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Dennoch spielen Militär und Krieg eine bedeutende, zunehmende Rolle in diesem Land: Die Bundeswehr erhält viel Geld, ihr Einsatz in Afghanistan, im früheren Jugoslawien und in Afrika wird von einer breiten parlamentarischen Mehrheit getragen, zur Nachwuchswerbung erscheinen regelmäßig Anzeigen in Tageszeitungen, und die Jugendoffiziere erreichen jährlich über 300 000 Menschen in unmittelbarer Ansprache. Die Existenz der Bundeswehr und ihre Beteiligung an Kriegen sind inzwischen selbstverständlich geworden. Gab es in den unmittelbaren Nachkriegsjahren noch eine weitgehende, wenn auch nicht immer antimilitaristisch motivierte Ablehnung einer Wiederaufstellung deutscher Streitkräfte, so wurde in den fünfziger Jahren in einem konflikthaften Prozeß der Aufbau der Bundeswehr und die Wiederbewaffnung gegen heftige Proteste durchgesetzt. Dies war auch ein erster Schritt zur Remilitarisierung der Gesellschaft und ihrer politischen Kultur. Bis Anfang der achtziger Jahre führten insbesondere einzelne Aufrüstungsvorhaben, Manöver oder öffentliche Gelöbnisse noch zu Protest- und Widerstandsaktionen. Seit Mitte der achtziger Jahre wurde der Einsatz der deutschen Streitkräfte als Mittel der Außenpolitik stärker betont, was in den neunziger Jahren dann eine weitgehende gesellschaftliche Akzeptanz der Beteiligung der Bundeswehr an Kriegseinsätzen erleichterte, obwohl diese nicht der Verteidigung des Territoriums der Bundesrepublik Deutschland dienten. Diese Entwicklung einer "politischen Kultur des Krieges" (der Soziologe Michael Schwab-Trapp schildert sie in seinem Buch "Kriegsdiskurse) wäre undenkbar, könnte die Bundeswehr nicht auf ein erhebliches Maß an Anerkennung in der Bevölkerung vertrauen. So unterschiedliches öffentliches Auftreten wie die Hilfseinsätze beim Oder-Hochwasser, Wanderausstellungen mit Kriegsgerät ("Unser Heer"), die in den vorausgehenden Heften beschriebenen vielfältigen Formen des Militainment oder die Präsentation der Bundeswehr mit einem großen Stand bei der Leipziger Buchmesse im März 2003 tragen dazu bei, daß die Existenz von Militär und der damit verknüpfte Verbrauch gesellschaftlichen Reichtums wie auch die erheblichen staatlich kontrollierten Gewaltmittel unhinterfragt bleiben. Ein Begriff, der diese mehrheitlich als selbstverständlich wahrgenommene Situation auf den Punkt bringt, fehlt jedoch. Nun sind, wie der englische Sozialwissenschaftler Michael Billig festgestellt hat, Auslassungen in der Sprache des Politischen selten zufällig und absichtslos. In Anlehnung an seine Überlegungen, die in alltäglichen Handlungen und Diskursen stattfindende Reproduktion des Nationalstaates bzw. der Nation als "banal nationalism" zu bezeichnen, scheint uns für die entsprechenden Mechanismen, die die Existenz von Militär, sein öffentliches Auftreten, seinen Anspruch auf Bereitstellung öffentlicher Mittel legitimieren, der Begriff des "banalen Militarismus" tauglich zu sein. Daß "banal" nicht notwendig harmlos oder folgenlos bedeuten muß, darauf hat bereits Hannah Arendt hingewiesen. Dieser banale Militarismus geht in seiner Veralltäglichung über die "politische Kultur des Krieges" hinaus und wird - wie der Nationalismus - sowohl von den sogenannten gesellschaftlichen Eliten wie auch von Teilen der Bevölkerung reproduziert; er findet sich in Gestalt der zahlreichen, an Bahnhofskiosken erhältlichen Bücher und Broschüren über Waffensysteme ebenso wie als Kriegsspielzeug in den Spielwarenabteilungen der Kaufhäuser. Die Kulturindustrie stellt eine Vielzahl von Medien bereit, die es jedem Interessierten erlauben, sich - zumindest zeitweise und mental - als militärischer Stratege, Spezialagent, Kämpfer oder auch Killer zu betätigen. In kapitalistisch verfaßten Gesellschaften verbreiten sich hegemoniale Ideen am nachhaltigsten, wenn sie - als emotionalisierende Erlebnisangebote gestaltet und in Waren transformiert - medial angepriesen und in den Geschäften verkauft werden sowie auf dem Marktplatz für Nachrichten, Spiele, Musik, Kunst und Literatur zirkulieren. Diesen Überlegungen sind in den Ossietzky-Heften 16-19/03 vier Beiträge von Tanja Thomas und Fabian Virchow zum Thema "Militainment" vorausgegangen. Ausführlicher befassen sie sich damit in dem demnächst im Westdeutschen Verlag erscheinenden Sammelband "Krieg als Medienereignis II", hg. von Martin Löffelholz
Erschienen in Ossietzky 20/2003 |
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