Hartwig Hohnsbein, Bildungskampagnen

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Bildungskampagnen

Seit der Veröffentlichung der PISA-Studien wissen unsere Medienkonzerne, daß auch sie mehr für die Bildung tun müssen. So überziehen sie ihr Publikum mit Fernsehsendungen, deren Mitwirkende hoffen, mit einigen richtigen Antworten Millionäre zu werden.

Die Printmedien haben es da schwerer. Große Geldgewinne können sie bei ihren Bildungsspielen nicht ausloben. Doch jeder Teilnehmer kann sich am Ende ein Zeugnis über seinen Wissensstand ausdrucken. Zu Beispiel beim stern . Der bietet, von der Homepage her anzuklicken, »Wissenstests« an. Zur Zeit läuft einer zum Thema »Das politische Attentat« mit der »Frage 1« (von 10): »In welcher Stadt erschoß der serbische Extremist Gavrilo Princip den österreichischen Thronfolger...«

In den vorhergehenden Wochen wurde die Lektion »Die Achse des Bösen« durchgenommen. Der durchschnittlich gebildete Zeitgenosse weiß zwar seit der Rede von Präsident Bush vom Januar 2002, daß Irak, Iran und Nordkorea auf der »Achse des Bösen« sitzen. Wer dort aber ebenfalls noch als »Schurke, Schlächter und Scharlatan« Platz genommen hat, ist vielen unbekannt, und deshalb klärte der stern umfassend darüber auf.

Er zeigte zu diesem Zwecke auf acht Seiten Gesichtsausschnitte, die jeweils einem von drei genannten Staatschefs zuzuordnen waren. Folgende Staatspräsidenten, die zur Zeit amtieren oder früher amtiert haben, konnten so als Feinde erkannt werden: Saddam Hussein, Gaddafi, Musharraf (Pakistan) – diese Drei gleich zweimal. Sodann: Milosevic, Fidel Castro, Hugo Chavez (Venezuela), Aristide (Haiti), Assad (Syrien), Kim Jong Il (Nordkorea), Zemin (China), Kabila (Zaire), Moi (Kenia), Mugabe (Simbabwe), Shwe (Burma), Akajew (Kirgisistan), Al-Bashir (Sudan), Gbagbo (Elfenbeinküste), Lukaschenko (Belarus), Bouteflika (Algerien), Deby (Tschad), Saleh (Jemen).

Das also sind sie, die »Schurken, Schlächter und Scharlatane« auf der »Achse des Bösen«. Jeder große und kleine Terroristenjäger kann sie sich im Wissenstest durch mehrmalige Wiederholung vollständig einprägen – für den Fall, daß er mal einem von ihnen begegnet.

Alles klar. Nur eins nicht: Wie verläßlich sind diese Bildungsgüter? Gilt zum Beispiel Libyiens Gaddafi nach seiner kürzlichen Begegnung mit Tony Blair weiterhin als Schurke, Schlächter und Scharlatan, oder ist er inzwischen in die ehrenwerte Gesellschaft der Guten dieser Welt aufgenommen worden, zu der, mit Präsident Bush an der Spitze, auch Pinochet und Scharon gehören?