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Weniger überraschend wirkt es, daß die USA auch den UNO-Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966 und die Erklärung zum Recht auf Entwicklung von 1986 nicht anerkennen oder multilaterale Verpflichtungen im Gefolge der Rio-Deklaration von 1992 über Umwelt und Entwicklung nicht eingehen wollen. Denn das sind Erweiterungen der Menschenrechte, die über den Horizont der amerikanischen Revolution hinausgehen. Insofern können wir schon lange wissen, woran wir mit den USA sind. Dennoch lohnt es sich, anhand konkreter Beispiele einmal deutlich zu machen, wie weit die Verweigerung universeller Menschenrechte reicht. Die Vereinten Nationen streben seit längerem schon die Verabschiedung eines Verhaltenskodex an, um das Recht auf angemessene Ernährung geltend zu machen. Zum Beispiel sollen Nahrungsmittel für Hilfsaktionen soweit wie möglich im Zielgebiet oder in benachbarten Regionen beschafft werden. Die USA dagegen lehnen einen Rechtsanspruch auf Ernährung ab, verstehen Nahrungsmittelhilfe als rein karitative Leistung und als Möglichkeit, die Überschüsse ihrer eigenen Landwirtschaft abzusetzen. Keinesfalls wollen sie Verpflichtungen eingehen, die mit Interessen ihrer Nahrungsmittelkonzerne kollidieren könnten. Wesentliches Element der Bevölkerungspolitik der UNO ist die Informations- und Wahlfreiheit von Mädchen und Frauen in der Familienplanung (Verhütung, Abtreibung). Aber die USA wollen den Zugang zu Informationen und Verhütungsmitteln beschränkt wissen, lehnen Abtreibung ab und propagieren statt dessen – in heiliger Allianz mit Fundamentalisten verschiedener Religionsgemeinschaften – »Enthaltsamkeit«. An den Themen Familienplanung und reproduktives Gesundheitswesen wäre auf dem »Weltkindergipfel« 2002 in New York beinahe das gemeinsame Abschlußdokument gescheitert. Die Kinderrechtskonvention der UNO hat fast weltweit Geltung erlangt, weil alle Staaten der Welt sie ratifiziert haben – bis auf Somalia und die USA. Zur Begründung, warum sie nicht unterzeichnen, verweisen die USA traditionalist-isch auf die Fürsorgepflicht der Eltern: Kinder haben keine eigenen Rechte. Das Zusatzprotokoll zur Kinderrechtskonvention verbietet den Einsatz von Jugendlichen unter 18 Jahren als – zumeist privat angeheuerte – Soldaten, wie er zum Beispiel in Afrika üblich ist. Die USA haben auch dieses Zusatzprotokoll nicht ratifiziert. Da sie den Privatbesitz von Kleinwaffen gutheißen und die Freiheit zur Waffenlieferung an private Akteure befürworten, fördern sie die Ausbreitung der Gewalt in der sogenannten Dritten Welt. Die Weltbank hat den G8, den wirtschaftlich dominierende Staaten der Erde, einen Aktionsplan zur Förderung von »Grundbildung für alle« in zehn bis zwanzig dafür geeigneten Ländern vorgeschlagen. Die USA haben die Länderliste der Weltbank abgelehnt, weil sie beanspruchen, die Staaten, mit denen sie auf diesem Gebiet kooperieren, selber auszuwählen. Daß die USA dem Kyoto-Protokoll zum globalen Klimaschutz nicht beigetreten sind, ist bekannt. Kaum bekannt ist, daß sie auch den Ausbau der Global Environment Facility (GEF) behindern. Die GEF ist das von der Weltbank in Zusammenarbeit mit der UNO geschaffene Finanzierungsinstrument für internationale Umweltabkommen. Bisher stehen ihr aber kaum mehr Mittel zur Verfügung als der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein. Das liegt unter anderem an den Zahlungsrückständen der USA und ihrer mangelnden Bereitschaft, der Globalen Umweltfazilität eine höhere Finanzausstattung zuzubilligen. Viele internationale Organisationen erörtern schon seit langem die Erhebung globaler Steuern oder Abgaben. Neben der Tobin-Steuer, der von dem Ökonomen Tobin vorgeschlagenen Devisentransaktionssteuer, ist beispielsweise an Entgelte für die Nutzung des Luftraums, der Meere oder wertvoller Naturschätze gedacht. Die Politik bekäme damit Instrumente an die Hand, um in die einseitig von Konzerninteressen bestimmte Globalisierung gestaltend einzugreifen. Aber solche Konzepte sind bisher schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt, weil die USA sie als »dirigistisch« ablehnen. Die neueren UN-Menschenrechtskataloge gehen von der Einsicht aus, daß die gewaltigen Defizite auf den Gebieten Soziales, Entwicklung und Umwelt in weiten Teilen der Welt Defizite bei der Wahrung der individuellen Menschenrechte zur Folge haben. Wenn die Führungsmacht des Westens nun bei allen Bemühungen um wirtschaftlichen und sozialen Ausgleich versagt und mit ihrer Politik die Kluft zwischen Arm und Reich noch vergrößert, muß sie folglich auch bei der Durchsetzung der Individualrechte versagen – was für sie aber kein Problem ist. Denn wie wir gesehen haben, ist sie in Wahrheit gar nicht gewillt, allen Menschen gleiche Rechte zuzugestehen. Insofern erweist sich ihre Politik wiederum als durchaus konsequent und stimmig.
Erschienen in Ossietzky 8/2004 |
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