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Schulz zielte auf das von Berlusconi erlassene Immunitätsgesetz, das ihn während seiner Amtszeit als Regierungschef vor Ermittlungen und Strafverfolgung bewahrt und ihm den Antritt der Ratspräsidentschaft ermöglichte. Berlusconi antwortete mit der Diffamierung, Schulz könne in den laufenden Dreharbeiten zu einem KZ-Film in Italien die Rolle des "Kapo" spielen, und löste damit Proteste aus. Selbst der CDU-Abgeordnete Hans Gert Pöttering empörte sich. Der Londoner Independent schrieb, Berlusconis Verhalten lasse "ungute Erinnerungen an Italiens faschistische und imperialistische Vergangenheit aufkommen". Die regierungskritische Turiner Stampa vermerkte, die Lex Berlusconi beweise, daß dieser Mann "nicht berechtigt ist, Europa zu repräsentieren". Seit die Mailänder Staatsanwaltschaftsgruppe "Mani Pulite" (Saubere Hände) 1992/93 Korruptionspraktiken zahlreicher höchster Politiker und Wirtschaftsmanager aufdeckte (die Ermittlungen erfaßten rund 6000 Personen), wurde der mit 30 Milliarden Euro Betriebsvermögen reichste Kapitalist Italiens in insgesamt 13 Verfahren eben solcher Praktiken angeklagt und in mehreren Prozessen zu mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe und umgerechnet fünf Millionen Euro Geldstrafe verurteilt. In Revisionsverfahren setzten seine Anwälte die Aufhebung der Urteile durch, teilweise wegen Verjährung. Trotzdem ermittelten mutige, der Wahrheit verpflichtete Juristen nach seinem Amtsantritt 2001 in fünf Verfahren weiter. Berlusconi hetzte gegen sie, diffamierte sie als "rote Richter", die ein kommunistisches Regime installieren wollten, bezeichnete sie im typisch faschistischen Jargon als "Krebsgeschwür", das man "ausrotten" müsse. Um weitere Ermittlungen gegen sich zu verhindern, ließ Berlusconi ein Rechtshilfeabkommen mit der Schweiz ändern, wonach Beweise, die dort gegen ihn vorliegen, als nicht mehr zulässig gelten oder ihre Einbringung erschwert wird. Bilanzfälschungen, deren er in großem Stil angeklagt wurde, werden nicht mehr strafrechtlich verfolgt oder fallen unter Verjährung. Allenfalls wird ein Bußgeld verhängt. Von der Europäischen Union verlangte er allen Ernstes, aus den Vorschriften für EU-Haftbefehle Verbrechen wie Korruption, Betrug und Geldwäsche zu streichen, um damit Ermittlungen gegen sich zu verhindern. Schon die Polizei-Ausschreitungen während des G8-Gipfels im Juli 2001 in Genua hätten Brüssel zu energischem Einschreiten veranlassen müssen. Wissenschaftler wie Bodo Zeuner von der Freien Universität Berlin verglichen sie mit den Folterkellern der SA im Deutschland von 1932 und sahen die Gefahr einer schleichenden Faschisierung. Nobelpreisträger Dario Fo warnte deutlich vor der Errichtung eines faschistischen Regimes. Zuvor hatten die Publizisten Giovanni Ruggeri und Mario Guarino in ihrem Buch "Berlusconi - Showmaster der Macht" (deutsch bei Gatza) die führende Rolle Berlusconis in der von dem Altfaschisten Licio Gelli gegründeten Putschistenloge P2 nachgewiesen. Die P2 wollte Berlusconi durch einen kalten Staatsstreich an die Spitze eines Regimes faschistischer Prägung hieven, beteiligte sich an seinem politischen und wirtschaftlichen Aufstieg und half ihm durch ihre Bankiers auch beim Aufbau seines Medienimperiums. Als Berlusconi versuchte, seine P2-Mitgliedschaft zu leugnen, dann zu verharmlosen, wurde er wegen Falschaussage verurteilt. Nach Meinung nicht nur von Ruggeri/Guarino ist auch Berlusconis Partei Forza Italia von der P2 programmiert. Der Soziologe Norberto Bobbio sprach ihr jegliche "demokratische Merkmale" ab. Der Rechtswissenschaftler Mario G. Losano charakterisierte sie in seinem Buch "Sonne in der Tasche" (deutsch im Verlag Antje Kunstmann) als eine autoritäre Führerpartei mit Berlusconi als Führer. Abgesehen davon, daß der politische Charakter der Regierungs Berlusconi maßgeblich von der Zugehörigkeit der faschistischen Alleanza Nazionale und teilweise von der rassistischen Lega Nord bestimmt wird, zeigen sich bei der Forza und ihrem Führer selbst faschistische Methoden. Berlusconis Mediendiktatur erinnert, wie Losano schrieb, direkt an Praktiken der Mussolini-Zeit. Indro Montanelli, der vor einem Jahr gestorbene Doyen des italienischen Journalismus, bis zuletzt Kolumnist des regierungskritischen Mailänder Corriere della Sera, sah Berlusconi als möglichen "neuen Mussolini", zumindest als "nationalistischen Einpeitscher" oder "lächelnden Diktator". In seiner Straßburger Antrittsrede stellte sich Berlusconi an die Seite Bushs, proklamierte einen proamerikanischen Kurs der EU und begab sich anschließend zur Antrittsvisite beim US-Präsidenten. Nach Rom zurückgekehrt verkündete er eine Verfassungsreform zur Errichtung eines Präsidialregimes. Über 80 der 184 Artikel der Verfassung sollen gestrichen oder geändert werden, darunter alle, die sich auf antifaschistische Grundlagen des Staatswesens beziehen. Die rechtsextreme Parlamentsmehrheit plant, eine neue Verfassung Artikel für Artikel zurechtzuschustern, ohne daß eine verfassungsgebende Versammlung einberufen würde. Nach Ansicht des ehemaligen Präsidenten des Verfassungsgerichts, Ettore Pace, käme das einem Staatsstreich gleich. - Vor allem auf diese Entwicklungen sollten Deutsche und andere Europäer achtgeben. Die Aufregung über eine abgesagte Italien-Urlaubsreise des Kanzlers lenkt davon eher ab. Nach materialreichen Büchern über die italienische Rechte hat Gerhard Feldbauer jüngst im Verlag Neue Impulse eine Studie "Aldo Moro und das Bündnis von Christdemokraten und Kommunisten im Italien der 70er Jahre" (56 Seiten, 3.50 €) vorgelegt.
Erschienen in Ossietzky 16/2003 |
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