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Zu den um die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, gruppierten Unterzeichnern gehören mehrere Historiker und historische Publizisten, so der bekannte Deutschnationale Arnulf Baring, der tiefschwarze Direktor des Münchener Instituts für Zeitgeschichte, Horst Möller, der vorletzte Vorsitzende der Berliner CDU und ehemalige Direktor der Deutschen Historischen Museums, Christoph Stölzl, und Peter Scholl-Latour. Mit Michael Wolffsohn, Professor an der Universität der Bundeswehr in München, und Julius Schoeps, Direktor des Moses-Mendelssohn-Zentrums der Potsdamer-Universität und einiger weiterer Institute, wurden auch zwei bekannte Vertreter des jüdischen Establishments in Deutschland aufgenommen. Natürlich dürfen in solch illustrer Gesellschaft Otto von Habsburg und Otto Graf Lambsdorff nicht fehlen. Auch Joachim Gauck, der Gottesmann mit der denunziatorischen Handablage aus früheren Zeiten, wurde unter die zwanzig Würdigen aufgenommen. Da selbst Freya Klier porträtiert ist, kann die Auswahl nicht übermäßig groß gewesen sein, um so peinlicher für Peter Glotz. Erika Steinbach ist bekanntlich 1943 als Tochter eines deutschen Soldaten im besetzten Polen bei Gdynia geboren worden, also in einem Ort, der 1939 nicht zum Deutschen Reich gehörte, sondern im Krieg erobert wurde. Sie ist völlig zu Recht mit der Wehrmacht aus dem besetzten Land verjagt worden. Auf dieser Gästeliste von Frau Steinbach steht Dieter Blumenwitz alphabetisch an zweiter Stelle. Mit dem Bund der Vertriebenen hat er auch beruflich mehr zu tun als die meisten anderen Unterzeichner. Der Professor für Völkerrecht, allgemeines Staatsrecht, deutsches und bayrisches Staatsrecht sowie politische Wissenschaften an der Universität Würzburg ist völkerrechtlicher Vertreter der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Kuratoriumsmitglied der Stiftung "Zentrum gegen Vertreibungen" und gehört Erika Steinbachs "think-tank" an. Blumenwitz wurde 1973 bekannt, als er als Prozeßbevollmächtigter des Freistaates Bayern dessen Klage gegen den deutsch-deutschen Grundlagenvertrag vor dem Bundesverfassungsgericht vertrat und ein Urteil erstritt, das diesen Vertrag weitgehend aushebelte. Natürlich war das nicht allein sein Verdienst, das Bundesverfassungsgericht kam den Forderungen des Freistaates weit entgegen. Nicht zuletzt dieses Urteil bildete eine wichtige Rechtsgrundlage für die "Abwicklung" von DDR-Einrichtungen nach 1990 und die Verfolgung vieler ihrer Bürger. 2002 rückte Blumenwitz erneut ins Scheinwerferlicht der europäischen Öffentlichkeit. Im Auftrag der Sudetendeutschen Landsmannschaft fertigte er für das Europäische Parlament in Strasbourg ein Gutachten an, dessen Hauptthese lautet, die Beneš-Dekrete stünden einem tschechischen EU-Beitritt im Wege. Sie seien völkerrechtswidrig, die Vermögensfrage sei "offen". Das fortdauernde Straffreiheitsgesetz verstoße gegen europäische und weltweit geltende Menschenrechte. "Der Respekt vor den Opfern gebietet die uneingeschränkte Verpflichtung des tschechischen Staates, Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch nach längerer Zeit noch aufzuklären und zu ahnden", schrieb Blumenwitz. Mit Opfern sind hier nicht die Opfer des Terrors erst der sudetendeutschen und dann auch der reichsdeutschen Faschisten gemeint, die kommen gar nicht vor. Die Eigentums- und Rechtsansprüche der ausgesiedelten Sudetendeutschen werden als "außenpolitisches Problem" Tschechiens dargestellt, das einer künftig immer engeren Zusammenarbeit im Wege stehe. Im Namen des Volksgruppenschutzes fordert Blumenwitz, die tschechische Rechtsordnung und die nationale Eigentumsordnung dieses Landes den Maßgaben der EU unterzuordnen. Da