Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Irakische SouveränitätKilian Stein Der UN-Sicherheitsrat hat mit seiner Resolution 1546 dem Okkupationsregime, das, wie sich der deutsche Außenminister Fischer ausdrückt, das Machtvakuum im Irak ausfüllt, eine Legitimation verschafft und die von den Vereinigten Staaten eingesetzte Regierung als souveräne Übergangsregierung anerkannt. Er hat einem Regime nach dem Muster Diem oder Ky in Südvietnam oder Petain in Frankreich das Prädikat souverän verliehen. Konsequent unterstellt die Resolution, daß mit der Machtübertragung an die Übergangsregierung am 30. Juni das Besatzungsregime ende und der Irak seine volle Souveränität wiedererlange. Zugleich schränkt der Sicherheitsrat selber die Souveränität der Übergangsregierung ein. Ihr wird untersagt, Maßnahmen zu ergreifen, die das Schicksal des Irak über die begrenzte Übergangszeit hinaus berühren. Die strategischen sozialökonomischen Entscheidungen der US-Verwaltung, die den Übergang des Irak in eine – um es deutlich zu sagen – Sonderwirtschaftszone des Imperialismus regeln, werden nicht erwähnt, obwohl sie einen eklatanten Bruch der Haager Landkriegsordnung darstellen. Aus der schlicht unterstellten nationalen Souveränität des Irak zieht der Sicherheitsrat rigoros politische und juristische Schlußfolgerungen. Er stellt erstens fest, dass die multinationalen Streitkräfte auf Wunsch der souveränen irakischen Übergangsregierung im Land seien. Er nutzt also eine von ihm vorgespiegelte Souveränität der Übergangsregierung, um diese im Handumdrehen umzumünzen in die Legalisierung und Legitimierung eines Besatzungsregimes, das durch eine Verletzung des Aggressionsverbotes der Charta der Vereinigten Nationen zustande gekommen ist. Diese Berufung auf den Willen der Übergangsregierung erinnert an die Einladung der Regierung der CSSR an sowjetische und verbündete Truppen im Jahr 1968. Nur, den Segen des Sicherheitsrates hat die Sowjetunion damals nicht erhalten. Der blieb auch den USA versagt, als sie ebenfalls unter dem Vorwand, gerufen zu sein, 1983 auf Grenada landeten, um eine ihnen nicht genehme soziale Entwicklung abzubrechen. Heute gibt sich der Sicherheitsrat für dergleichen her. Zweitens beschließt der Sicherheitsrat, die US-geführte multinationale Truppe sei befugt, alles zu tun, was zur Herstellung der Sicherheit und Stabilität des Irak nötig sei. Das hat eine Konsequenz, die in der Resolution nicht ausdrücklich genannt wird, sich aber zwingend aus ihr ergibt: Der Sicherheitsrat erklärt mit dieser Ermächtigung der Okkupanten die Gegenwehr für völker- und staatsrechtlich illegal. Er setzt sich damit in Widerspruch zu Resolutionen der UN-Vollversammlung, in denen das Recht zum bewaffneten Kampf gegen koloniale und fremde Herrschaft anerkannt und den Guerilla-Kämpfern der Kombattanten- und Kriegsgefangenenstatus zugesprochen wurde. Dieser wird jetzt mit Zustimmung der UNO dem irakischen Widerstand verweigert. Die Vorschläge Brasiliens, Chiles und Spaniens, spezifische völkerrechtliche Verpflichtungen der Genfer Konvention zum Schutz der Zivilbevölkerung und der Kriegsgefangenen in den Beschlußteil der Resolution aufzunehmen, wurden von den USA und Großbritannien blockiert. Amnesty International hat das bereits kritisiert. Nach alledem verwundert es nicht, daß der Sicherheitsrat die Greuel im Gefängnis Abu Ghraib nicht erwähnt und es auch nicht für nötig hält, die weiterhin angewandte, durch Dienstvorschriften geregelte und selbstverständlich von Präsident Bush gebilligte Folterpraxis im Irak zu benennen, zu kritisieren und ihr Ende zu fordern. Das wäre aber um so nötiger gewesen, als es in den USA immer mehr Stimmen gibt, die das sogenannte humanitäre Kriegsrecht und das absolute Verbot der Folter für überholt erklären. Ein Drittes noch.Die Resolution legitimiert die Aufstellung von Sicherheitskräften und unterstellt sie der Marionettenregierung, letztlich also den Okkupanten selbst. Diese Sicherheitskräfte – das ist ihre offenkundige Funktion – sollen den Krieg der USA und ihrer Verbündeten in einen Bürgerkrieg verwandeln wie seinerzeit die Regierungsstreitkräfte in Südvietnam. Die fürchterlichen Folgen für den angeblich doch befreiten Irak sind absehbar – und ab jetzt von der UNO sanktioniert. Bundskanzler Schröder hat angekündigt, daß sich die Bundesrepublik in Form von Hilfe zur Ausbildung (sicher auch durch Lieferung von Waffen) an dem Aufbau dieser Bürgerkriegsarmee beteiligen wird. Die von Kofi Annan als »fair und gerecht« bezeichnete Resolution 1546 ist für mich der Tiefpunkt in der Geschichte der Vereinten Nationen. So viel Unwahrheit war in der UNO wohl noch nie, und nie hat der Sicherheitsrat ein-schließlich seines Mitglieds Bundesrepublik Deutschland aus Lügen so bedenkenlos machtpolitische und juristische Schlüsse gezogen. Alle Staaten der EU und die Kommission in Brüssel haben die Resolution begrüßt. Der Autor ist Sprecher des rechtspolitischen Ausschusses der Internationalen Liga für Menschenrechte.
Erschienen in Ossietzky 13/2004 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |