Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Mitarbeiter im PCIngrid Zwerenz Jeder PC-Nutzer kann sich ohne großen Aufwand ein besonderes Vergnügen verschaffen, befragt er die Grammatik- und Orthographie-Instanz in seinem Gerät, anzuklicken unter Extras. Die schöpferische Potenz dieses ohnehin installierten und deshalb kostengünstigen Mitarbeiters ist gar nicht hoch genug zu schätzen. Wer sonst kommt schon auf die Idee, aus dem politisch und emotional aufgeladenen Wort Stasi einen friedlichen Stausee zu machen und aus dem damit unselig zusammenhängenden Städtenamen Bautzen Harmloses wie Bauten oder Baustein? Mitunter übertreibt der Helfer die political correctness: Um keinen Preis wollte er Breslauer gestatten und schlug mir stattdessen Brandmauer oder Brenndauer vor. Das traf mich, in Liegnitz geboren, hatte ich doch in der nicht weit entfernten Stadt enge Verwandte, das bleiben nun mal Breslauer, auch wenn der Ort seit langen Jahren Wroclaw heißt, woran auch keiner rütteln soll. Versöhnlerische Tendenzen sind dem Gehilfen nicht fremd: Aus stalinistisch formt er stilistisch ; dafür geht es hart zur Sache, wenn er Stalinsche Maßnahmen durch Satanische Maßnahmen ersetzt sehen will. Prägnanter ist der Tatbestand nicht zu formulieren. Von Stalin ist nur ein Schritt zum Gegenpart: Aus Trotzkist wird Trotztest , was tiefe Nachdenklichkeit erregt, weil das ein Test sein konnte, der das Leben kostete. Kritik richtet sich jedoch nicht nur auf den Osten. Den Satz »Die USA tilgen die Pluralität und werden eine unitäre Gesellschaft« verschärft der Mitarbeiter passend zu: und werden eine Untier- Gesellschaft. Eigennamen rufen in ihm die höchste Eigenwilligkeit hervor: Wolfgang Thierse inspiriert ihn zu Bundestagspräsident Therese. Gerhard Schröder nennt er Schnöder, und das schon lange vor der Agenda 2010. Manche Umwandlungen schmerzen: Aus Gotthold Ephraim Lessing wird ein Herr Leasing, aus George Orwell der Schriftsteller Orgel. Unverzeihlich bleibt sein Umgang mit unserem Freund Fassbinder, nicht zu fassen, was da offeriert wird: Fassender , Fastender, das geht ja noch, aber dann: Faselnder, Fasernder, Fassbier, dabei trank der Filmemacher meiner Erinnerung nach lieber Wein als Bier. Ähnlich übel wird einem frühen Weltbühne -Autor mitgespielt: Lion Feuchtwanger soll ein Feuchtwarmer sein, ungeheuerlich, ruft man sich den erklärten Frauenfreund und umtriebigen Frauenliebhaber ins Gedächtnis, keine Spur von warm. An Zustimmung fehlt es mir dagegen nicht, variiert der elektronische Gehilfe Kardinal Ratzinger zu Ranziger ; ohne Zweifel, die Ansichten des katholischen Fundamentalisten sind ziemlich vergammelt und ranzig. Vor einiger Zeit schrieb Gerhard Zwerenz hier in Ossietzky über die Differenzen zwischen Ratzinger und Ernst Bloch. Mit diesem Namen gibt es leider ständige Verwirrung, die Blochsche Philosophie entstellt mir der Kerl hartnäckig zu Blechschere Philosophie , die Schüler und Adepten des Zukunftsdenkers sind ihm keine Blochianer, sondern Bolivianer , wahrscheinlich ordnet er beides als gleich exotisch ein. Grimmsche Märchen radikalisiert der Mitarbeiter zu Grimmigen Märchen, mit Recht, sind einige davon doch ganz schön blutig und grausam, bei sensiblen Kindern also traumatische Folgen nicht ausgeschlossen. Von traumatisch will der Helfer nichts wissen und offeriert stattdessen ein freundliches träumerisch , ebenso kennt er keine Bedrückungen und schlägt Berückungen vor, wer wäre nicht lieber berückt als bedrückt. Mitunter merkt man ihm seinen amerikanischen Ursprung an. Eine Menge Leute in den USA lehnen ja noch heute die Darwinschen Gesetze ab, er vermeidet geschickt die Nennung und biegt sie um in Dazwischen -Gesetze, gewissermaßen eine Interimslösung. Bei schöngeistiger Literatur gerät er etwas ins Schleudern, Jaroslav Hasek siedelt er an zwischen Hasen und Hassen, den Verweis auf die berühmteste Figur des tschechischen Autors schweykhaft sucht er mit schreckhaft oder Schwerkraft zu erfassen. Nun ist aber Zeit für eine Ehrenerklärung. Tippfehler weiß der Helfer brav zu finden und zeigt sie zuverlässig an. Das erinnert mich an den unvergeßlichen Gründer und gloriosesten Herausgeber der Weltbühne, Siegfried Jacobsohn, einen Sprachkünstler und Genauigkeitsfanatiker sondergleichen. Dennoch resig-nierte er mitunter und fand es sinnlos, Druckfehler völlig ausmerzen zu wollen. SJ illustrierte seine Aussage mit dieser schönen Geschichte: In einer Berliner Zeitung war einst zu lesen: »Der Knorprinz hat geruht ...«, am nächsten Tag die Berichtigung: »Der Kornprinz hat geruht ...«, am dritten war der vermaledeite Königssohn korrekt gedruckt, aber nun stand da: »Der Kronprinz hat gehurt.« Die moderne PC-Wächter-Instanz hätte diese Druckfehler keinesfalls durchgehen lassen, doch wären wir dann nicht in den Genuß der superben Jacobsohn-Story gekommen.
Erschienen in Ossietzky 4/2004 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |