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Der Grund für das erneute Scheitern dieser als »Sechsergespräche« bekannten Verhandlungen (Teilnehmer sind neben dem Gastgeber China die USA, Nordkorea, Rußland, Japan und Südkorea) ist zwar für die meisten Beobachter in Fern ost offensichtlich: unverschämte Hegemonialansprüche der USA. Nur wagt es niemand, das Kind beim Namen zu nennen. Das deutsche Publikum ist ohnehin zu einer solchen Einschätzung nicht imstande. Es muß sich von »seinen« Massenmedien desinformieren lassen, die Nordkorea herablassend »das isolierteste Land der Welt« nennen, während sie selbst daran mitwirken, daß dieser Mißstand fortdauert. Schaffen wir also Gegenöffentlichkeit. Nordkorea hatte sich in der jüngsten Verhandlungsrunde – ebenfalls zum wiederholten Male – ausdrücklich bereit erklärt, auf die Entwicklung von Nuklearwaffen zu verzichten. Es verlangte im Gegenzug Sicherheitsgarantien gemäß internationalem Recht, Aufhebung aller Handelsbeschränkungen, Wirtschaftshilfen. Mit dem Wort »Handelsbeschränkungen« war die Wirtschaftsblockade gemeint, mit der die USA und ihre Alliierten Nordkorea in den vergangenen Jahren an den Rand des Zusammenbruchs gedrängt haben. In erster Linie benötigt die nordkoreanische Volkswirtschaft wieder freien Zugang zum Welt-Energiemarkt. Nordkorea war erklärtermaßen zur Rückkehr auf eine Vertragsbasis bereit, die schon 1994 ausgehandelt worden war: ausschließlich friedliche Nutzung der Kernenergie (»Uranwirtschaft«), kein Atomwaffenbau, also keine »Plutoniumwirtschaft«. Diese Vertragsbasis schloß Lieferung und Bau zweier Kernkraftwerke in Nordkorea durch die USA und ihre Verbündeten ein. Die USA dachten schon damals nicht daran, diese vertragliche Verpflichtung zu erfüllen. Inzwischen wollten sie von dem vor zehn Jahren erreichten Verhandlungsstand überhaupt nichts mehr wissen, sondern legten kräftig Forderungen nach. In den Worten des US-Delegationsleiters, Staatssekretär James Kelly: »Wir verlangen die vollständige, nachprüfbare und irreversible Demontage des nordkoreanischen Nuklearprogramms. Wir können keine Beschränkung auf eine nur friedliche Nutzung der Atomenergie anerkennen.« Die Forderung umfaßte demnach nicht nur den Verzicht auf Atomwaffenbau, sondern auch auf zivile Nutzung der Kernenergie. Bei der Formulierung dieser Maximalposition bauten die USA ersichtlich auf Unterstützung seitens der VR China, wohl in der Annahme, Peking sei ebenfalls »besorgt« über die nordkoreanischen Nuklearprogramme. Möglicherweise hatte Washington in US-typischer Unkenntnis der regionalen Gegebenheiten sogar ein massives Eingreifen der Chinesen erwartet, ohne deren Hilfe es zu den Verhandlungen ja auch gar nicht gekommen wäre. Tatsächlich hatte aber die Volksrepublik China die Weiterverbreitung von Atomwaffen ebenso wenig verhindert wie die Vereinigten Staaten von Amerika. Peking hatte – das gilt heute als gesichert – Atomtechnologie an Pakistan weitervermittelt und geduldet, daß das nukleare Knowhow von dort an Nordkorea weitergereicht wurde. Die VR China förderte die Entwicklung Nordkoreas zu einem Subzentrum militärischer Macht, so wie die USA zum Beispiel Israel und Taiwan als Subzentren förderten. Es paßt durchaus in dieses Bild, dass die VR China gegenüber den USA die Bereitschaft erklärte, mäßigend auf die Regierung in Pjöngyang einzuwirken, zugleich aber