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Der frühere Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit reagierte damit auf den Beschluß des Berliner Landgerichts, den Antrag des in der Haftanstalt Berlin-Plötzensee einsitzenden Egon Krenz auf Befreiung von der Haft abzulehnen. Das Gesetz sieht diese Möglichkeit ausdrücklich vor, und die Leitung der Justizvollzugsanstalt hatte den Antrag befürwortet. Für das Gericht aber wog schwerer, daß der Missetäter keine Reue für seine Untaten zeigte. Wie die Richter bewies auch Gauck, obwohl gelernter Theologe, wenig Nächstenliebe. Offenbar rechnet er das Ex-Staatsoberhaupt partout nicht zu seinen »Nächsten«. Dann hätte er aber wenigstens die biblische Weisung »Liebet Eure Feinde« beherzigen können. Doch Gauck ist zwar möglicherweise bibelfest, bibeltreu ist er nicht. Sein 1989 nach innigen Kontakten mit dem MfS urplötzlich entfesselter Haß ist grenzenlos. In einer vielgelobten Rede zum zehnten Jahrestag des Mauerfalls durfte er ihm vor erlauchtem Publikum Ausdruck verleihen und die DDR mit dem Hitlerregime gleichsetzen. Der Auftritt als Vertreter der Ossis im Konzerthaus am Berliner Gendarmenmarkt war ein Höhepunkt seiner Karriere. Er genoß ihn in der Gesellschaft von Schröder und Bush senior. Anwesend war auch Gorbatschow, der einst in der Befehlskette des Warschauer Vertrages bei der Verteidigung der Westgrenze der sozialistischen Staatengemeinschaft weit vor Krenz ganz oben stand, den »wahren Heldenmut« der Grenzsoldaten beim »Schutz des ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden« würdigte und Krenz heftig schalt, als dieser am 9. November 1989 in eigener Entscheidung den Einsatz von Gewalt untersagte. Mit dieser Anweisung hat Krenz ein Blutbad an der gemauerten Staatsgrenze verhindert und sich um Deutschland und um den Frieden in Europa verdient gemacht. Das Vaterland indes hat ihm das historische Verdienst nicht gedankt. Als sich am Vorabend des zehnjährigen Jubiläums vor dem Schöneberger Rathaus die Ex-Präsidenten Bush und Gorbatschow feiern ließen, bestätigte 200 Kilometer südlich der Leipziger Bundesgerichtshof das erstinstanzliche Urteil, mit dem der Ex-Staatsratsvorsitzende wegen »Totschlags von vier Flüchtlingen an der innerdeutschen Grenze« zu einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren verurteilt worden war. Am 13. Januar 2000 trat er die Haft an, er befindet sich im offenen Vollzug, mehrere Gesuche um vorzeitige Entlassung wurden abgelehnt. Eine Lieblingsbegründung für die Ablehnung besteht in der Behauptung, dem »rechtstreuen Bürger« sei es nicht zuzumuten, Krenz auf freien Fuß zu setzen. Überzeugend klingt das nicht, wenn man bedenkt, was dem »rechtstreuen Bürger« in der Bundesrepublik Deutschland in der Gegenwart, von der Globke-Ver-gangenheit ganz zu schweigen, alles zugemutet wird: Steuerbetrüger und Geldschieber als Parteiehrenvorsitzende, Antisemiten als Bundestagsabgeordnete, ein offenkundiger Lügner als Ministerpräsident eines Landes, Sozialräuber als Kanzler und Minister. Zugemutet wird dem Bürger auch ein Oberstaatsanwalt namens Bernhard Jahntz, der in den 80er Jahren mit den Ermittlungen gegen die Richter, Staatsanwälte und Henker des faschistischen »Volksgerichtshofes«, auf deren Konto 5243 Todesurteile kamen, beauftragt war und kein einziges Urteil erwirkte. Als Ankläger im Prozeß gegen Krenz forderte er elf Jahre Haft. Auch das Berliner Landgericht legt ganz unterschiedliche Zumutsbarkeitskriterien an. Anderenfalls hätte es nicht nahezu zur gleichen Zeit, zu der es schon einmal eine weitere Inhaftierung des Ex-Staatsratsvorsitzenden verfügte, einen Schwerkriminellen, laut Krenz einen »Knastkollegen« in Plötzensee, auf Bewährung aus der Haft entlassen, der danach eine Berliner Bank überfiel, einen Bus kaperte und Geiseln nahm. Nein, um Rücksichtnahme auf des Volkes Meinung geht es den politischen Strafverfolgern nicht. Den wahren Grund für ihre Haltung hat Krenz vor einiger Zeit richtig benannt: »Zur Abrechnung mit der DDR gehört die Verunglimpfung: Ein Staat, an dessen Spitze ›Totschläger‹ gestanden haben sollen, muß zwangsläufig kriminell gewesen sein. Jemand, der seine politische Vergangenheit nicht auf den Müllhaufen wirft, scheint als ›Beweis‹ für solchen Unsinn besonders geeignet zu sein. Ich beklage mich nicht, und ich wundere mich nicht einmal darüber. Die BRD-Oberen verzeihen nie, daß es mit der DDR einen deutschen Staat gegeben hat, auf den sie 40 Jahre lang keinen Zugriff hatten.« Zu den »BRD-Oberen« gehört auch der Regierende Bürgermeister des Landes Berlin, er ist befugt, die Freilassung von Krenz zu veranlassen. Der frühere, Diepgen, hat es offen abgelehnt. Der amtierende, Wowereit, Koalitionspartner der PDS, verhält sich in der Sache nicht anders. Apropos PDS: Was ist eigentlich aus dem Beschluß des Geraer Parteitages vom Oktober 2002 geworden, der »an die PDS-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus und an die PDS-Senatoren im Berliner Senat die Aufforderung (richtete), sich für die unverzügliche Freilassung von Egon Krenz einzusetzen«? Darüber hört man wenig und von einer Wirkung schon gar nichts. So bleibt denn der ehemals höchste Repräsentant der DDR ein politischer Gefangener. Wie lange noch? Wenn es nach Gauck ginge, dann bis zum letzten Tag seiner Freiheitsstrafe. Den Grund für seine neuerliche Ablehnung hat der Ex-MfS-Aktenverweser so formuliert: »Wenn Egon Krenz noch immer kein Gefühl für seine Schuld hat, dann muß er im Gefängnis dafür büßen.« So hätten es der gewesene Großinquisitor und Seinesgleichen gern: der Gefangene auf den Knien und im Büßergewand. Aber Krenz wird ihnen diesen Gefallen nicht tun. Zum Schabowski wird er nicht. Zu Schabowski s. »Deutsch-deutsche Karriere« in Ossietzky 17/98
Erschienen in Ossietzky 24/2003 |
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