leitstelle für den Putsch gespeist wurden. Wenn man die Einzelheiten liest, kann man sich vorstellen, was es bedeutet, daß die Regierung Bush kürzlich eine erhebliche Verstärkung der Radiopropaganda in Richtung Kuba beschlossen hat. Die CIA log, was das Zeug hielt. Da wurden Horrormeldungen über die Abwertung der Währung im Verhältnis 1:10 verbreitet (»Nutzen Sie Ihr Geld umgehend, um Lebensmittel und andere Güter zu kaufen!«), über eine angeblich geplante Lebensmittelrationierung, eine antichristliche Erziehung aller Kinder, die Einführung eines einjährigen Arbeitlagers für alle Jungen und Mädchen ab 16 Jahren, die Landung einer Gruppe von Sowjetkommissaren unter Führung eines Politbüromitglieds – die Beispiele füllen in den Berichten ganze Seiten. Immer wieder wurde in den Radiosendungen und auf Flugblättern, die von Flugzeugen abgeworfen wurden, die sich verschlimmernde wirtschaftliche Lage angeprangert – eine Lage, die von den USA selber sowohl durch Sabotagemaßnahmen im Innern Guatemalas als auch durch Blockade von Erdöl- und Lebensmittellieferungen planmäßig herbeigeführt wurde. Der Entwurf für den Operationsplan des Putsches, am 12. November 1953 von der CIA vorgelegt, sah sechs Stufen vor, die alle auch mit wirtschaftlichem Druck der USA auf Guatemala zu tun hatten. Zur dritten Stufe gehörte »Anwendung von innerem und äußerem Druck, um ernsthafte Schwierigkeiten zu schaffen«. In der vierten Stufe wurde daraus der »maximale ökonomische Druck« und in der fünften Stufe der direkte Angriff: »Aggressiven Sabotageplan gegen Schlüsselziele verwirklichen.« Der Chef der Abteilung Westliche Hemisphäre in der CIA-Planungsabteilung, Colonel J. C. King, hatte sich schon am 14. September 1953 in New York City mit fünf einflußreichen US-Unternehmern getroffen, darunter Vertretern der Standard Oil Company und der National City Bank. Laut CIA-Protokoll erklärte er ihnen: » Wir brauchen die besten Köpfe der Wirtschaft des Landes für Zwecke der Planung und möglicher anschließender Aktion gegen Guatemala auf dem Felde der Wirtschaft; wir wollen alle möglichen verdeckten Mittel erkunden, mit denen wir die gegenwärtige Regierung durch wirtschaftlichen Druck behindern können.« Auch Allen Dulles beteiligte sich am Wettstreit darum, wie man Guatemala den wirksamsten ökonomischen Schaden zufügen könnte. Der CIA-Direktor, so heißt es im Protokoll einer internen Sitzung in Dulles’ Arbeitszimmer vom 16. November 1953, »diskutierte dann das Vorgehen im Zusammenhang mit dem Anwenden ökonomischen Drucks durch Kaffee-Konsumenten in den USA. Er schlug vor, daß durch die entsprechenden Agenturen in den USA das Gerücht in Umlauf gebracht werden könnte, daß der Kaffee aus Guatemala einen schädlichen Pilz enthält und wir ihn deshalb nicht einführen dürfen.« Und dann gab es auch noch den einflußreichen republikanischen Senator Bourke B. Hickenlooper. In einem Vermerk über ein Gespräch zwischen den beiden Brüdern Dulles ist festgehalten, daß John Foster Dulles, der Außenminister, den CIA-Direktor Allen Dulles fragte, was der davon halte, wenn der Senator ein Gesetz über wirtschaftliche Sanktionen gegen Guatemala im Senat einbringt. Der CIA-Chef fand das eine gute Idee, und der Außenminister informierte ihn, daß schon ein entsprechender Entwurf vorliege. Hickenlooper hatte schon zuvor mit der CIA gut zusammengearbeitet. So vereinbarte der Senator mit dem CIA-Chef nach einer Südamerika-Reise, die auch Guatemala einschloß, daß ihn der Geheimdienst mit Material über die drohende Gefahr durch Guatemalas Kommunisten für die ganze Hemisphäre versorgte. Er würde das sehr begrüßen und in seine offiziellen Reden über die Reise vor dem US-Kongreß einbauen, in denen er über eine Lateinamerika-Reise berichten würde, heißt es in einem Memorandum über das Gespräch. Es wurde vereinbart, daß die CIA-Fakten über die kommunistische Gefahr so beschaffen sein sollten, »als ob der Senator sie auf seiner Reise erhalten hätte«. »Laßt Euch nicht erwischen!