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Der Daily Telegraph nahm es auf die feine englische Art: »Rather patronising-ly« hätten die deutschen Kultusminister versucht, es den Schülern bei der Rechtschreibung leichter zu machen. Womit die Herablassung, die darin liegt, auf dem Verordnungswege eine willkürlich veränderte Orthographie durchzusetzen, sehr genau, aber kaum übersetzbar bezeichnet ist. Was das Londoner Blatt unschwer erkennt, erschließt sich manchem deutschen Journalisten nicht so ohne weiteres. Daß die Reform »ungeliebt« sei, bestreitet zwar immerhin niemand mehr außer den Sprachplanern, die sie entworfen haben. Aber da nun einmal die Kultusminister im Verbund mit den Medienkonzernen an den verworrenen Paragraphen der 1995 beschlossenen Neuregelung festhalten, bieten die Kommentatoren die eigenartigsten Verrenkungen dar. Die einen richten den Finger nicht auf die Verantwortlichen, sondern auf die Kritiker der Misere. »Traditionalisten« nennt zum Beispiel Bärbel Krauß (Stuttgarter Zeitung) jene, die nicht zu den Verhältnissen des 19. Jahrhunderts zurückwollen, als man vieles Zusammengehörige noch getrennt und vieles Unwichtige groß schrieb (vgl. Ossietzky 11/04). Als »Sprachpäpste« erscheinen ihr nicht etwa die Mitglieder der (mit den Worten Martin Damerows von den Nürnberger Nachrichten) »gottgleich wirkenden Kommission«, sondern jene Linguisten, die etwas mehr von der Sprache verstehen. Oder nehmen wir Reinhard Kahl (taz). Er sieht »Don Quichottes« wider die Wortmühlen der Kultusmini-sterkonferenz ihre Lanzen schwingen – seine eigene bricht er für den »enormen Zivilisationsgewinn«, den die Rechtschreibreform »unbeabsichtigt« gebracht habe. Das ist etwas schwer zu verstehen und kann hier nicht erläutert werden. Erwähnt sei nur, daß Kahl sich eine Sprache wünscht, die »möglichst elegant, vielleicht sogar etwas erotisch« sein soll. Da dachte er wohl an das »Dekolletee« der Reform. Die andern reden das Thema klein und schreiben doch darüber. »Was im Anzug einer steifen Nationaldebatte daherkam, verödete schließlich in einer müden Burleske«, gähnt Harry Nutt in der Frankfurter Rundschau. Ähnlich desinteressiert gibt sich Konrad Adam zum wiederholten Male in der Welt: Der ganze Streit sei »belanglos, weil jede Schreibweise, groß oder klein, getrennt oder zusammen, gleich gut und leicht verständlich ist«. Große Koalition der affektierten Langeweile. Bleiben jene bedauernswerteren Journalisten, welche die »neue« Rechtschreibung geißeln – in »neuer« Rechtschreibung, wozu sie von ihren Arbeitgebern angehalten sind. Thomas Steinfeld etwa führt die Aporien der amtlichen Regelung immer wieder vor, im übertragenen und im wörtlichen Sinne. So berichtet er in der Süddeutschen Zeitung von den »Verbindungen wie platzsparend oder eisenverarbeitend, die laut Neuregelung auseinander gerissen, nun aber nach Belieben wieder zusammengeschrieben werden dürfen«. Ja, genau: »auseinander« auseinander, »zusammen« zusammen! (Irgendwie doch logisch, die amtlichen Regeln.) Man kann den betroffenen Autoren nur raten, den Widerspruch nicht durch drastische Formulierungen überspielen zu wollen. »Die Katastrophe nimmt ihren Lauf«, warnt zum Beispiel Peter Liebers in der Märkischen Oderzeitung. Das ist unpassend und kläglich. Denn jeder, der reformiert schreibt, läuft mit.
Erschienen in Ossietzky 12/2004 |
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