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Raketen vom neuesten Typ »Patriot PAC-3« stehen auf dem Bestellzettel. Die Regierung in Taipei ist erst seit wenigen Wochen im Amt, berufen beziehungsweise bestätigt von dem im März mit hauchdünnem Vorsprung wiedergewählten Präsidenten Chen Shuibian. Der hatte seinen Wahlsieg auch mittels eines weltweit kritisierten Referendums über die Politik seines Landes gegenüber der Volksrepublik China gesucht und damit sogar Washington verärgert. »Er weiß schließlich, daß er sich mit Dollarmilliarden für Waffenkäufe die Sympathien der Bush-Administration jederzeit wieder sichern kann,« schrieb ich in Ossietzky 7/04. Der Rüstungsimport war zu erwarten. Sein Umfang auch. Überraschen konnte allenfalls die Geschwindigkeit, mit der er jetzt eingeleitet wird. US-Präsident George W. Bush hatte bereits im Frühjahr 2001 die Voraussetzungen für das bis dahin umfangreichste Waffengeschäft im südwestpazifischen Raum geschaffen. Dazu gehörte auch die Lieferung von vier Zerstörern der Kidd-Klasse, die inzwischen bereits übergeben sind oder demnächst übergeben werden. Die Blaupausen zum Bau der U-Boote können nach Lage der Dinge nur aus Deutschland kommen. wie ist es möglich, daß Konstruktionspläne für deutsches Kriegsgerät entgegen den Bestimmungen des Kriegswaffenkontrollgesetzes in chinesisches Spannungsgebiet gelangen? In Ossietzky erklärte ich: »Das US-Kapital kauft die Waffenschmiede Howaldtswerke-Deutsche Werft AG (HDW). Danach kümmert es sich einen feuchten Kehricht um deutsche Gesetze ... Auch wenn Bundeskanzler Schröder sowie die Ministerien für Verteidigung und für Wirtschaft in Berlin weiter heftig dementieren...« Schröder hatte noch Anfang Juni 2002 behauptet, HDW-U-Boote könnten trotz einer neuen Eigentümerstruktur der Werft nicht in Krisengebiete exportiert werden. Das war bereits damals kein nachsehbarer Irrtum mehr, sondern eine Lüge. Die HDW-Aktien befinden sich inzwischen zu mehr als 75 Prozent in den Händen der Northrop Grumman Corporation. Dieses Unternehmen ist in 25 Ländern vertreten, jetzt auch in Deutschland. Seit vierzig Jahren wurden in den USA zwar keine konventionell (diesel-elektrisch) angetriebenen U-Boote mehr gebaut. Dank deutscher Käuflichkeit verfügt Northrop Grumman nun jedoch über das dazu notwendige neueste Wissen. Diese Kenntnisse wollen sich auch die Taiwaner aneignen. Der jüngste Beschluß der Regierung in taipei sieht vor, daß Konstrukteure und Ingenieure der staatlichen China Shipbuilding Corp. in die USA reisen und sich dort während des Baues der beiden ersten U-Boote gründlich informieren. Nach den wünschen der Regierung in Taipei sollen dann die Boote drei und vier zu einem Drittel in Taiwan produziert werden, die Boote fünf und sechs zu zwei Dritteln und die letzten beiden der insgesamt acht U-Boote komplett in Taiwan. Der Kunde ist König. die Taiwaner werden das Knowhow bekommen. »Das Berliner Verteidigungsministerium ließ verkünden, deutsche verteidigungspolitische Interessen seien vertraglich geschützt, mit dem HDW-Verkauf an US-Firmen sei ›kein negativer Technologietransfer‹ verbunden«, erfuhren Ossietzky-Leser vor zwei Jahren. Auch dies war schon damals kein Irrtum mehr, sondern Irreführung der deutschen Öffentlichkeit. Philip Dur, Vorstandschef der Northrop Grumman Corp., erklärte jetzt gegenüber