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Gegründet in den finstersten Stunden des Koreakriegs, zeichnete er sich von Anfang an durch giftsprühend-militante Sowjetfeindlichkeit aus. Unter der gestrengen, leicht gouvernantenhaften Oberaufsicht des Londoner Foreign Office koordinierte er die Rüstungsanstrengungen der Türkei, des Irak, des Iran und Pakistans und hatte zum deklarierten Hauptzweck, die transkaukasischen und übrigen westasiatischen Grenzterritorien der UdSSR zu bedrohen. Die dazu nötigen modernen Waffen im Werte von insgesamt mehreren Milliarden Dollar lieferten die USA. Obschon der Form nach als reines Militärbündnis konzipiert, hatte der Pakt während der wenigen Jahre seines Daseins auch innenpolitische Funktionen. Erklärtermaßen hätte er innerhalb seines Einflußbereiches auch "Subversion" oder, wie man in Washington in jenen Tagen zu sagen geruhte, "indirekte Aggression von innen" verhindern sollen. Simpler gesagt: Sein zweitwichtigstes Ziel war die strikte Konservierung der diversen nahöstlichen "anciens regimes", die allesamt des Schutzes vor den eigenen Bevölkerungen bedurften. Doch eben den vermochte der Bagdadpakt der irakischen Monarchie nicht zu bieten. Es waren gerade die von den USA gelieferten blitzblanken Panzer, Düsenjäger und Kanonen, die der 45 000 Mann zählenden irakischen Armee am 14. Juli 1958 einen schnellen, effizienten republikanisch-antiimperialistischen Umsturz ermöglichten. Am schwersten traf der jähe Kollaps des ohne den Irak wertlos gewordenen mittelöstlichen Kriegsbündnisses Großbritannien. Für London war der Pakt eine verheißungsvolle Erweiterung des britisch-irakischen "Schutzvertrages" von 1930 gewesen, der den Briten die Stationierung von Truppen in Mesopotamien wie auch jede beliebige Einmischung in die innern Angelegenheiten gestattet und damit den Irak überhaupt erst zur zentralen Bastion des britischen Imperialismus im Vorderen Orient gemacht hatte. Der 14. Juli 1958 setzte dem Aufenthalt der britischen Truppen, die sich vor allem im südlichen Teil des Irak (den sie auch 2003 wieder okkupierten) häuslich niedergelassen hatten, ein schnelles Ende. Daß nach dem Abzug der britischen Besatzer die sozialen und politischen Verhältnisse im Irak erst recht zum Tanzen kamen, versteht sich von selbst. Unter König Faisal hatten 6,5 Prozent aller irakischen Grundbesitzer 85 Prozent allen nutzbaren Agrarlandes besessen; der größte Latifundist war der König selber. Die politische Macht kontrollierte eine zahlenmäßig winzige Camarilla von Höflingen und Feudalherren, die allerdings in verschiedene Cliquen aufgespalten waren und sich mit allen Mitteln, inbegriffen Gift und Dolch, be kämpften. Für die "öffentliche Ordnung", will sagen: die erbarmungslose Unterdrückung aller politischen Regungen im Volke, sorgten dieweil die Armee und - als einziger Zweig der Staatsverwaltung, der zeitweise einigermaßen funktionierte - ein gigantischer Polizeiapparat. Mit Gegnern des Regimes wurde fast immer kurzer oder gar kein Prozeß gemacht. Die geheime Exekution von Opponenten war in Bagdad etwas Alltägliches. Oppositionsparteien, soweit vorhanden, verfügten über keinerlei Möglichkeiten, sich legal zu betätigen, und die Presse unterstand einer derart strengen Zensur, daß die Zahl der irakischen Tageszeitungen zwischen 1954 und 1958 von 32 auf fünf abfiel. Von demokratischen Wahlen und ähnlichen Manifestationen politischen Lebens fand sich im Irak keine Spur; das letzte königliche "Parlament" von Bagdad setzte sich aus 129 von Premierminister Nuri es Said und andern hohen Funktionären des Regimes ernannten und nur 16 mehr oder minder regulär gewählten "Volksvertretern" zusammen. Zu diesen desolaten Zuständen, deren Verschwinden der US-Delegierte bei den Vereinten Nationen, Cabot Lodge, 1958 im UNO-Sicherheitsrat schmerzlich beklagte, gehörte ferner die monopolistische Kontrolle der internationalen Petroleumtrusts über die irakischen Erdölfelder von Kirkuk und Bassorah, wodurch diese Konzerne nach Lust und Laune über Wohl und Wehe der gesamten irakischen Wirtschaft entschieden. An dem Konsortium beteiligt waren zu 47,5 Prozent britische, zu 23,75 Prozent französische Interessenten; mit weiteren 23,75 Prozent war an diesem höchst einträglichen Deal die zur Rockefellergruppe gehörige Standard Oil of New Jersey beteiligt. Die restlichen fünf Prozent hielten die Erben des sagenhaften Multimilliardärs Gulbenkian, des ersten Ölkonzessionärs von Kirkuk. Die Ölfelder kontrollieren sie ja nun wieder, die Herren vom Konsortium. Dessen Zusammensetzung mag sich seither zwar verändert haben, nicht aber dessen strategische und ökonomische Ziele. Offen geblieben ist bis dato allerdings, mit welchen Mitteln die altneuen Herrschaften ihre Interessen diesmal gegen die Rechte der Bevölkerung des Irak durchsetzen und militärpolitisch absichern werden. Könige sind inzwischen auch in den islamischen Ländern mega-out. Auf modern ausgerüstete Armeen ist ebenfalls kein richtiger Verlaß mehr. Nicht einmal mehr dann, wenn sie von ihren überseeischen Waffenbrüdern höchstselbst ideologisch betreut und gedrillt werden. Bliebe noch der Versuch einer Rekonstruktion - wenn schon nicht der Monarchie, so doch der sozialen Hierarchien und politischen Verhältnisse der Zeit vor 1958. Doch ein solches Unterfangen würde zwingend eine permanente militärische Besetzung des Landes voraussetzen. Und wohin die führt... siehe oben!
Erschienen in Ossietzky 16/2003 |
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