jedoch die Sudetendeutsche Landsmannschaft die Definitionshoheit darüber beansprucht, was einer Zusammenarbeit jeweils konkret im Wege steht, lassen sich je aktuelle Streitpunkte und weitergehende Forderungen beliebig manipulieren. Blumenwitz fordert von Tschechien, es habe die "Nachbefolgung der Beneš-Dekrete" gegenüber der deutschen Minderheit, die auch durch die gegenwärtige Restitutionsgesetzgebung diskriminiert werde, aufzugeben und sich als EU-Beitrittskandidat bedingungslos der "Gemeinschaftsordnung", sprich dem "geschriebenen und ungeschriebenen Gemeinschaftsrecht" zu unterwerfen. Blumenwitz' Gutachten richtete sich explizit gegen das dem Europäischen Parlament erstattete Gutachten des liberalen Heidelberger Völkerrechtsprofessors Jochen Frowein, der in den Beneš-Dekreten kein Rechtshindernis für den Beitritt Tschechiens zur EU erkennen konnte. Der politische Zweck des geforderten Junktims zwischen Annullierung der Beneš-Dekrete und EU-Aufnahme Tschechiens liegt auf der Hand: Es geht um die Aufhebung auch der letzten Folgen der Kriegsniederlage des deutschen Imperialismus. Blumenwitz arbeitet seit Jahrzehnten an wissenschaftlichen Legitimationen der deutschen Ansprüche auf die ehemaligen Ostgebiete des Deutschen Reiches. Er tritt grundsätzlich für die "Rückführung" der Umgesiedelten "zur alten Heimstätte und zu ihrem Besitz" ein. Wo das nicht möglich ist, sollen die Eigentumsansprüche auf jeden Fall offengehalten werden. Zur rechtlichen Untermauerung solcher Politik dient die Artikulation und Durchsetzung von "Volksgruppenrechten". In der Tradition der politischen Regulierung deutscher und anderer Minderheiten in Europa für hegemoniale Zwecke des deutschen Imperialismus geht es ihm und seinen Auftraggebern um die Re-Etablierung entscheidender Teile des faschistischen Volksgruppenrechts. Darüber forscht und publiziert Blumenwitz seit vielen Jahren. So erstellte er im Auftrag der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen das 1997 erschienene Buch "Internationale Schutzmechanismen zur Durchsetzung von Minderheiten und Volksgruppenrechten". Zentrales Anliegen dieses Minderheitenpolitikers ist, den "Souveränitätsvorbehalt der die Minderheiten und Volksgruppen beherbergenden Staaten" zu überwinden. Die Unterschlagung des Kausalitätszusammenhanges zwischen deutscher "Volksgruppenpolitik" und der geschlossenen Aussiedlung deutscher Minderheiten nach 1945 und die Stilisierung der sudetendeutschen Volksgruppe allein zum Opfer tschechischer Verbrechen fand ihren bisherigen Höhepunkt in der Kreuther Erklärung der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung "Gegen Völkermord und Vertreibung" vom 30. Mai 2002, in der es heißt: "Die Vertreibung ganzer Volksgruppen ... erfüllt den Tatbestand des Völkermordes, wenn dadurch die durch das Volkstum bestimmte Gruppe zerstört werden soll." Allerdings wird die Kreuther Forderung: "Kein Staat darf einen durch Vertreibung geschaffenen völkerrechtlichen Zustand im eigenen Land aufrecht erhalten" gerade nicht auf die Bundesrepublik bezogen, die bekanntlich beansprucht, vollgültiger Rechtsnachfolger des Hitlerreiches zu sein, also auch verantwortlich für alle von den Nazis vorgenommenen Vertreibungen. Blumenwitz vertritt nicht nur die juristische Fachdisziplin Völkerrecht, sondern auch das Staatsrecht, so 1973 vor dem Bundesverfassungsgericht. Wundert es da noch jemanden zu hören, daß dieser Staatsrechtler 1979 nach Chile reiste, um den chilenischen Staatsrechtlern bei der Ausarbeitung einer auf die Militärdiktatur zurechtgeschnittenen Verfassung zu helfen? Diese Pinochet-Verfassung trat 1980 in Kraft und ist heute noch gültig.
Erschienen in Ossietzky 20/2003 |
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