der in London erscheinenden Jane's Defense Weekly, einer der weltweit führenden Zeitschriften für Kriegspolitik und Rüstungsgüter, sein Unternehmen biete eine modernisierte Version von U-Booten »in Partnerschaft mit einem europäischen U-Boot-Hersteller«. Und laut Jane's Defense weekly bestätigte das Pentagon, es handele sich um die Howaldtswerke-Deutsche Werft AG. »Das Bundeswirtschaftsministerium schließlich verwies darauf, daß für die in Deutschland produzierenden Firmen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen die deutschen Ausfuhr- und Rüstungsrichtlinien gälten. Das betreffe auch den Export von Wissen.« (Ossietzky 14/02). Das traf lediglich als Hinweis auf die Rechtslage zu, im Hinblick auf die Realität war es eine Sprechblase. Der monströse Waffendeal kann nur noch platzen, wenn sich dafür im Parlament in Taipei keine Mehrheit findet. Das ist jedoch unwahrscheinlich. Regierungs- und Oppositionsparteien pflegen enge Kontakte mit Washington. Sie werden dem Waffengeschäft wohl zustimmen und damit das Ihre tun, damit sich im südchinesischen Spannungsgebiet die Spannungen noch verstärken. Das Pentagon hat bereits eine Allparteien-Delegation des Parlaments in Taipei zu einem »Informationsbesuch« nach Hawaii eingeladen, wo das Langstrecken-U-Boot-Jagdflugzeug »PC-3 Orion« vorgeführt werden soll. Die Einladung wurde angenommen, Taiwans Abgeordnete reisen in diesen Tagen unter der Leitung des Parlamentspräsidenten. Peking, so berichtet das Hongkonger Massenblatt Wen Wei Po, hat inzwischen den USA angeboten, seine 400 an der Südostküste aufgebauten und auf Taiwan zielenden Mittelstreckenraketen abzubauen, wenn Washington den Verkauf moderner Waffensysteme an Taiwan stoppe. Das wäre der größte Abrüstungsschritt in dieser Weltregion seit Jahrzehnten. Aber die Regierung in Taipei empörte sich: Das Angebot sei nicht ernstzunehmen, sondern »ein Täuschungsmanöver«. Auch in Washington wiegt das Geschäftsinteresse der Rüstungsindustrie offenbar schwerer als die Friedenssehnsucht der Menschen in Südostasien. Und doch ist sich Jane's Defense Weekly noch nicht ganz sicher, ob alles so laufen wird, wie es die US-Konzerne mit Rückhalt in Washington wünschen und wie es die Regierung in Taipei beschlossen hat. Die Zeitschrift verfügt offenbar schon länger über Informationen, daß Vertreter der US-Regierung insgeheim Druck auf die Taiwaner ausüben, ihren bombastischen Sonderhaushalt für den Waffeneinkauf in drei Einzelbudgets für jeweils eines der Waffensysteme aufzuteilen, damit nicht eventuell Probleme mit dem U-Boot-Projekt das ganze Geschäft platzen lassen . Das Vorhaben könne scheitern, weil Taipei noch nicht über genügend Infrastruktur zur Erprobung von U-Boot-Neubauten verfüge, erläuterte das Blatt neulich. Wenn aus diesem Grund noch viel Zeit vergeudet werde, könne der Waffendeal nicht mehr vor den Präsidentenwahl in den USA anlaufen. Das sei ein Risiko, denn eine andere als die gegenwärtige US-Regierung werde den Plan für das Aufrüstungsprojekt zu den Akten legen. Diese Briten sind doch wahrhaft Realisten. Nach ihrer Erfahrung könnte Widerstand gegen schmutzige Geschäfte mit deutscher Waffentechnologie und deutschen Waffen allenfalls aus Washington kommen. aus Berlin keinesfalls.
Erschienen in Ossietzky 13/2004 |
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