Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Reich und schön in zehn MinutenMartin Petersen Meine Herren, Sie haben ordentlich gezahlt, um in diesem Seminar zu erfahren, wie Ihr Leben erfolgreicher zu gestalten ist. Mit meinem Zehn-Punkte-Erfolgsprogramm Darwin 2010® stellen Sie garantiert die Weichen in Ihre individuelle Erfolgszukunft. Passen Sie auf, es ist ganz einfach: 1. Werden Sie jünger! Specken Sie ab! Der Weg ins Fitneßstudio ist der Weg ins Glück. Bauen Sie Muskelmasse auf! Und gehen Sie regelmäßig ins Sonnenstudio! Je brauner die Haut, desto größer der Erfolg! Die Brille gehört in den Müll, ab heute tragen Sie Kontaktlinsen! Mit grauen Haaren landen Sie im Abseits. Also: Färben Sie Ihr Haar, aber so, daß es natürlich aussieht. Lassen Sie sich jede Woche die Haare schneiden. Wer nicht wie aus dem Ei gepellt wirkt und wer wie über vierzig auftritt, hat verloren. Und zwar alles. 2. Kleiden Sie sich, wie Sie sind: als Erfolgstyp. Wie man sich richtig kleidet, sehen Sie in jeder Bankfiliale. So muß man sich überall präsentieren, dann klappt’s auch mit der Nachbarin! Machen Sie die Probe: Tragen Sie einen Anzug mit Bügelfalte, Hemd und Schlips – die Leute auf der Straße und in den Geschäften schauen Sie respektvoll an. Man erkennt sofort, daß Sie ein Gewinner sind. 3. Artikulieren Sie Ihre Bedürfnisse! Aber nur mit geschlossenem Mund. Wenn Sie ein Auto sehen, das Ihnen gefällt, dann sagen Sie sich: »Das will ich haben!« Wollen Sie den Job eines Kollegen, dann setzen Sie alles daran, diesen Job auch zu bekommen – aber schön heimlich und hintenrum! Wollen Sie mit einer Frau schlafen, die sie erregt, dann tun Sie es! Die Gelegenheit wird sich schon ergeben, immer schön ruhig bleiben und abwarten. Denken Sie daran: Ein gesunder Egoismus ist erlaubt! Und einen ungesunden gibt es gar nicht, den haben Weichlinge erfunden, damit wir uns für etwas schämen, was vollkommen natürlich ist. 4. Befreien Sie sich von unnötigen Zwängen! Wer braucht schon Verwandte? Was haben Sie von denen? Natürlich ist es ratsam, sich nach den Vermögensverhältnissen beispielsweise der Großeltern zu erkundigen. Erstellen Sie für jeden Verwandten eine Erbschaftsprognose; entsprechend verteilen Sie Geschenke und kleine Anrufe zu Weihnachten und an Geburtstagen. Wer aber nur Kosten verursacht, fliegt sofort raus aus Ihrem Terminplaner. Das gilt auch für nervige Freundinnen. Frauen sollen schön sind und uns Männern sexuelle Entspannung verschaffen. Sobald sie mit dem üblichen Beziehungsterror anfangen, werden sie abgestoßen wie Telekom-Aktien. Keine Sentimentalitäten jetzt! 5. Lesen bildet. Kaufen Sie sich regelmäßig FAZ, FinancialTimes und Capital. Tragen Sie diese Periodika gut sichtbar mit sich herum, aber lesen Sie ausschließlich Bild und stern. Da steht dasselbe drin, aber Bild und stern strengen weniger an und sparen Zeit. Zwei Bücher müssen Sie zu Ihrer täglichen Lektüre machen: »Die Kunst des Krieges« und »So werde ich ein perfekter Liebhaber«. Denn das Leben besteht aus Ernst und Spaß, also aus Krieg und Sex. Wer Ihnen einreden will, da wäre noch mehr, der will Sie ablenken und schwächen. Haben Sie den Mut, stark zu sein! Stärker als andere! 