hervorhob, daß ihr Einfluß auf die dortigen Machthaber begrenzt und deshalb äußerste Geduld erforderlich sei. So schreibt man sich selbst eine Rolle zu, auf die niemand verzichten kann, nicht einmal die USA. Zudem sind die Vereinigten Staaten wegen ihrer Wirtschaftsschwäche – resultierend aus Weltherrschaftspolitik, Kriegsführung im Irak und in Afghanistan, dem militärischen Engagement in einigen ehemals sowjetischen Republiken, im Fernen und im Nahen Osten, auf allen Weltmeeren und neuerdings sogar wieder im Weltraum – an einem weiteren Waffengang, dem gegen Nordkorea, gehindert. Daran wird sich nichts ändern, weder vor noch nach der Präsidentenwahl in den USA. Der Weltherrscher will ja nicht von seinem Thron herabsteigen. Erinnert sei schließlich daran, was die Regierung in Pjöngyang außer militärischer Bedrohung und ultimativen Ansprüchen von den USA erfahrungsgemäß zu gewärtigen hat: Vertragsbruch nach »erfolgreichen« Verhandlungen. Es verhält sich eben nicht so (wie auch die deutschen Medien kolportierten), daß zuerst Nordkorea zu seinen Atomprogrammen zurückkehrte und die USA daraufhin ihre Wirtschaftshilfe stoppten. Sondern genau umgekehrt. Nicht Nordkorea unterhöhlte und brach den ABM-Vertrag, es war ihm nie beigetreten; vertragsbrüchig wurde vielmehr die Bande selbsternannter Weltpolizisten im w eißen Haus, indem sie der Welt eine neue r unde des Wettrüstens aufzwang. Nicht Nordkorea brach das Atomwaffen-Teststopp-Abkommen; es hatte sich, zweifelnd an der Zuverlässigkeit des Vertragspartners USA, gar nicht erst in die Gruppe der (bisher) 109 Unterzeichnerstaaten eingereiht. Gebrochen wurde dieser Vertrag wie befürchtet von den USA: Sie entwickelten und erprobten die sogenannten Baby-Nukes. Nicht Nordkorea reklamierte das Recht auf atomare Erstschläge überall in der Welt – diese politische und moralische Niedertracht blieb den USA vorbehalten. Nordkorea hat, wie die gesamte übrige Welt, zur Kenntnis nehmen müssen, daß die USA nicht bereit sind, dem fertig ausgehandelten Abkommen zum Verbot der Biowaffen beizutreten. Man weiß in Pjöngyang recht genau, daß man von Washington Schlimmeres zu gewärtigen hat, als nur ein »Schurkenstaat« genannt und der »Achse des Bösen« zugerechnet zu werden. Und man weiß in Pjöngyang, wieviel briefliche Zusicherungen (»Letter of Content«) von US-Außenminister Powell »zur Sicherheitslage n ordkoreas« anstelle von Sicherheitsgarantien nach internationalem Recht wert gewesen wären; lediglich zu diesem minimalen Zugeständnis waren die USA bei den jetzt geplatzten Verhandlungen bereit gewesen. Wir werden demnach in einigen Monaten eine Neuauflage des diplomatischen Brimboriums um das nordkoreanische Atomprogramm erleben. Die Menschen in Nordkorea werden weiter unter furchtbaren Versorgungsnöten leiden – und ihr Regime unter seiner Ohnmacht, diese Not zu überwinden, ohne sich zugleich den USA auszuliefern. Die Machthaber in Pjöngyang sind zwar keine Lichtgestalten. Aber Monster sind sie auch nicht. Und wir, das deutsche pp. Publikum? Wir werden uns demnächst erneut und immer mal wieder von »unseren« Medien in Horror Picture Shows treiben lassen, wo wir Nordkorea (und nicht etwa die USA) nur als eine bedrohliche, verbrecherische Macht wahrnehmen können, geführt von einem unkalkulierbaren Despoten.
Erschienen in Ossietzky 9/2004 |
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