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In der Kunsthalle Hamburg widmet sich gleichzeitig eine Klee-Ausstellung nur Arbeiten aus dem Jahre 33, vorwiegend Zeichnungen, die einen neuen Blick auf Klee freigeben. Das Blatt "hätt er jetzt Füße", offenbar korrespondierend mit der "Maske Furcht", zeigt einen Menschen, der eine Augenbinde trägt und sich nach links wendet, dorthin laufen will - auf vier Füßen. Tut er`s? Eine dritte Ausstellung in der Kunsthalle Bremen präsentiert Klees Schaffen am Bauhaus, von 1921 in Weimar bis 1931 in Dessau - der Künstler als Didaktiker. 1931 bewarb er sich in Düsseldorf an der Kunstakademie. Im März 33 wird in Klees Abwesenheit sein Dessauer Haus von der SA durchsucht. Ende April wird er von seiner Lehrtätigkeit in Düsseldorf mit sofortiger Wirkung suspendiert. Als "sibirischer Ostjude und gefährlicher Kulturbolschewist" beschimpft, muß er im Juli der National-Galerie in Berlin einen Nachweis liefern, daß er "Arier" sei. So entstand das Bild "Maske roter Jude". Viel roter Bart um ein schmales Gesicht, das durchgestrichen scheint oder von Drähten durchzogen, die ein Hakenkreuz erkennen lassen. Gemalt mit Kleisterfarbe, "mit dem Messer bearbeitet auf Dokumenten-Kanzleipapier". Ein roter Pfeil, der von links in ein braunes Teppichmuster stößt - als Störfaktor - gab der Hamburger Ausstellung den Titel: "Der Gegenpfeil". Auch die "Barbaren-Söldner" sind mit Pfeilen bewaffnet, und die "Menschenjagd" findet hier noch mit diesen primitiven Waffen statt. Ein Zeichen, das immer wieder auftaucht: das Kreuz wie ein X oder das Durchgestrichene. So das leuchtend farbige, traurige Gesicht, mit dicken schwarzen Streifen "von der Liste gestrichen", wie Klee es erfuhr, 1933. Auch die "große Schere" bildet dieses Kreuz, ein Mensch klammert sich daran, weiß, daß sie schneiden wird. Zwei kauern am Boden und führen ein "Zwiegespräch über den Begriff X". Das kann auch ironisch "Übungen am Kreuz" bedeuten oder der Mensch "an Schnüren". Klee versteckt sich hinter einer "Tierfabel". Da trampeln Tiere auf einem am Boden liegenden Menschen herum. Ausgestrichen sind auf dem Blatt "Heiliger und Tiere" die herabhängenden Hände, die untätig sind, nicht helfen. Die Tiere stehen hochaufgerichtet da, anklagend. Die Kuratorin der Ausstellung, Pamela Kort aus New York, die auch den Katalog herausgab, weist engagiert auf viele Indizien für Klees kritischen Blick hin. Noch im Jahr 33 emigrierte er in die Schweiz. Aber bis zu seinem Tod 1940 wurde er dort nicht eingebürgert. Was die Fondation Beyeler, Bern, in Zusammenarbeit mit dem Sprengel Museum in Hannover zeigt, ergänzt die Hamburger Ausstellung und setzt sie fort. Wunderbar leuchten, dunkel glühen Bilder wie "Tod und Feuer" aus Klees Todesjahr. Diese letzten Jahre in der Schweiz waren ungemein fruchtbar. Trotz einer schweren Krankheit malte er so viel wie nie, heitere, ironische, aber auch düstere Bilder wie "Angstausbruch" von 1939. Eine Figur, zerfallen in Einzelteile, wie ein Baukasten, ein menschliches Ersatzteillager, die riesigen Augen schreckhaft geweitet. Oder "Blumen in Stein", eingemauert der Kopf mit allen Träumen. So wie das Menschlein versucht, "ins Nachbarhaus" zu gelangen, aber im Gewirr der Häuser und Wohnungen steckenbleibt, keinen Ausgang findet, 1940. Im gleichen Jahr erscheinen wieder Engel, nun der "Angelus Militans", im Kriegsjahr weiß auch er keinen Weg. Es ist die Zeit des "Paukenspielers" in schwarz, weiß und rot. Sein Kopf, ein gefangenes Auge, der Himmel über ihm, blutgetränkt wie die Erde. Von oben stößt ein Trommelstock herab, ein Ausrufungszeichen, umgedreht, oder ein riesiger Zeiger einer unsichtbaren Uhr. Hitler 1932 in Düsseldorf: "Und wenn ich nur der Trommler wäre?! Es würde heute eine größere staatsmännische Tat sein, in dieses deutsche Volk wieder einen neuen Glauben hineinzutrommeln, als den vorhandenen langsam zu verwirtschaften." Schon 1938 sah Klee das "Nach dem Brand": ein aschgraues Blatt mit schwarzen Zeichen bedeckt, Verbogenes, Verlorenes, wie aus dem Schutt gefischt. Er erlebte das nicht mehr. Die hannoversche Ausstellung läuft bis 15. Februar, die Bremer bis 29. Februar, die Hamburger bis 7. März. Katalog Hamburg: "Paul Klee 1933", 328 Seiten, 23 Euro; Katalog Hannover: "Tod und Feuer", 191 Seiten, 39 Euro; der Bremer Katalog stand uns nicht zur Verfügung.
Erschienen in Ossietzky 1/2004 |
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