Wolfgang Clement, Superminister. - Schon wieder macht Ihnen die CDU ein Hilfsangebot - nachdem Sie im Bundestag angekündigt haben, in den nächsten Monaten würden Sie "zügig die Überprüfung der Arbeitnehmerrechte vornehmen". Das Vorhaben wird Ihre Arbeitskraft voll in Anspruch nehmen, und so bleibt Ihnen gewiß keine Zeit, Arbeitgeberrechte zu überprüfen.

Peer Steinbrück, Clement-Nachfolger in Düsseldorf. - Seitdem Sie die Geschicke des größten Bundeslandes lenken, hat Ihre Stimme in der Kanzler-Partei Gewicht. Nun proklamieren Sie in Bild am Sonntag: "Wir müssen uns entfesseln." Nicht an den rheinischen Karneval denken Sie dabei, sondern an gewerkschaftliche Bindungen, unter denen Sie die Sozialdemokratie leiden sehen. Originell ist Ihre Idee nicht, schon Guido Westerwelle und Friedrich Merz haben die SPD bedauert, weil sie sich im "Würgegriff der Gewerkschaften" befinde.

Uschi Eid, Spitzengrüne. - Als Parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungsministerium wissen Sie Bescheid über die große weite Welt, und so teilen Sie in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung mit, daß die Grünen nicht unbedingt beim Nein zu einem Krieg gegen den Irak bleiben können, denn: "Saddam Hussein ist zu allem bereit und fähig." Vielleicht bereit, aber ist er zu allem fähig? Da haben Sie offenbar andere Informationen als die UN-Waffeninspekteure.

Christoph Böhr, CDU-Vizevorsitzender. - Als Anführer Ihrer Partei im Heimatland des Altkanzlers Helmut Kohl sind Sie vorgeprescht: Kanzler Schröder solle mit einem konstruktiven Mißtrauensvotum gestürzt werden. "Schröder sitzt auf einem Dampfkochtopf", meinen Sie; bald werde der Deckel hochgehen. Aber was kommt dann zum Vorschein? Pfälzischer Saumagen vermutlich, und das ist ein Gericht, auf das Angela Merkel wenig Appetit hat.

Christoph Keese, Starjournalist. - Von Ihrer heutigen Position als Chefredakteur der Financial Times Deutschland waren Sie noch weit entfernt, als Sie sich nach eigener Aussage Anfang der 1980er im Bonner Hofgarten an einer Demonstration gegen Pershing-Raketen beteiligten - eine jugendliche Torheit, wie Sie später gelernt haben. Und nun am vergangenen Wochenende diese Massenbewegungen gegen den Irakkrieg - wie kann so etwas passieren? Sie wissen eine Erklärung: "Gerhard Schröder ist es gelungen, Altruismus und Begeisterungsfähigkeit für seine Zwecke zu instrumentalisieren." Ein toller Bursche, so müssen Ihre LeserInnen schlußfolgern, der es versteht, Millionen von Menschen quer durch die Welt zu seinen Helfern zu machen - ausgerechnet jetzt, wo Sie den Sturz des Bundeskanzlers betreiben wollen.

Kuno Haberbusch, Redaktionsleiter panorama, Hamburg. - Gegenüber der Gewerkschaft ver.di haben Sie unseren Autor Dietrich Kittner "inhaltlicher Fehler" in seinem Artikel "Großoffensive Neusprech" (Ossietzky 24/02) bezichtigt. Der "Stadtbegeher"-Beitrag sei bei Ihnen nicht gesendet worden. Auch könne sich in Ihrer Redaktion niemand an Kittners Anruf erinnern. Bitte fragen Sie beim Tiefbauamt Hannover nach. Dort wird man Ihnen bestätigen, daß Ihr Kollege Jochen Graebert, durch panorama-Visitenkarte legitimiert, bei den Stadtbegehern gedreht hat. Falls sein in panorama am 7. 11. 02 ausgestrahlter Beitrag Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein sollte, fordern Sie doch einfach einen Mitschnitt bei sich an. Das Telefonat fand gleich nach der Sendung am 7. 11. von 22.31 bis 22.37 Uhr statt. Das belegt ein Einzelverbindungsnachweis der Telefongesellschaft "One.Tel". Sollte sich in Ihrer Redaktion wirklich niemand daran erinnern können, in diesem Gespräch Kittners Verdacht, der Beitrag sei Teil einer Kampagne gegen die Gewerkschaften, beredt widersprochen zu haben, informieren Sie sich gelegentlich bei einem unserer aufsichtführenden Geheimdienste. Die besitzen nämlich neuerdings gesetzlichen Anspruch auf Einzelverbindungsdaten unbescholtener Bürger. Nebenher: Wäre das nicht ein Thema für panorama?

Ossietzky-Leserinnen und -Leser. - Wer von Ihnen weiß etwas über den einstigen Weltbühne-Autor Hans von Zwehl (1888-1943)? Wie Carl von Ossietzky wurde er in der Nacht des Reichstagsbrandes verhaftet. Im Juni 1933 emigrierte er über das Saarland nach Frankreich (Paris, Toulouse). Anfang 1943 lieferte ihn die französische Polizei aus. Der Volksgerichtshof verurteilte ihn zum Tode. Seine Frau Rosa überlebte im KZ Ravensbrück. Eine Familienangehörige, die über ihn schreiben möchte, sucht nach biografischen Einzelheiten.

Erschienen in Ossietzky 4/2003