Merksätze des Jahres 2003

»Friedensbesoffene Volksgemeinschaft!« (Wolf Biermann, Lyriker, über Gegnerinnen und Gegner der US-amerikanischen und britischen Invasion im Irak)

»Heuchelei und Pharisäertum!« (Hans Magnus Enzensberger, Schriftsteller, über die Antikriegsdemonstranten in Deutschland)

»Wir haben sehr viel Gleichheit und Solidarität, aber sehr wenig Freiheit.« (Olaf Henkel, ehemaliger Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, über den Wirtschaftsstandort Deutschland)

»Der deutsche Reformherbst!« (Die fünf »Wirtschaftsweisen« über das Abkassieren der Patienten, die Nichtanpassung der Renten an den Lohn- und Preisanstieg, den geplanten Abbau des Kündigungsschutzes, die Verringerung der Arbeitslosenhilfe und andere zusätzliche Belastungen der großen Mehrheit zugunsten der Reichen)

»Ein paar Stunden mehr für den gleichen Lohn zu arbeiten, ist keine Wohlstandsminderung.« (Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, über entsprechende Forderungen der Unternehmerschaft)

»Bei diesen Menschen gilt es, eine Mentalität zu brechen.« (Bundeskanzler Gerhard Schröder über die Absicht, den angeblich arbeitsunwilligen Langzeiterwerbslosen höchstens noch Unterstützung in Höhe der Sozialhilfe zu geben)

»Neue Austarierung der Generationengerechtigkeit.« (Der CDU-Vorstand über seine Forderung nach knapperen Renten und längerer Lebensarbeitszeit.)

»Wir haben für unsere Kinder einen Job zu tun.« ( Professor Bernhard Raffelhüschen, Miglied der Rürup-Kommission, über die gleichartigen Kommissions-Vorschläge, die zu Lasten der Eltern und Großeltern gehen und auch die Renten der jetzigen und künftigen Berufstätigen verringern werden)

»Ich halte nichts davon, wenn 85jährige noch Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen.« (Philipp Mißfelder, Bundesvorsitzender der Jungen Union, über seine und aller anderen Großeltern)

»Noch nie ist es einer Rentnergeneration so gut gegangen wie heute.« (Krista Sager, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, über die beschlossene »Nullrunde« und weitere Belastungen)

»Geschafft! Das deutsche Gesundheitssystem wird mit der Entscheidung für die Reform noch besser.« (Das Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung über die Gesundheitsreform mit ihren zusätzlichen Belastungen für die Patienten)

»Gerecht und solidarisch!« (Ute Vogts, Staatssekretärin im Bundesinnenministerium und Vorsitzende der Südwest-SPD, über die Renten-, Gesundheits- und Steuerreform)

»Die SPD hat sich für den Klassenkampf entschieden.« (Guido Westerwelle, FDP-Bundesvorsitzender, über die fast einmütige Zustimmung des SPD-Bundesparteitages zur »Agenda 2010« und den anderen »Reformplänen« der Bundesregierung)

»Wehleidgesellschaft! Besser verdienen als immer nur besser meckern!« (Die Bunte Illustrierte aus dem Verlagskonzern des Multimillionärs Hubert Burda über die Proteste gegen Lohnraub und Sozialabbau)

Zum Ausgleich sei abschließend ein Satz zitiert, den kein heute regierender deutscher Politiker über die Lippen bringen würde: »Die kapitalistische Wirtschaftsordnung ist ein Verbrechen an Milliarden von Menschen und widerspricht dem Evangelium.« (Heiner Geißler, ehemaliger Bundesminister und CDU-Generalsekretär)

Die Aussprüche wurden gesammelt von Werner R. Schwab

Erschienen in Ossietzky 25/2003