«Der psychologische Krieg gegen Guatemala wurde generalstabsmäßig organisiert. Er sollte laut CIA-Plan vom 1. 9. 1953 im Dezember beginnen, in drei Phasen ablaufen und mindestens 139 Tage dauern. Besondere Ziele waren die Armee und die nach internen Analysen der CIA relativ kleine, etwa 500 Mitglieder zählende Kommunistische Partei, die zwar die Regierung mit trug, aber im Parlament nur fünf von 63 Abgeordneten stellte. Es wurden Gerüchte fabriziert über Versetzung von Offizieren auf unattraktive Posten, über die geplante Kontrolle des politischen Profils von Angehörigen der guatemaltekischen Armee durch sowjetische Offiziere, die demnächst erwartet würden, über die bevorstehende »Bolschewisierung der Armee« mit Politkommissaren und über Gehaltskürzungen. Auch die »Liquidation« bestimmter Offiziere sei vorgesehen, und die Regierung Arbenz plane, den Militäretat zu Gunsten der Bewaffnung der Kommunistischen Partei umzuschichten. Für Phase 2 plante die CIA die Gründung einer »unechten kommunistischen Splittergruppe«, von der aber nur ein Briefkopf existieren sollte. Die CIA-Station in Guatemala Stadt wurde beauftragt, entsprechende Briefe zu vervielfältigen und zu verschicken, die durch Kritik an der UdSSR und den Aufruf zur Bildung einer »nationalistischen Kommunistischen Partei« die Linke spalten sollten. Dann wollte die CIA in El Salvador eine »Kommunistische Zelle« entdecken und deren Pläne zum Sturz der Regierung Arbenz und anderer mittelamerikanischer Regierungen entlarven. Solche und viele ähnliche Ideen füllen acht eng beschriebene DIN-A4-Seiten. Je näher der Tag des geplanten Putsches rückte, desto brutaler wurden die Maßnahmen der »Propaganda«. Ab April sollten an 30 Tagen hintereinander »Trauerkarten« an Präsident Arbenz, andere Regierungsmitglieder und führende Kommunisten geschickt werden. Um den »Nervenkrieg gegen Personen« noch zu verstärken, standen dann Holzsärge, Henkersschlingen und falsche Sprengladungen auf dem Programm, begleitet von an Hauswände geschmierten Losungen »Sie haben nur noch 5 Tage«. Am 16. Mai, einen Monat vor dem Putsch, gab das CIA-Hauptquartier ein Memorandum heraus, das unter dem Titel »Gewaltakte vor dem D-Day« (D-Day: der Tag des Putsches; H.Sch.) folgende Schritte festlegt: »D-12 (zwölf Tage vor D-Day), Überfall auf Arbenz’ Finca (das Landhaus des guatemaltekischen Präsidenten). Dieser Überfall sollte eine Kombination von Brandstiftung und Zerstörung sein… D-10. Beseitigung von (Name nicht freigegeben)… D-8. Beseitigung von (Name nicht freigeben)«. Beide Fälle würden »den antikommunistischen Protest gegen den (knapp eine Zeile nicht freigegeben) Charakter des Arbenz-Regime ganz klar machen… D-6. Beseitigung von (Name nicht freigegeben). Diese Aktion dokumentiert den antikommunistischen Charakter der Revolution und hinterläßt (knapp eine Zeile nicht freigegeben) führerlos.« Nach der »Beseitigung« eines weiteren führenden Mitarbeiters der Regierung vier Tage vor dem Putsch heißt es dann unter D-1, die »Erledigung« eines ebenfalls nicht mit Namen genannten Mannes – vermutlich eines hohen Militärs – könnte der »Schlüssel« für das Gelingen des Staatsstreichs sein. Denn würde er an D-Day noch da sein, »wäre er – mit seiner Fähigkeit und seinem Prestige – unzweifelhaft in der Lage, Unterstützung zu organisieren«. Abschließend betont das CIA-Memorandum, es reiche nicht aus, nur ein oder zwei der vorgeschlagenen Aktionen zu verwirklichen. »Nur die Durchführung des gesamten Programms mit der richtigen Verwertung durch Propaganda wäre nicht nur physisch, sondern auch psychisch außerordentlich… wichtig.« Am 14. März konferierten die Brüder Dulles noch einmal über die Vorbereitungen des Staatsstreichs gegen Guatemala. Der Außenminister zeigte sich laut CIA-Protokoll zufrieden mit dem Tempo, in dem die Operation »Success« vor-ankomme, setzte jedoch hinzu: »Laßt Euch nicht erwischen!« Nach dem erfolgreichen Putsch zog die CIA eine erste Bilanz, die man im Dokument 281 vom 29. 6. 1954 nachlesen kann: »1. Chance, Commies aus S.A. (Südamerika) herauszuschmeißen; haben Schwäche gezeigt; 2. Gewalt aus der Luft – gefährlich für sie; 3. Koordinierte Aktion – Außenministerium, Verteidigungsministerium, CIA; 4. Für Mittelamerika muß etwas getan werden.« Präsident Eisenhower erkannte die Putschregierung von Castillo Armas sofort an. Der Fall Sidney GrusonEiner der wenigen US-Bürger, für den der CIA-Putsch in Guatemala – wenn auch nur kurzzeitig – unliebsame Folgen hatte, war der Journalist Sidney Gruson von der New York Times. Obwohl er selbst zu den kalten Kriegern gehörte und beileibe kein Gegner der US-Außenpolitik war, versuchte er in einigen Artikeln, der Entwicklung in Guatemala halbwegs gerecht zu werden. Empört schrieb Frank G. Wisner, der Chef der Planungsabteilung der CIA für Terroraktionen, am 14. Juni 1953 an Allen Dulles: »Dieser Bericht von Gruson in der heutigen Times ist so schädlich wie alles, was er geschrieben hat… Falls Sie weitere Gespräche mit Ihrem Freund in der Times haben, … dann sollten Sie seine Aufmerksamkeit auf den Gruson-Artikel lenken… Entweder ist er sehr naiv, oder er ist sich über die Bedeutung seines Vorgehens nicht klar.« Am Schluß des CIA-Memorandums steht in einer Anmerkung: »Wegen Beschwerden der Agency über die Berichterstattung von Gruson ging DCI (Abkürzung für Director of Central Intelligence, also Allen Dulles; H. Sch.) zu Arthur Hays Sulzberger, der Gruson bald darauf woanders eingesetzt hat.« Sulzberger war der Verleger der New York Times. In demselben Memorandum berichtete Wisner, daß die CIA – offenbar im Zuge ihrer psychologischen Kriegführung – einen Artikel über »Die Freunde Guatemalas« verfaßt und im Time Magazine des Verlegers Henry Luce untergebracht habe. Diesen Artikel solle Allen Dulles lieber nicht, so Wisner, an die New York Times geben, »da dies nur allzu deutlich machen würde, woher Time seine Informationen hat«. Ob Gruson vor seinem Tode 1998 noch erfahren hat, daß sich nicht nur die CIA über seine Berichterstattung erregt hatte, weiß ich nicht. Immerhin war er in den 70er Jahren Vizepräsident der New York Times geworden und hatte gute Beziehungen zu den Mächtigen. Inzwischen liegt das Protokoll der 199. Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates (NSC) vom 27. Mai 1954 im Weißen Haus vor. Darin heißt es, daß Außenminister Dulles »sehr große Sorge zum Ausdruck brachte über die von Sidney Gruson in seinen Berichten für die New York Times verfolgte kommunistische Linie«. Dulles sagte: »Gruson ist ein sehr gefährlicher Charakter, und seine Berichterstattung hat großen Schaden angerichtet.« Der CIA-Chef unterstützte seinen Bruder mit obskuren Andeutungen: »Mr. Allen Dulles wies auf einige beunruhigende Dinge in der bisherigen Karriere von Gruson hin.« Und Präsident Eisenhower landete gleich einen Rundumschlag gegen die gesamte Zeitung: »Der Präsident sagte, er denke oft, daß die New York Times die unzuverlässigste Zeitung in den Vereinigten Staaten ist…« Die meisten wichtigen CIA-Organisatoren des Staatsstreiches in Guatemala – darunter Allen Dulles, Frank Wisner, Richard Bisell, J.C. King, Tracy Barnes, Howard Hunt, Jacob Esterline, David Atlee Phillips – waren einige Jahre später wieder dabei, als es darum ging, die Mordanschläge gegen Castro, die Sabotageunternehmen gegen Kuba und die Operation Schweinebucht vorzubereiten. Sie mußten sich auch nicht an eine neue Leitstelle gewöhnen. Und wenn künftig Dokumente über die jüngste Geschichte zugänglich werden, dürfte sich zeigen, daß das Instrumentarium der CIA gegen mißliebige Regierungen im wesentlichen das gleiche geblieben ist wie vor 50 Jahren gegen die Regierung Arbenz in Guatemala, die es gewagt hatte, der United Fruit Company nationale Interessen entgegenzusetzen.
Erschienen in Ossietzky 18/2004 |
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