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Sie brandschatzten Dörfer und Städte, gossen aus Flugzeugen Gift auf die Dschungelwälder und verbrannten Männer, Frauen und Kinder im Feuer ihrer Napalmbomben. Das von Präsident Johnson kommandierte Schlachten kostete 2,5 Millionen Vietnamesen und 58 000 amerikanischen Soldaten das Leben. Trotzdem hat der geschlossene Widerstand des vietnamesischen Volkes die Invasoren schließlich in die schmähliche Kapitulation gezwungen. Mitgeholfen hat damals der globale Protest von Arbeitern und Studenten bis zu amerikanischen Kriegsveteranen. Einer war in der ersten Reihe stets dabei: Jean-Paul Sartre. Beim Kramen fand ich seine öffentliche Erklärung "Warum ich nicht in die Vereinigten Staaten reise" in der Flugschrift "Voltaire 2", übersetzt aus Le Nouvel Observateur vom 1. April 1965 (einige Wochen nach Verleihung des Literaturnobelpreises an Sartre und seiner Ablehnung desselben). Dieser Text ist des Wiederlesens wert: "...Es geht darum, ob wir auf den besten Trick hereinfallen, den sich eine Pro paganda je ausgedacht hat, oder nicht. Was sagen die Amerikaner? Daß sie nur, um Verhandlungen herbeizuführen, den Krieg in Vietnam intensivieren, den Norden bombardieren, im Süden Gas einsetzen. In seiner Ungeheuerlichkeit ist das immerhin eindrucksvoll. Man denke nur nach, was das heißt. Krieg führt man ja immer, um einen Frieden zu erreichen. Einen Frieden. Nämlich den, den man selbst bestimmt... Das Problem besteht aber darin, herauszubekommen, ob nach einer für den Gegner annehmbaren Regelung gesucht wird, oder ob dieser Gegner vernichtet werden soll, damit seine Nachfolger eine Regelung akzeptieren, die Kapitulation bedeutet. Die Regierung in Washington erklärt: Wir warten auf ein Zeichen guten Willens von Nordvietnam. Lies: Wir warten darauf, daß Nordvietnam sich für besiegt erklärt, uns beschwört, die Bombenangriffe einzustellen, und uns verspricht, den Vietkong nicht mehr zu unterstützen. Mit anderen Worten: Die Amerikaner sind für die Ausweitung des Krieges. Das muß man begreifen. Es ist dringend. Daraus muß man seine Konsequenzen ziehen. ... Es ist keine Diskussion möglich, wenn man nicht zunächst bereit ist - was man nicht einmal von den meisten der amerikanischen Linken sagen kann -, die gesamte imperialistische Politik der Vereinigten Staaten anzufechten, nicht nur in Vietnam, sondern auch in Südamerika, in Korea, in der ganzen Dritten Welt, und wenn man nicht einsieht, daß sich diese Politik nur mit einer vollständigen Umwälzung der Strukturen der amerikanischen Gesellschaft ändern kann... Heute handelt es sich um eine klare, zynische und eindeutige Aggression, die keinerlei Rechtfertigung, ja nicht einmal ein ernsthaftes Alibi hat. Und außerdem möchte ich sagen, daß man ganz allgemein Amerika nicht als den Mittelpunkt der Welt ansehen darf. Es stellt die größte Weltmacht dar? Gewiß. Aber Vorsicht. Es ist weit davon entfernt, der Mittelpunkt der Welt zu sein. Als Europäer hat man sogar eine Pflicht, es nicht als Mittelpunkt der Welt zu betrachten, sondern man muß seine Blicke den Vietnamesen, den Kubanern, den Afrikanern, allen Freunden in der Dritten Welt zuwenden, die sich zur Existenz und zur Freiheit emporarbeiten und eben gerade jeden Tag beweisen, daß die größte Weltmacht nicht in der Lage ist, ihnen ihre Gesetze aufzuzwingen, daß sie die verletzlichste Macht ist und daß die Welt sie nicht als Gravitationszentrum gewählt hat. Natürlich geht die Entwicklung auch in den Vereinigten Staaten vorwärts, langsam, sehr langsam, aber eher, wenn man ihnen Widerstand leistet, als wenn man ihnen Moralpredigten hält. ... Von einem gewissen Punkt an schlägt die Quantität bekanntlich in eine Qualität um. Die Bombardierungen des Nordens... stellen insofern einen nicht wieder rückgängig zu machenden qualitativen Sprung dar, als sie in aller Brutalität deutlich machen, daß die Strukturen der amerikanischen Gesellschaft auf dem Imperialismus beruhen." Das war 1965. Seither gab es viele qualitative Sprünge. In der medialen Kriegführung. Bei der Verfertigung von Gründen für "humanitäre präventive Interventionen". Und besonders bei der Fortentwicklung völkermordender Waffen. Von der miniaturisierten Wasserstoffbombe, deren Neutronen-Stürme Beton und Stahl schonen, alle Lebewesen aber umso effizienter vernichten sollten, über die in Vietnam getesteten Napalmbomben bis zu deren fortschrittlicher Version MK77, die Menschen noch schneller in Rauch verwandelt, dafür aber "unweltschonender" ist und gerade im Irak ihre Feuerprobe bestanden hat. Der Fortschritt kennt keine Grenzen.
Erschienen in Ossietzky 18/2003 |
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