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Daß kein Richter, der in der NS-Zeit an Straf- oder Sondergerichten oder am Volksgerichtshof Zulieferer der Henker war, in der Bundesrepublik zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen wurde, im Gegensatz zu einer Vielzahl von Richtern der DDR, die nach der Vereinigung im Jahre 1990 wegen Rechtsbeugung zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden? Bautzen gleich Buchenwald? Stasi gleich Gestapo? Oder alles nicht? Höchst kompetente Referenten, unter ihnen Ingo Müller aus Bremen, Helmut Kramer aus Wolfenbüttel, C.F. Rüter aus Amsterdam als wissenschaftliche Experten zur Aufarbeitung der Nazijustiz, Volkmar Schöneburg aus Berlin, Andrea Feth aus Potsdam, Inga Markovits aus Austin/Texas als sachverständige Forscher zur DDR-Vergangenheit boten eine Menge Stoff zum Nachdenken, zur Empörung oder auch zur Genugtuung: Nachdenken, warum in der Zeit nach 1945 in Deutschland die Entnazifizierung trotz des Kriegstraumas so unpopulär war, daß, wie Rüter sagte, die bundesdeutschen Politiker, und zwar aller Parteien, es nicht wagen konnten, rigoroser gegen die Verantwortlichen für die Naziverbrechen vorzugehen. Empörung über die Dreistigkeit, mit der sich infolgedessen die Täter die Ressourcen des Wiederaufbaus und die Machtpositionen der westdeutschen Gesellschaft weitgehend wieder unter den Nagel reißen konnten. Genugtuung, daß anscheinend aus diesen Erfahrungen gelernt wurde und sich beim Umgang mit den Verantwortlichen des SED-Regimes die Fehler der Nachkriegszeit nicht wiederholten. Das Publikum war, wie meist bei derartigen Veranstaltungen, bereits vorgeprägt, wenn nicht sogar weitgehend in seinen Auffassungen festgelegt. Viele Teilnehmer hatten die Kriegs-, zumindest die Nachkriegszeit in einem der deutschen Staaten bereits bewußt erlebt. Wer von ihnen zu den Opfern der DDR-Diktatur gehörte, äußerte Genugtuung über die strafrechtliche Verfolgung der SED-Größen - allenfalls Unzufriedenheit über die milden, ja eher symbolischen Bestrafungen - und machte den westdeutschen Linken, Alt-68ern, zum Vorwurf, das DDR-Unrechtssystem zu verharmlosen. Dem wurden dann die Zahlen der Naziverbrechen entgegengehalten, der Todesurteile, der ermordeten Juden, der Toten des Angriffskrieges, auch die Zahl der nicht verfolgten Täter. Insoweit wirkte alles wie zum x-ten Male wiederholt. Und das vor Leuten, die eh schon alles wußten. In mir erzeugte die Tagung ein Unbehagen, das gelegentlich Anlaß zu einer neuen Tagung mit anderen Fragen geben könnte: Woher bezieht der immer wieder gestartete Versuch der Gleichsetzung beider Systeme seine Attraktivität? Wie kommt es, daß sich die Opfer des einen Systems immer wieder gegen die Opfer des anderen ausgespielt fühlen? Warum versucht man immer wieder, beide Systeme parallel zu schalten, anstatt wahrzunehmen, daß es die DDR ohne das Naziregime und den von ihm verursachten Krieg mit den Folgen der Teilung der Welt in Machtblöcke nicht gegeben hätte? Wurde in der Bundesrepublik der Adenauer-Zeit nicht derjenige Teil der Nazipolitik, der den Krieg gegen die Sowjetunion als Kampf gegen den Stalinismus darstellte, alsbald Wurzel einer Nachkriegstradition, die als legitimatorischer Faktor nicht nur den alten Nazis nützte, sondern auch dem aggressiven Antikommunismus? Und konnte diese aus der Zeit vor 1945 tradierte Aggressivität nicht aus der Sicht der DDR als staatlicher Gegenthese zum Faschismus ein System innerstaatlicher Sicherungen gegen jegliche Einflüsse aus dem Westen legitimieren? Vielleicht sollte man, auch wenn diese Frage sehr unpopulär ist, einmal untersuchen, was an den beiden Systemen, dem der Nazis und dem der SED, geeignet ist, Menschen so weit zu verführen, daß sie ihre Hemmungen, in staatlichem Auftrag Verbrechen zu begehen, verlieren. Andrea Feth hat in der Tagung eindrucksvoll versucht, dies anhand der Biografie von Hilde Benjamin zu illustrieren. Vermutlich kommt man dann nicht umhin, an die diesen Systemen innewohnenden Ideologien die humanitären Maßstäbe zu legen, die nicht nur aus heutiger Sicht, sondern bereits 1933 als Bestandteil und Ergebnis der europäischen Aufklärung galten. Mag sein, daß sich das Ergebnis bereits erschließt, wenn man die Umstände der letzten Jahre beider Systeme miteinander vergleicht.
Erschienen in Ossietzky 18/2003 |
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