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Solchem "Militainment" und den damit verbundenen Interessen und Strukturen widmen wir uns in einer Reihe von Beiträgen zu Formen militärisch-kultureller Kooperation in den USA und Deutschland und zur dadurch bewirkten gesellschaftlichen Militarisierung. Einleitend richten wir den Blick auf das seit einigen Monaten vieldiskutierte "embedding" von Journalistinnen und Journalisten und seine Vorgeschichte. Seit Woodrow Wilson während des 1. Weltkrieges das "Committee for Public Information" ins Leben gerufen hat, versuchen Regierungen und das Militär selbst Art und Umfang der Berichterstattung zu regeln. Im Laufe der Jahrzehnte haben sie aufgrund der in Krisen- und Kriegszeiten gemachten Erfahrungen die Konzepte und Vorschriften immer wieder modifiziert. Nachdem viele US-Militärs die Medien für die Niederlage im Vietnamkrieg verantwortlich gemacht hatten, verhielten sie sich seit den 80ern bei Militäreinsätzen zumeist restriktiv gegenüber Journalisten, so auf Grenada 1983, in Panama 1989 und noch in Afghanistan, wo der Zugang zu Informationen und Bildern stark eingeschränkt und kontrolliert wurde. Charakteristisch waren die im zweiten Golfkrieg 1991 und während des Krieges in Afghanistan von der US-Armee eingerichteten Journalistenpools: Einer sorgfältig ausgewählten Gruppe von Medienangehörigen wurde privilegierter Zugang zu Informationen ermöglicht. Die seit einigen Jahren von der US-Armee - aber auch von der Bundeswehr beispielsweise in Sonthofen oder im fränkischen Hammelburg, wo man intensive Kontakte zur Münchner Journalistenschule pflegt - angebotenen "boot-camps" als Trainingslager für Kriegsjournalisten zeigen einen Wandel der Öffentlichkeitsarbeit in Kriegszeiten. Sie sind Voraussetzung des "embedding" von Journalisten, das keine Rückkehr zu einer Berichterstattung wie im Vietnam-Krieg bedeutet, als Journalisten sich der Truppe ohne strikte Auflagen anschließen konnten. Das Pentagon hat vielmehr erkannt, daß das Vorspielen von Videoaufnahmen aus Kampfbombern oder von Einschlagsleuchtspuren satellitengesteuerter Raketen nicht ausreicht, um Informationsbedürfnisse zu befriedigen. Man suggeriert der Weltöffentlichkeit nun einen Platz in der ersten Reihe, um Solidarität an der Heimatfront zu organisieren und in den besetzten Ländern militärische Stärke zu demonstrieren. Die Idee des "embedding" stammt von Victoria "Torie" Clarke, die als stellvertretende Verteidigungsministerin im Department of Defense für Public Affairs zuständig ist und zuvor für die Agentur Hill & Knowlton tätig war; zur Rechtfertigung des zweiten Golfkrieges hatte diese PR-Agentur die Story ersonnen, irakische Soldaten hätten in Kuwait Babys aus Brutkästen genommen und getötet. Wie von der Vizeministerin vorgeschlagen, wählte das Pentagon rund 600 Medienvertreter aus (darunter rund 30 Deutsche), die "embedded" arbeiten durften, nachdem sie das "Grounded Rules Agreement" unterschrieben hatten, das in 50 Punkten regelt, was die Kriegsreporter dürfen und was nicht. In den Divisionen arbeiteten jeweils fünf bis sechs PR-Offiziere als Betreuer der eingebetteten Journalisten. Zugleich wurden die Arbeitsbedingungen derjenigen Berichterstatter, die diese Beifahrerperspektive nicht einnehmen wollten, erschwert. Die britische Tageszeitung Independent zitierte einen britischen Armeesprecher mit den Worten: "Es ist mein Job, euch freien Journalisten das Leben so schwer wie möglich zu machen." Manche Beobachter haben auch die Beschießung des Bagdader Hotels "Palestine", in dem die meisten der nicht-eingebetteten Journalisten untergebracht waren (zwei wurden getötet, mehrere verletzt), als Abschreckungs- und Einschüchterungsmaßnahme der Amerikaner gegenüber denen interpretiert, die sich ihnen nicht unterstellt hatten - zumal die Invasionstruppen am selben Tag auch die Büros der Sender Al Dschasira und Abu Dhabi TV angriffen. Die Bilder des Irakkriegs wurden zu Waffen der psychologischen Kriegsführung. Die filmischen Fronteindrücke der Eingebetteten wirkten aber gelegentlich so surreal, daß Nachrichtensprecher sich zu dem Hinweis genötigt sahen, es handele sich nicht um Kino, sondern um eine Liveschaltung. Nachdem Al Dschasira vom irakischen Fernsehen Bilder toter US-Soldaten übernommen und damit die Weltöffentlichkeit, vor allem das US-amerikanische Publikum emotionalisiert hatte, verbreitete die US-Armee gleichsam als Gegenstück einige Zeit später Aufnahmen von der angeblichen Rettung der Soldatin Jessica Lynch aus einem irakischen Krankenhaus. Was allgemein als "gewagter Raid" dargestellt wurde und an Hollywood-Plots erinnerte, entpuppte sich später als eine inszenierte Militäroperation, bei der andere Patienten erschreckt und irakische Ärzte, die um das Leben der Soldatin gekämpft hatten, schikaniert wurden. Daß US-Militärs bei der Vorstellung der Aufnahmen dieses Einsatzes Parallelen zum Film "Black Hawk Down" zogen, ist mehr als ein Zufall. Denn neben den je aktuell neu bestimmten Konzepten und Richtlinien der Streitkräfte für den Umgang mit Medienvertretern bleibt das langfristige Interesse an Kooperation militärischer Institutionen und Akteure mit Medien- oder Unterhaltungsindustrie auch in Friedenszeiten wirksam. Der US-Sender NBC hat die Verfilmung der "Rettung" von Jessica Lynch bereits angekündigt. So verschwimmen die Grenzen zwischen Kriegs- und Friedenszeiten. Wie Militär, Medien und Kulturbetrieb auch in der Truppenbetreuung an der Front kooperieren und wie diese Verbindungen in die Gesellschaft hineinwirken, wird Gegenstand unseres nächsten Beitrags sein.
Erschienen in Ossietzky 16/2003 |
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