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Wachsender Widerstand nicht nur des Obersten Gerichts, sondern auch aus den eigenen Reihen der Demokratischen Partei behinderten den Präsidenten vor allem in seiner zweiten Amtsperiode. So war der Reformeifer 1938 am Ende. Die Zahl der Arbeitslosen, die 1933 über zwölf Millionen betragen hatte und dann auf unter acht Millionen gesunken war, stieg 1938 wieder auf mehr als zehn Millionen. Und der US-amerikanische Anteil an der Weltindustrieproduktion war nun sogar geringer als 1932. Erst die Mobilisierung für den Krieg und die Rüstungsproduktion führten die Wirtschaft der Vereinigten Staaten aus der zehnjährigen Dauerkrise heraus. Entsprechend erlebten die USA im Unterschied zu Europa den Krieg nicht als Zeit der wirtschaftlichen Not, sondern des Aufschwungs. Von 1939 bis 1945 sank die Zahl der Arbeitslosen von zehn Millionen auf weniger als eine Million, die Industrieproduktion verdoppelte sich, und das Bruttosozialprodukt wuchs von 91 Milliarden auf 211 Milliarden Dollar. Das wurde nicht zuletzt durch eine Steigerung der Staatstätigkeit gegenüber der Privatwirtschaft erreicht, wie sie aus der amerikanischen Tradition bis dahin undenkbar gewesen war. Der Staat nahm den Unternehmen die finanziellen Risiken der Umstellung auf Rüstungsproduktion ab, er erlaubte Verstöße gegen die Anti-Trust-Gesetzgebung, und die Streitkräfte wurden zum größten Investor und Auftraggeber der Wirtschaft. So stiegen die jährlichen Ausgaben des Bundes, die in den 1920er Jahren nur rund drei Milliarden und in den 1930ern neun Milliarden Dollar betragen hatten, bis 1945 auf 98 Milliarden Dollar an. Damit wurde der Grund gelegt für den zivilen Keynesianismus des »Goldenen Zeitalters« (Eric Hobsbawm), das bis Anfang der 1970er Jahre währte. Aber auch diese langanhaltende Prosperität wurde durch hohe Rüstungsausgaben gesichert, vor allem im Korea- und im Vietnamkrieg; und auch nach der neoliberalen Wende von 1980 wurde der Rüstungskeynesianismus fortgesetzt. Der aus der Kriegswirtschaft der frühen 1940er Jahre hervorgegangene sogenannte Militärisch-Industrielle Komplex besteht ebenfalls bis heute fort. So kann sich die Schlußfolgerung aufdrängen, daß die US-Wirtschaft aus sich selbst heraus nach Rüstung verlangt und ohne solche Anstrengungen gar nicht funktionstüchtig wäre. Hat Roosevelt mit seiner Rüstungspolitik vielleicht gar nicht primär auf die Bedrohung durch Hitler reagiert, sondern auf die aussichtslose Lage der eigenen zivilen Wirtschaft? War der dann folgende Kalte Krieg samt atomarer Vernichtungsdrohung ein großes Theater, veranstaltet nicht so sehr zu dem Zweck, den Sozialismus zu bekämpfen, als den amerikanischen Kapitalismus in Schwung zu halten? Und sollte etwa Reagans Hochrüstung gar nicht vorrangig die Sowjetunion, sondern soziale Begehrlichkeiten in den USA in die Knie zwingen? Dieses sogenannte Innenleitungstheorem reicht zwar nach einer Untersuchung aus der Reagan-Zeit (Erwin Müller: »Rüstungspolitik und Rüstungsdynamik: Fall USA«) nicht aus, um die Rüstungsdynamik der USA zu erklären; man muß die außenpolitischen und außenwirtschaftlichen Ursachen hinzunehmen. Bush aber scheint aus der geschichtlichen Erfahrung der 1930er Jahre dasselbe gelernt zu haben wie schon sein Vorvorvorgänger Reagan: Sozial orientierte Programme wie der New Deal helfen dem Kapitalismus nicht aus der Krise heraus. Was hilft, sind Steuersenkungen und Kürzungen der Sozialausgaben. Daher die großen Steuersenkungsprogramme, die Bush 2001 und 2003 verkündet hat. Sie führen angeblich zu einer solchen wirtschaftlichen Dynamik, daß der Staat am Ende sogar mehr Steuern einnimmt. Wenn das nicht eintritt (und es wird nicht eintreten), dann nimmt der Staat ungeniert Neuverschuldung in Kauf. Während der Bundeshaushalt im Jahr 2000 noch einen Überschuß verzeichnete, gab es 2002 schon ein Defizit von 165 Milliarden Dollar, das sich im letzten Jahr auf 375 Milliarden vergrößerte und in diesem Jahr voraussichtlich 565 Milliarden erreichen wird. Dieses unverschämte Schuldenmachen ist das Neue gegenüber den 30er Jahren. Es steht zwar im Widerspruch zum wirtschaftsliberalen Gebot eines ausgeglichenen Haushalts, bedeutet aber nichts anderes, als daß die Unterwürfigkeit des Staats gegenüber den Vermögenden offen eingestanden und ihnen die Initiative übertragen wird. Und ein Zweites haben die Republikaner aus der Geschichte gelernt: Man darf nicht so lange warten mit Rüstung und Krieg wie Roosevelt, wenn man die Krise meistern will. Daher hat Bush die Rüstungsausgaben gegenüber dem Jahr 2000 schon um 30 Prozent erhöht, wobei die Kosten des Irakkrieges noch gar nicht klar sind. So wird der Krieg wieder zum normalen Mittel der Politik.
Erschienen in Ossietzky 5/2004 |
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