Folterer und Mörder als Hoffnungsträger

Rainer Rupp

Von der Bush-Regierung als neue Hoffnungsträger für Haiti willkommen geheißen entpuppen sich die schwer bewaffneten Aufständischen als die gleichen Verbrecher, die, aufs engste mit der CIA verbunden, schon für frühere Terror-Regimes gefoltert und gemordet haben. Diesen Vorwurf erhebt nicht nur Ossietzky , er stand auch schon in der New York Times . In einem Leitartikel erwähnte sie, daß die Rebellen in Haiti »von Veteranen der Todesschwadronen und überführten Mördern angeführt werden«. Auch die in Washington ansässige Menschenrechtsorganisation »Human Rights Watch« warnte namentlich vor Guy Philippe, den US-Spezialkräfte Anfang der 1990er Jahre im Rahmen der Zusammenarbeit mit der damaligen terroristisch herrschenden Junta ausgebildet hatten. Philippe und viele seiner Verbrecherkollegen waren nach dem Sturz der Militärdiktatur auf Druck der Amerikaner in die neuen Sicherheitskräfte Haitis unter dem zurückgekehrten Präsident Artistide integriert worden. Von 1997 bis 1999 war Philippe Polizeichef von Delmas, wo er wegen seiner außerordentlichen Brutalität schnell berüchtigt wurde. Als gegen ihn Untersuchungen wegen Massenexekutionen von Verdächtigen begannen, setzte er sich im Jahre 2000 in die Dominikanische Republik ab. Dennoch stellten auch in Deutschland die meisten Medien Philippe als »Rebellenanführer« vor, der für Demokratie kämpft.

Zu den Rebellenführern gehören auch Louis-Jodel Chamblain und Jean-Pierre Baptiste. Beide kommen aus der Führung der Haitianischen Front für Aufstieg und Fortschritt (Fraph), »die der Militärjunta, die 1991 Präsident Jean-Bertrand Aristide vertrieb, als Instrument des Terrors gedient hat«, so die NYT , die daran erinnerte, daß die Fraph in den »darauf folgenden drei Jahren Tausende ermordet hat«. Wegen Mordes wurde der jetzige »Oppositionsführer« Chamblain in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt, nachdem er ebenfalls in die Dominikanische Republik geflohen war. Von dort kehrte er vor wenigen Monaten zurück, um bei der »Befreiung« Haitis zu helfen. Baptiste verbüßte wegen eines 1994 begangenen Massakers an Aristide-Anhängern eine lebenslange Strafe, bis er im August letzten Jahres durch einen Gefängnisausbruch befreit wurde.

Zu Recht hat Aristide dieser Tage in einem Interview der NYT behauptet, daß »die Fraph zurück ist«. Unter Berufung auf US-amerikanische Regierungsbeamte fügte die NYT hinzu, daß »in den 1980ern und Anfang der 1990er Jahre wichtige und hochrangige Offiziere der Armee Haitis und Fraph-Mitglieder auf der Gehaltsliste der CIA« standen. Das hat sich offensichtlich nicht geändert.

Erschienen in Ossietzky 6/2004