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Christiane Kohl, Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung, Rom. –
In Ihrer Zeitung vom 4./5. Oktober 2003 schreiben Sie eine Reportage über
zwei ehemalige Wehrmachtsoldaten, die mit Ihrer Hilfe eine Italienerin wiedergefunden
haben, bei der sie im Sommer 1944 auf dem Lande bei Arezzo einquartiert waren.
Die Deutschen funkten Lageberichte an ihre Kommandostellen. In der Freizeit
machten sie sich an die 18jährige »Flavia« (den Namen haben
Sie geändert) und ihre Freundin heran, ohne viel Erfolg. Sie wollten ihnen
mit dem imponieren, was Deutsche damals besonders gut konnten: Sie schossen
im Park. Nach einer Woche mußten die Deutschen weiter, nach ihnen kamen
andere, ermordeten im Nachbarort 200 Männer (Partisanenverdacht) und verhörten
und folterten die Quartiergeber-Familie, weil sie im Garten die leeren Patronenhülsen
gefunden hatten. Der Bruder der jungen Italienerin wurde ebenfalls erschossen.
Jetzt haben Sie die beiden Funker Edwin und Werner wieder nach Arezzo gebracht
zu einem Wiedersehen mit »Flavia«, die sie zwar nicht ins Haus führte,
aber zu dem Massenmord gesagt haben soll: »Wenn Du meinst, da waren die
Guten und da die Bösen – das stimmt so nicht.« Waren vielleicht
die erschossenen Italiener die Bösen? War es wirklich eine gute Idee, vor
diesem Hintergrund solch ein scheinbar harmloses Treffen mit Opfern zu arrangieren?
Haben Sie kein Schamgefühl, Frau Kohl?
Gerhard Schröder, Wüstenreisender und Regenmacher. – Der
Berliner Kurier, der (wie auch diese Zeitschrift) nicht weiß, wie tief
die »tiefste Wüste Abu Dhabis« ist, meldete aus Dubai: »In
der tiefsten Wüste Abu Dhabis versuchte sich Schröder erfolgreich
als Regenmacher. Inmitten der Liwa-Wüste brachte er per Knopfdruck einen
von Deutschen gebohrten Brunnen zum Sprudeln. Er kostete einen Schluck des Wüstenwassers
und befand: Etwas warm.« Immerhin Wasser. Gewissermaßen ein warmer
Regen. Interessant an dem Ereignis ist, daß der Regen, den Sie machen,
nicht wie gewohnt von oben kommt, sondern von unten aus einem von Deutschen
gebohrten Brunnen sprudelt. Das muß an Ihrem besonderen Knopfdruck liegen.
»Etwas warm.« Was hatten Sie denn erwartet? Eiswasser oder Pilsner
Bier? »Ein Fototermin mit einigen Kamelen im Hintergrund ging dem Kanzler
aber denn doch zu weit. Er weigerte sich: Ich bin nicht als Tourist hier.«
Sondern als Regenmacher. Nicht als Fotomodell, und schon gar nicht als eines,
welches sich gemeinsam mit Kamelen ablichten läßt, bei denen es sich
womöglich um Ihre auffällig-unauffällig verkleideten Personenschützer
handelte.
Martin Wansleben, Greifer. – Als Hauptgeschäftsführer des Deutschen
Indistrie- und Handelstages wollen Sie auch etwas dazu tun, daß den Rentnerinnen
und Rentnern in die Tasche gegriffen wird. Ihr Plädoyer: »Ich bin
dafür, das Renteneintrittsalter sogar auf 68 Jahre zu erhöhen –
die Zahl 67 war sicherlich nur gegriffen, und möglicherweise klingt ja
eine gerade Zahl sympathischer als die Primzahl 67.« Da läßt
sich, wenn es ums Greifen geht, doch noch mehr tun! Vielleicht klingt eine runde
Zahl noch besser als eine nur gerade: Renteneintrittsalter erst mit 80!
Rainer Brüderle, stellvertretender FDP-Vorsitzender. – Ihre Partei
ist derzeit damit beschäftigt, einen Nachfolger für Johannes Rau zu
suchen, möglichst einen erfolgreichen Wirtschaftsmanager, damit zusammenkommt,
was zusammengehört. Ihr Vorschlag: Der Siemens-Vorstandsvorsitzende Heinrich
von Pierer solle Staatsoberhaupt werden. Es sei doch ein symbolischer Vorteil,
wenn ein solcher Spitzenverdiener bereit sei, »den sozialen Abstieg auf
das Gehalt eines Bundespräsidenten in Kauf zu nehmen«. Das Argument
überzeugt. Dann kann sich kein Arbeitsloser mehr darüber beschweren,
daß er um der Staatsräson willen in die Sozialhilfe absteigen muß.
Peter Ramsauer, CSU-MdB. – Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt hat Ihre Zustimmung,
wenn er es »zum Kotzen« findet, daß viele Ost-RentnerInnen
über ihr Salär »klagen«. Und Sie wissen Rat, wie man den
Ossis die Unzufriedenheit austreiben kann: »Wer einmal das Stasi-Gefängnis
in Berlin-Hohenschönhausen besucht hat, dem vergeht jedes Gejammer.«
Ihre Meinung hat Gewicht, Sie sind Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe
im Bundestag, und deshalb sollten Sie ein solches therapeutisches Konzept verbreitern.
Obligatorischer Gastaufenthalt in einem Gefängnis als Vorbeugungsmaßnahme
gegen alle Anfälligkeiten für Rentenunzufriedenheit! Auch bei Wessis
könnte sich das schon bald als nützlich erweisen.
Georg Fürst von Waldburg-Zeil, Zeil. – In Ihrer Schwäbischen
Zeitung, dem Monopolblatt in Oberschwaben, haben Sie sich vom Chefredakteur
und vom stellvertretenden Chefredakteur interviewen lassen und auf diesem Wege
der oberschwäbischen Öffentlichkeit mitgeteilt: »Der deutsche
Adel ist die Speerspitze der deutschen Staatsbürgerlichkeit.« Dagegen
werden wir uns wappnen müssen.
Lothar Kusche, Berlin. – Zu Karl-H. Wallochs Beitrag »Süverkrüp
– nicht nur Nostalgie« (Ossietzky 20/03) bemerkten Sie: »Süverkrüp
hat nicht nur eigene Texte vertont, sondern in den ersten Jahren als Liedkünstler
auch viele Dichtungen seines früh verstorbenen Weggefährten Gerd Semmer
(1919-1967) komponiert und interpretiert (unter anderem dessen deutsche Fassungen
von Liedern aus der französischen Revolution: Ça ira). Mit dem Heinrich-Heine-Preis
der DDR wurde Dieter Süverkrüp 1976 geehrt; Gerd Semmer war schon
1960 damit ausgezeichnet worden.« Danke für diesen Hinweis, der erschreckend
deutlich bestätigt, wie systematisch die DDR und ihr berüchtigter
Kulturminister Heinrich Heine die Kultur in Westdeutschland zu unterwandern
versuchten: mittels Ehrungen.
Erschienen in Ossietzky 21/2003
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