Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Warnung an die Altenvon Werner René Schwab Wenn jemand an Ihrer Türe läutet, seien Sie vorsichtig! "Drücker", die Ihnen mit zu Tränen rührenden Märchen Zeitschriften-Abonnements verkaufen wollen, haben es vermutlich früher schon bei Ihnen versucht, darum werden Sie sie gar nicht erst hereinbitten. Aber viel gefährlicher sind gesetzte Männer in guten Anzügen, mit seriösem Auftreten und verbindlich-ernstem Wesen, die sich als Professoren mit dem Hauptfach Sozialethik vorstellen und Ihnen nur einige der Wissenschaft dienende Fragen stellen wollen. Antworten Sie, falls Sie sie eingelassen haben, am besten nur mit Lügen. Tragen die bösen Männer gar ein Gewand, das an katholische Geistliche erinnert, und reden sie viel von Christlichkeit, ist äußerste Vorsicht geboten. Nehmen Sie sich aber auch vor anständig wirkenden jungen Frauen und Männern in acht, die angeblich Daten für politische Entscheidungen sammeln wollen und sich als Mitglieder einer christlichen Partei empfehlen. Besonders gefährdet sind die Rentnerinnen und Rentner ab 75 Jahren, aber auch alle künftigen, die nicht im Wohlstand leben. Lassen Sie sich von den ungebetenen Besuchern in jedem Fall den Personalausweis zeigen und informieren Sie sich, in wessen Auftrag sie kommen, wenn Ihnen Ihr Leben und Ihre Gesundheit lieb sind. Von einigen kann Ihnen Ossietzky die Namen nennen. Beginnen wir mit dem Bundesvorsitzenden der Jungen Union, Philipp Mißfelder. Lauthals verkündete er: "Ich halte nichts davon, wenn 85jährige noch Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen." Wenige Tage später legte er nach: "Alles, was über eine normale Behandlung rausgeht, muß aus dem Leistungskatalog der Krankenversicherungen für Rentner herausgenommen und privat finanziert werden." Konkret ausgedrückt: Weil Du arm bist, sollst Du mehr leiden und früher sterben. Auch Frauen dürfen in der Schar nicht fehlen. Katherina Reiche, 30 Jahre, CDU-Bundestagsabgeordnete, unterstützte den Parteifreund: "Die Generation der Älteren konsumiert tatsächlich auf unsere Kosten", vor allem Heilmittel. Weiter warnen wir Sie vor dem Leiter des katholischen Oswald-von-Nell-Breuning-Instituts für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, Professor Friedhelm Hengsbach, der bisher als einer der führenden Denker der christlichen Soziallehre galt und bei Gewerkschaften immer gern gesehen wurde. Er bescheinigte nämlich Mißfelder "Mut" und sagte zu dessen Vorschlägen: "Die Grundidee ist gut." Auf unsere Nachfrage behauptete er, die Mittel seien knapp, deswegen müsse das geschehen, was die Unfallärzte "Triage" nennen: Es müsse entschieden werden, wer alle verfügbare medizinische Hilfe bekomme und wer nicht. Allerdings dürfe nicht einfach das Alter als Kriterium genommen werden, schränkte Hengsbach ein. Der kürzlich als CDU-Ministerpräsident von Sachsen abgehalfterte, mit einer üppigen Pension bedachte (und schon lange reich verheiratete) Professor Kurt Biedenkopf schloß sich an: Mißfelder habe recht mit seinen Forderungen. Allen vorausgeeilt waren der Professor für Sozialethik an der Universität Konstanz, Friedrich Breyer, und der Bochumer katholische Moraltheologe Professor Joachim Wiemeyer (s. Ossietzky 16/03). Breyer hatte zu Beginn der Kampagne verlangt, daß 75jährigen und natürlich noch Älteren keine teuren Therapien mehr verschrieben werden, zum Beispiel bei Krebserkrankung, doch auch in anderen Fällen. Wiemeyer hatte ihm sogleich zugestimmt. Das sind die gleichen Leute, die ständig mit den abendländischen Werten, dem christlichen Menschenbild und der unantastbaren Würde des Menschen hausieren gehen und sich als die Lebensschützer darstellen. Sie lehnen beispielsweise eine gesetzliche Regelung der passiven Sterbehilfe ab, die einem unheilbar Kranken das Recht zusichern würde, selbst über Art, Umfang, Fortsetzung oder Abbruch medizinischer Maßnahmen zu bestimmen, soweit es sein Zustand zuläßt. In der Schweiz ist das bereits möglich. Nein, künstliche Verlängerung Ihres Lebens muß sein, auch wenn Sie sich ausdrücklich dagegen entschieden haben. Aber Hüftgelenke will man Ihnen vorenthalten. Denn schließlich sind ja unsere Vorfahren auch mit Krücken herumgehumpelt. Und haben, wenn ihnen die Zähne ausgefallen waren, brav und ohne Meckern ihren Brei gelöffelt und vor sich hin gemümmelt. Also: Wenn solche sogenannten Christenmenschen vorbeikommen, hauen Sie Ihnen die Worte aus deren geistlichem Grundgesetz, genannt Bibel, um die Ohren: "Du sollst Vater und Mutter ehren" (2. Mose 20, 12) und "Wie ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, also tut ihnen gleich auch ihr" (Lukas 7, 31), und dann jagen Sie sie aus Ihrer Wohnung, notfalls mit geschwungener Krücke.
Erschienen in Ossietzky 17/2003 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |