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Daß die Konzernmedien deswegen über ihn herfallen – wen wundert’s. Zur Auseinandersetzung scheinen sie nicht willens oder nicht in der Lage. »Von den neuen Antennen kommen die alten Dummheiten« (Brecht). Ich habe mit einer Sendung des NDR-Kulturjournals vom 28.6.2004 vergleichbare Erfahrungen machen müssen. »Merkwürdiges Engagement – Schauspieler Rolf Becker unterstützt Slobodan Milosevic« lautete die Ankündigung, die mich in einer Fotomontage mit dem angeklagten Expräsidenten des ehemaligen Jugoslawiens zeigt. Von mehr als einer halben Stunde Interview wurde weniger als eine Minute gesendet, dagegen aufgefahren Lügen und Phrasen, wie wir sie von Scharping, Fischer und Schröder bis zur US-Außenministerin Albright und NATO-Sprecher Jamie Shea aus den Tagen des Krieges kennen: »Der NATO-Einsatz beendete ein Blutvergießen auf dem Balkan, das bis dahin 200 000 Menschenleben gekostet und Millionen zu Flüchtlingen gemacht hatte. Das NATO-Bombardement war Folge des grausamen Gemetzels.« Wenn das nur oft genug wiederholt und jeder Widerspruch unterdrückt oder diffamiert wird, gilt es als wahr. Fehlen durfte auch nicht die kroatische Schriftstellerin Slavenka Drakulic, die sich der herrschenden Meinung mit Buchpublikationen anbot wie »Wie wir den Kommunismus überstanden – und trotzdem lachten« und »Keiner war dabei – Kriegsverbrechen auf dem Balkan vor Gericht«. War sie dabei? Und selbst wenn: Was sagen Berichte über die unbestreitbaren Greuel des Krieges über dessen politische Ursachen und die wahren Schuldigen aus? Vom Gerichtshof in Den Haag ist Gerechtigkeit weder für Serbien und schon gar nicht für Milosevic zu erwarten. Dazu wurde er nicht eingerichtet: Es handelt sich nicht, wie der Öffentlichkeit vorgemacht wird, um einen völkerrechtlich legitimierten Gerichtshof, nicht etwa um den Internationalen Strafgerichtshof, den die UNO gegen den Widerstand der USA durchzusetzen versucht, sondern um ein Tribunal, das der Sicherheitsrat auf Veranlassung der USA eingerichtet hat – zur nachträglichen Legitimierung des Krieges. »Politische Verfahren, wie das gegen den früheren jugoslawischen Präsidenten, politisieren und pervertieren in Wahrheit den juristischen Prozeß selbst«, zitiert immerhin Die Welt den englischen Journalisten John Laughland, der den Prozeß in Den Haag als »eine Farce« bezeichnet. »Wäre das Tribunal ein ordentlicher Gerichtshof, müßte die Möglichkeit eines Freispruchs von Milosevic ernsthaft erwogen werden. Die Staatsanwaltschaft hatte zwei Jahre Zeit, ihre Vorwürfe zu beweisen; sie hat über 100 Zeugen geladen und eine Dokumentation von 600 000 Seiten vorgelegt. Nicht ein einziger Zeuge hat ausgesagt, daß Milosevic Kriegsverbrechen angeordnet hat. Milosevics Gegner sind seit Oktober 2001 in Belgrad an der Macht, und dennoch hat sich bislang kein Dokument in den Staatsarchiven finden lassen, das seine Schuld belegt. Stattdessen gibt es reichlich dokumentarische Belege und auch Aussagen des früheren Geheimdienstchefs Radomir Markovic, nach denen Milosevic die Geheimpolizei und die Armee angewiesen hat, Zivilisten im Kosovo während des gesamten Anti-Terror-Einsatzes gegen die Kosovo-Befreiungsarmee (KLA) zu schützen. Und durch nichts ist bewiesen, daß Milosevic irgendeinen wesentlichen Einfluß auf die bosnischen oder kroatischen Serben gehabt hätte. Trotzdem haben die Richter im Juni entschieden, keinen der Anklagepunkte fallen zu lassen, nicht einmal diejenigen, für welche die Staatsanwaltschaft keinen Beleg irgendwelcher Art vorbringen konnte.« Gerechtigkeit für Serbien. Für die Menschen dort vielleicht sogar ein nachrangige Frage. Es geht ums Überleben. Was sie hatten, wurde ihnen genommen. Eine Perspektive auf Zukunft ist nicht auszumachen. * Unsere gewerkschaftlichen Möglichkeiten, die Kolleginnen und Kollegen in Serbien zu unterstützen, sind vorerst erheblich eingeschränkt durch die Entscheidung des Serbischen Gewerkschaftsbundes, auf internationaler Ebene den Christlichen Gewerkschaften beizutreten – eine Entscheidung, die über die Köpfe der Mitglieder dort getroffen wurde und unseren Kolleginnen und Kollegen hier kaum vermittelbar ist. Ob und wie sie korrigiert wird, ist nicht absehbar.
Erschienen in Ossietzky 17/2004 |
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