6. Werden Sie mobil! Leasen Sie einen dicken Schlitten, aber es muß das neueste und schnellste Modell sein. Rasen Sie täglich mindestens zwanzig Minuten über die Autobahn, üben Sie riskante Überholmanöver ein! Nehmen Sie Risiken auf sich! Nur der Schwächling nimmt Rücksicht auf Schwache. Ein wirklich starker Mann fährt immer auf der Überholspur. Der schnelle Wagen ist die beste Schule des Lebens. Freunden Sie sich mit dem Paradox der Geschwindigkeit an: Keiner ist schneller als der Bleifuß! 7. Lachen ist gesund. Wer selten lacht, wird impotent. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Üben Sie jeden Tag Ihr Lächeln und Lachen vor dem Spiegel! Seien Sie selbstkritisch: Es muß ganz natürlich aussehen. Bleichen Sie Ihre Zähne strahlendweiß, die Bleichstreifen gibt es in jeder Apotheke. Ganz wichtig ist: Ihr Lachen klingt nur dann überlegen, wenn es aus dem Bauch kommt. Fahren Sie zum Bahnhof oder an Bushaltestellen und beobachten Sie dort die alkoholisierten Stadtstreicher; lachen Sie sich Ihre ganze Verachtung für diese Sozialversager von der Seele. Das befreit (Freiheit ist modern) und macht potent. 8. Verschönern Sie Ihre Umwelt! Packen Sie mit an, wenn es ans Aufräumen geht. Ordnung muß sein. Da hockt regelmäßig ein Obdachloser auf der Parkbank in Ihrem Viertel, der Ihnen und Ihrem Joggingpartner ein Dorn im Auge ist? Überzeugen Sie den Penner davon, daß er woanders sicherer sitzt. Aber nicht mit Bargeld, das kann jeder, sondern mit deutlichen Worten und einem Schlagring. Das stärkt Ihre Durchsetzungskraft und schärft Ihr Auge für direkte, unkomplizierte Problemlösungen. 9. Deutschland ist schön. Lassen Sie sich nicht von den ewigen Verlierern beschwatzen, die mit blutendem Herzen den Untergang des Sozialstaates beweinen und dabei nur neidisch sind auf Ihre Erfolge! Stopfen Sie linken Spinnern das Maul! Diese Weltverbesserer wollen alle besseren Menschen auf ihr Niveau hinabziehen, weil sie selbst nicht auf der Karriereleiter hochsteigen können. Wer Erfolg hat, ist zwangsläufig von Feinden umgeben, von Neidern, Schwachen und Dummen! Lassen Sie sich nicht wie Christus ans nächstbeste Kreuz schlagen – schlagen Sie zuerst zu! 10. Machen Sie Ihre eigenen Regeln! Wenn alle dieselben Regeln befolgen, sind sie füreinander durchschaubar und berechenbar. Bieten Sie im täglichen Existenzkampf keine solchen Angriffspunkte! Ihre Widersacher warten nur darauf, daß sie Ihr Verhalten vorhersagen können, um Sie auszuhebeln und fertigzumachen! Seien Sie immerzu unberechenbar, verwirren Sie Ihre Feinde durch Prinzipien, an die Sie sich im Notfall gar nicht halten! Einige von Ihnen sehen mich jetzt erschrocken an. Neue Perspektiven wirken zunächst immer erschreckend. Revolutionäre Gedanken wurden immer verteufelt, bevor man sie übernahm. Zu Ihrer Beruhigung: Nach meinen Regeln leben hierzulande bereits Millionen Menschen. Und deren Erfolg gibt mir Recht. Für Sie, meine Herren, heißt es jetzt: Mitmachen oder untergehen. Untergehen müssen die anderen (Kernsatz von Darwin 2010®). Ich stehe Ihnen jetzt für die Signierung der Seminar-Begleitbücher zur Verfügung. Persönliche Widmung kostet 20 Euro extra.
Erschienen in Ossietzky 14/2004 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |