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Oberländers Karriere entspricht dem gängigen Muster der frühen Bonner Republik, wo in der Wolle gefärbte Nazis ihre im Dritten Reich eingeschlagene Laufbahn unverändert fortsetzen konnten. Was den Mann auffällig werden ließ, war seine Rolle als Abwehr-Offizier. Weil er aus Ukrainern die Sabotageeinheit »Bataillon Nachtigall« und aus sowjetischen Kriegsgefangenen die »Sondereinheit Bergmann« aufgestellt hatte, die der »Partisanenbekämpfung« diente, schrieb ihm die DDR individuell zu verantwortende Mordtaten zu, was wiederum seine Vaterlandsverteidiger aufbrachte und jüngst den FAZ -Mitarbeiter Lorenz Jäger bewog, ihm einen Persilschein auszustellen. ( FAZ 8.3.2004 ) Der schöne Text, liebevoll betitelt »Oberländer und das Feuilleton«, rügt eben dasselbe, weil in Deutschland zwar eine Ulrike Meinhof auf »moralische Sensibilitäten« rechnen könne, nicht aber der fälschlich als Massenmörder deklarierte arme alleingelassene Ostkrieger. Dabei kriegt auch der frühere FAZ- Redakteur Gustav Seibt sein Fett ab, hatte der doch »noch vor knapp zwei Jahren ... in seiner Laudatio auf Götz Aly zur Verleihung des Heinrich-Mann-Preises der Berliner Akademie der Künste vom ›Massenmörder Oberländer‹ gesprochen«. Den alten Streit, ob der Altnazi O. eigenhändig massengemordet oder als bloßer Schreibtisch- bzw. Kommandomörder zu gelten hat, überlassen wir exklusiv dem fachmännischen Frankfurter Feuilleton, das die Polit-Gangster in bewährter Manier sortiert und bei Bedarf reinwäscht. Lorenz Jäger geht denn auch sympathisantenhaft von Oberländers Unschuld aus und hält den Fall für »letzt ins tanzlich geklärt«, denn es biete sich das Bild »eines Nationalsozialisten, nicht jedoch eines Funktionärs der Vernichtung« . Darauf folgt ein herzerwärmendes »Plädoyer für die Ehre von Theodor Oberländer«, denn wenn ein Kamerad schon 1923 ehrenvoll mit seinem Führer zur Münchner Feldherrnhalle marschierte, so marschierte er 1941 nicht weniger ehrenvoll an der Spitze seines »Bataillons Nachtigall« und des »Sonderverbandes Bergmann« in fremde Ostländer ein. Jäger: »Anders als Hitler, mit dem er im rein militärischen Ziel der Niederwerfung der Sowjetunion übereinstimmt, war Oberländer der Ansicht, daß dies mit einer Versklavungs- und Ausbeutungspolitik nicht zu erreichen sei … « Ein ehrenhafter Eroberer eben. Weshalb die FAZ- Superfeder schlußfolgert: »Darin war er mit Claus von Stauffenberg, mit Reinhard Gehlen von der Geheimdienstabteilung ›Fremde Heere Ost‹ und mit dem Admiral Canaris einig, die den Krieg im Osten ähnlich beurteilten . « Die Verkuppelung Oberländers mit Stauffenberg und Canaris ist gewiß friedenspreiswürdig. Ungeklärt bleibt »allerdings die Frage, ob und in welchem Maße der ›Sonderverband Bergmann‹ oder Teile von ihm nach Oberländers Entlassung an den furchtbaren Massakern beteiligt waren, die sich deutsche Truppen bei der Niederschlagung des Warschauer Aufstands im Sommer 1944 zuschulden kommen ließen«. Wir staunen – gab es also doch Kriegsverbrecher? Nichts Genaues weiß man nicht in der Redaktion zur Förderung nationaler Blindheit. Leider erfahren wir von unserem Weltblatt auch nicht, was die geheimen ukrainischen und kaukasischen Sondertruppen Oberländers anstellten. Die Rote Armee rächte sich bei ihrem Vordringen mit Standgerichten und der Vertreibung ganzer Völkerschaften wegen Kooperation mit dem Feind. Offenbar nahm sie fürchterlich übel, wo das Frankfurter Feuilleton nur der »objektiven Wahrheitsfindung« dienen will. Definitionsleistungen besonderer Art sind wir von dem Blatt seit langem gewöhnt. Ob der verurteilte Kriegsverbrecher und »Meister des Sichelschnitts« Erich von Manstein als Eroberer und »Feldherrenkünstler« hoch gelobt wird, ob ein Herausgeber Joachim Fest dem bösen Ernst Bloch nahelegt, sich als »Bruder Hitlers« zu begreifen, oder ob er der »schon bald in Chaos und Schrecken auslaufenden Münchner Räterepublik« die beteiligten Juden nachzählt (»nicht wenige«), ob Ernst Nolte Auschwitz mit dem Archipel Gulag begründet und den Nazismus mit dem Bolschewismus, ob es gegen Prag oder Warschau Stimmung zu machen gilt, stets bietet sich eine Zeitung aus Frankfurt als Platzhalter für militaristische und geschichts- wie vernunftrevisionistische Sichelschnitte an. Mag sein, da setzen welche auf den baldigen Merkel-Stoiber-Staat. Die Herren sollten bedenken, ihre Angela wußte sich durchaus energisch von Martin Hohmann zu trennen. Wahrscheinlich kann sie auch Naziflüsterern die Tür weisen. Noch ist die kapitale Diktatur nicht perfekt. Bedenkt man, welche luziden Aufklärungen wir von dieser maßgebenden Zeitung all die schönen Jahre hindurch schon erfahren haben, fühlen wir uns an den in den USA lebenden israelischen Militärhistoriker Omer Bartov erinnert, der die Anfangserfolge der Wehrmacht deren »Primärgruppen« zuschrieb, die in den Schlachten bald aufgerieben wurden und deren Verschwinden die deutsche Niederlage einleitete. Offenbar besitzen mediale Primärgruppen größere Überlebensfähigkeit. Besonders in der FAZ. Sie siegen dort einfach weiter. In einem Volk von Ehre und Gewissen, also mit dem ernsthaften Willen zur Veränderung, wäre einer wie Oberländer nicht zu einem Ministersessel, sondern ins Zuchthaus gekommen.
Erschienen in Ossietzky 6/2004 |
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