Im extremen Westen Europas

Walter Kaufmann

Ich verbürge mich dafür (habe schließlich lang genug in Irland gelebt): Die vier Darsteller, spielten sie in der Landessprache, würden auch im irischen Galway Triumphe feiern. Sie wirken wie Einheimische und agieren, daß es eine Lust ist, bringen die den Iren angeborene Komik über die Rampe – Minenspiel, Gestik, Körperhaltung, Gangart: typisch irisch.

»Der einsame Westen«, wie die anderen fünf Stücke Martin McDonaghs, spielt am Rande der Insel, im äußersten Westen Europas, und wirft in der sich ständig überschlagenden Handlung (Vater totgeschossen von dem älteren der beiden Brüder, Streit um die Erbschaft bis hin zu ein paar Beuteln Kartoffelchips… und und und!) Fragen über Fragen auf. Antworten werden zwar schlagfertig gegeben, aber keine Lösungen – wie auch, wo doch nie klar ist, ob hier die Wahrheit gesagt wird oder gelogen.

Und nochmals: Diese Mimen in der Regie von Rudolf Koloc! Allein schon wie Herbert Sand und Bernhard Geffke die verfeindeten, einander liebenden Brüder verkörpern, Blutsbrüderschaft und abgrundtiefen Haß auf die Bretter bringen, daß es Pater Welsh, von Matthias Zahlbaum einfühlsam gespielt, schier zur Verzweiflung bis hin zum Selbstmord treibt, füllt den Abend. Da wirken Girleen Kellehers gelegentliche Auftritte, wunderbar geboten von Johanna Gast, wie plötzliche (im Nachhinein unentbehrliche!) Zugaben, damit dem Ganzen das weibliche Flair nicht fehle.

Also: Auf ins Theater 89, Torstraße 216, Berlin-Mitte, wo »Der einsame Westen« noch bis zum 14. Dezember zu sehen ist.

Erschienen in Ossietzky 24/2003