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"Das war mein Dienst am Vaterland", erläuterte die 23jährige ihre Motive, die sie in die "Transall" der Bundeswehr steigen und vor Soldaten in Raijlovac auf die Bühne treten ließen: Obwohl die soldatischen Blicke "na ja, halt männlich, ne, sehr animalisch" gewesen seien, hält sie seitdem den Kontakt zur Truppe. Truppenbetreuung kann als eine etablierte, vielleicht sogar als eine genuine Form des "Militainment" gelten, das nicht allein der Verbesserung des Ansehens der Streitkräfte und der Rekrutierung des militärischen Nachwuchses dient, sondern als militärisch-kulturelle Kooperation auch die politische Kultur beeinflußt. Frontbesuche prominenter Künstler haben eine lange Tradition; je stärker nationalistisch aufgeladen der jeweilige Konflikt ist, desto berühmter sind die beteiligten Akteure. Nach dem 11. September besuchten Julia Roberts, Brad Pitt, George Clooney und Matt Damon den Stützpunkt Incirlik in der Türkei, Drehscheibe für die US-Militäroperationen in Afghanistan. Amerikanische Popstars wie Jennifer Lopez und Mariah Carey traten auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein oder in Militärkluft für die US-Soldaten und -Soldatinnen im Kosovo auf. Das Ex-Spice-Girl Geri Halliway präsentierte sich den britischen Truppen im Oman. Die Streitkräfte der USA verfügen mit der "United Service Organisation" und "Armed Forces Entertainment" über traditionsreiche Strukturen für derartige Aktivitäten, die von Industrieunternehmen finanziell unterstützt werden. Aber auch die NATO hält für den Einsatz von Popstars und Cheerleadern einen Etat vor. Zu diesen "Morale and Welfare Activities" tragen die deutschen Steuerzahler und -zahlerinnen 18,4 Prozent bei. In der Bundesrepublik Deutschland beschränkte sich Truppenbetreuung lange auf das Angebot attraktiver Freizeitangebote an den Standorten der Bundeswehr. Seitdem größere Truppenkontingente der Bundeswehr in Auslands- bzw. Kriegseinsätze entsandt werden, gibt es neue Schwerpunkte: Truppenbetreuung im Einsatz und im Krieg umfaßt neben fortlaufenden Angeboten (Satellitenfernsehen, Kino, Sportgeräten, telefonischem Kontakt zu den Angehörigen) zunehmend auch kulturelle Dienstleistungen. Ob DJ "Bobo", die Rockmusikformation "Asshole", die "Berlin Thunder Cheerleaders" mit ihrer Tanzdarbietung oder die "Bremer Musical Company" - das Angebot ist vielfältig, und einige der Akteure wie der Country-Liedermacher Gunter Gabriel oder die relativ unbekannte Cover-Band "Heart & Soul Blues Brother Cover Band" reisen regelmäßig zu den Truppen. Ihr Auftritt im April 2003 in Pristina wurde garniert durch einen besonderen Stargast: Verteidigungsminister Struck heizte den Soldaten "als zweiter Blues-Brother" mit schwarzem Hut und Sonnenbrille ein und erntete mit Harry Belafontes "Matilda" begeisterte Zurufe. Die Militärführung schätzt den Nutzen solcher Kulturdarbietungen; entsprechend finden sich in den Medien der Bundeswehr illustrierte Berichte über die kulturellen Events an der Front, Erlebnisschilderungen und Kommentare aus soldatischer Sicht sowie Interviews mit den Akteuren und Akteurinnen aus dem Kulturbereich. Aber auch diese Akteure selbst betrachten und nutzen ihre Auftritte an der Front im Sinne einer Imagewerbung: Als "Dienst am Hörer" betrachtet Friederike Lippold (die eingangs erwähnte Freddy) ihren Auftritt in Raijlovac, als "Dienst an der Frau" eine Anruf- und Grußaktion des Senders nach ihrer Rückkehr in Leipzig. Plüschtiere werden auf Kosten von Radio Energy quer durch die Republik verschickt und erhöhen die Hörerbindung. Gunter Gabriel will mit seinen Auftritten bei den deutschen Streitkräften im Kosovo nach eigener Aussage nicht nur einer "sozialen Randgruppe" für deren gefährliche Arbeit Anerkennung zollen. Seinen Song "Es steht ein Haus im Kosovo" singt er inzwischen in jedem Konzert, weil er merkt, daß das "ankommt". Er ärgere sich, sagt er, daß er nicht noch zusätzlich zu der rockigen eine "softe Folkversion" des Songs auf CD produziert hat, die sich besser an ein weniger junges Publikum verkaufen ließe. Bislang werden die Verflechtungen zwischen kulturellen Akteuren und Akteurinnen und Militär in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, während innerhalb der Streitkräfte jeder Auftritt ein besonderes Ereignis ist. Die Bundeswehr ist an kontinuierlicher Kooperation interessiert, die nicht nur in die Truppe, sondern auch in die Gesellschaft wirken soll, um dem Militär ein günstigeres Image zu verschaffen. Auf ihrer Homepage speziell für die Jüngeren wirbt die Bundeswehr derzeit unter der Überschrift "Musix. Meet and Compete" für die Teilnahme an "BW-Musix ´03" vom 19. bis 21. September in Dillingen. Man lädt nach dem Vorbild der Talentwettbewerbe wie "Deutschland sucht den Superstar" (RTL) oder "Star Search" (Sat1) junge Leute zwischen 14 und 24 Jahren ein, die in fünf Kategorien "um die Wette musizieren" sollen. Als Gewinne locken die eigene CD-Produktion, Live-Auftritte mit der Bundeswehr-Bigband oder Ausbildungsaufenthalte bei Musikkorps der Bundeswehr. Der Bürgermeister hat Dillingen daher zur "Musikhauptstadt" Deutschlands erklärt. Glücklich verbinden und erfüllen sich da solche militärischen Wünsche wie Imagewerbung, Nachwuchsrekrutierung und preisgünstige Truppenbetreuung. Dabei wären bereits "Soldatengrüße über den Sender" Anlaß genug, eine banale Militarisierung von Kultur und Gesellschaft zu konstatieren und dagegen zu protestieren. Kontext:
Erschienen in Ossietzky 17/2003 |
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