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Horst Köhler, CDU/CSU/FDP-Kandidat. – In der Ihnen zugedachten Rolle als Bundespräsident wollen Sie mehr Tempo beim Abbau des Sozialstaates einfordern, egal ob nun »noch Herr Schröder oder schon Frau Merkel« für die Regierung verantwortlich sei – so Ihre Botschaft an CDU-Funktionäre. Bei der CSU hat Ihre Personalie Murren erzeugt. Verständlicherweise, denn eingestellt werden Sie in der Abteilung politisches Marketing, nicht als Personalberater.

Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung . – Laut Eigendarstellung pflegen Sie zwischen parteilichem Kommentar einerseits, verläßlicher Nachricht andererseits zu unterscheiden. Wie das praktisch aussieht, zeigte beispielsweise Ihre Berichterstattung über die Mordtaten in Madrid: Während die spanische Regierung, an der Schuldzuweisung in Richtung ETA hochinteressiert, immerhin Zweifel zuließ, wußte Ihre Zeitung einen Tag nach dem Terrorakt zu berichten, dieser sei dem »Schuldkonto einer Bande baskischer Fanatiker« zuzurechnen, die auf »spektakuläre Weise ein verheerendes Lebenszeichen« habe geben wollen. Kleine Wahlkampfhilfe aus Frankfurt für die spanische Rechte.

Herfried Münkler, Politikprofessor. – Auch Sie, neuerdings als Terrorismusexperte gehandelt, wiesen in Zeitungsinterviews der ETA die Verantwortung für den Terroranschlag in Madrid zu; allerdings könne man »von Berlin aus« diese Aussage nicht mit »hundertprozentiger Sicherheit« machen. Die »Art des verwendeten Sprengstoffs« sei aber ein Indiz gegen die ETA. Wir gehen davon aus, daß Sie an Ihrem Schreibtisch in der Humboldt-Universität eine Dynamitprobe untersucht haben.

Mathias Döpfner, Springer-Konzernvorsteher. – Welcher Unternehmensphilosophie Sie bei der Leitung Ihres Konzerns folgen, wollte die Süddeutsche Zeitung von Ihnen wissen. Ihnen fielen allerlei nicht gerade verblüffende Begriffe ein: »Kreativität«, »kaufmännischer Verstand« und so weiter und so fort. »Wo bleibt dabei der Verleger?« fragten die Interviewer etwas genervt. Sie gaben zurück: »Der Verleger heißt Axel Springer.« Da sage noch einer, der Spiritismus sei der Geschäftswelt fremd.

Krista Sager, Basisdemokratin . – Als Fraktionsführerin der Grünen im Bundestag haben sie erläutert, weshalb die Partei- und Fraktionsspitze die Parteigremien und Abgeordneten nicht informiert oder gar gefragt hat, ehe Gesine Schwan zur rot-grünen Präsidentschaftskandidatin erklärt wurde: »Wenn man eine überzeugende Kandidatin hat, macht das keinen Sinn, man kann nicht alles zerreden.« So bleibt den Grünen unterhalb der Parteispitze doch ein Betätigungsfeld: Sie dürfen zerreden, was den Parteioberen selbst nicht willkommen ist.

Erschienen in Ossietzky 6/2004