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Der kluge österreichische Abgeordnete Peter Pilz, ein Grüner, vergleicht ihn in seinem Buch "Mit Gott gegen alle" (Deutsche Verlagsanstalt, 288 Seiten, 22,90 Euro) mit Kindern, die auf dem Rummelplatz des Wiener Praters "in kleinen bunten Autos kurvige Runden" fahren. "Sie lenken und hupen. Es ist ihnen völlig egal, daß ihre Autos auf Schienen laufen. Sie sitzen am Steuer, und jeder kann das sehen." Man weiß, wer die Schienen gelegt hat und wer ihn darauf spazierenfahren läßt. Es sind "die Familien", denen Amerika gehört. Vor der letzten Präsidentenwahl waren sich diese Familien einig, daß sie (Atlanta Journal vom 29.2.02) "im Nahen Osten über eine lange Zeit eine größere Konzentration der Streitkräfte brauchen. Das wird etwas kosten. Aber man bedenke, was es kostet, wenn man das unterläßt. Wirtschaftliche Probleme bei uns haben mit Unterbrechungen unserer Ölversorgung zu tun. Wenn wir Streitkräfte im Irak haben, wird es keine solche Unterbrechung geben." Nun gibt es keine solche Unterbrechung, ihr Mann hat den Krieg gemacht, und er will weitere Kriege machen. Ihn interessiert kein Völkerrecht, keine Demokratie, kein "altes Europa". Wer nicht gehorcht, wird bestraft wie ein unartiges Kind. Was ist für ihn "das Böse"? Er definiert es am 1. Juni 2003 in Evian in einer Rede über die "Erneuerung der transatlantischen Allianz" als "eine tödliche Kombination aus Terrorgruppen, geächteten Staaten auf der Suche nach Massenvernichtungswaffen und einer Ideologie der Macht und der Vorherrschaft, die Unschuldige zum Ziel hat und jedes Verbrechen rechtfertigt". Sind wir aus dem 21. Jahrhundert zurückgefallen in die Zeit der Hexenverbrennungen? Vor den Gaskammern in Auschwitz würfelt er den Holocaust zusammen aus "Faschismus, Kommunismus, Terrorismus". Sie seien "das Böse", das ausgerottet werden müsse. So spricht die Lichtgestalt George W. Bush, deren Auftritte bis ins letzte Leuchten von Lichtdesignern arrangiert werden. Bushs Show auf dem Flugzeugträger "Abraham Lincoln" zur Verkündung des Sieges über Bagdad wurde vom Chef-Choreographen Scott Sforza genau auf den Zeitpunkt der wunderbaren blauen Stunde gelegt, damit "das goldene Licht auf der linken Wange des Präsidenten" lag und er dem Fernsehvolk als der Erleuchtete erschien. Das hatten wir schon, im alten Europa: So hat Leni Riefenstahl ihren Führer ins stählerne Licht der Berliner Sonne gestellt - vor der Kulisse der Olympischen Spiele als unbezwinglichen Herrn der Welt. Wie leicht bricht so ein Weltgebäude ein, wenn es als hohl erkannt wird. Noch nie zuvor seit dem Ende des zweiten Weltkriegs hatten Amerikas europäische Vasallen den Gehorsam verweigert. Fassungslos zeigte Bush Besuchern im Weißen Haus den Stuhl vor seinem Schreibtisch: "Hier hat noch vor zwei Wochen Gerhard gesessen...". Noch im März 2001 hatte Joseph Fischer, als er zum Antrittsbesuch beim mächtigen Kollegen Colin Powell erschien, sein Kratzfüßchen gemacht: "Wir haben die Maßnahmen, die die USA und ihre britischen Verbündeten in schwieriger Situation zum Schutze der Minderheiten und ihrer eigenen Soldaten unternommen haben, nicht zu kritisieren." Aber als der Angriffskrieg vorbereitet wurde, machten die Deutschen auf einmal nicht mehr mit. Der Chef im Weißen Haus wußte nicht, wie er reagieren sollte. Eine Karikatur der Süddeutschen Zeitung zeigte ihn vor einem TV-Bild mit Demonstranten gegen seinen Irak-Krieg; zu seinem Wüterich Rumsfeld sagte er: "Nein, ich glaube nicht, daß wir die Friedensdemos bombardieren sollten, Rumsy!" Die Solidarität der Europäer mit den Opfern der Flugzeuge, die in die New Yorker Zwillingstürme rasten, verwandelte sich in Erstaunen: Was war das für eine Macht, die aus den dreitausend Toten des eingestürzten Welthandelszentrums einen Vorwand für einen Eroberungskrieg gegen die ganze Welt machte? Was war das für ein Präsident, der eigentlich gar kein Präsident war, sondern ein Wahlbetrüger? Und es kamen Zweifel auf: Stimmten die Nachrichten über den Irak, wie sie uns verkauft wurden? Oder stammten sie aus dem "Office for Strategic Influence", das Donald Rumsfeld im November 2001 zur "strategischen Beeinflussung" der Welt gegründet hatte? Auch wenn es drei Monate später wieder geschlossen werden mußte, Rumsfeld blieb ja der gleiche: "Es gibt da eine Menge Dinge, die wir tun müssen, und wir werden sie tun. Wir machen es jetzt eben in einem anderen Büro." Im September 2000, exakt ein Jahr vor dem Attentat auf das World Trade Center, in Rumsfelds Ministerium das Projekt "Rebuilding America's Defenses Strategy, Forces and Resources for a New Century" ausgearbeitet worden war, das zu folgendem Schluß führte: "Auch wenn der Prozeß des Wandels zu revolutionären Änderungen führt, wird er wahrscheinlich doch lange dauern, wenn es nicht zu einem katastrophalen und katalysierenden Ereignis kommt, zu etwas wie einem neuen Pearl Harbour." Auf einmal konnte kritische Literatur erscheinen; einige Titel erreichten schnell hohe Auflagen. Noch immer steht Roger Moore mit seinem Buch "Stupid White Men" an der Spitze der Bestsellerliste in Deutschland. Emmanuel Todd schrieb "Weltmacht USA. Ein Nachruf". Deutsche Wissenschaftler und Publizisten trugen zahlreiche lesenswerte Untersuchungen bei; neben dem Sammelband "Das Schweigekartell - Fragen und Widersprüche zum 11. September" und den Büchern der Ossietzky-Autoren Werner Biermann und Arno Klönne sei "Der amerikanische Weg, Hegemonialer Nationalismus in der US-Administration" von Hajo Funke genannt. Aus dem schon erwähnten Buch des Österreichers Peter Pilz zitiere ich hier eine Liste von Ländern, in denen US-Militär stationiert ist: Honduras, Panama, Kolumbien, Peru, Venezuela, Island, Großbritannien, Niederlande, Belgien, Spanien, Portugal, Deutschland, Ungarn, Griechenland, Türkei, Ägypten, Saudiarabien, Kuwait, Bahrain, Katar, die Emirate, Oman, Georgien, Usbekistan, Kirgistan, Tadschikistan, Afghanistan, Südkorea, Japan, Singapur, Indonesien, Philippinen, Australien, Puerto Rico, Virgin Islands, Antigua, St. Helena, Diego Garcia, Okinawa, Wake Island, Guam, Johnston-Atoll, Amerikanisch-Samoa, Cuba. Pilz hat Dänemark, Luxemburg, Grönland (Thule) und Jugoslawien (Kosovo) vergessen. Bald werden wohl weitere dazukommen: Polen, Rumänien, Bulgarien. Wer wissen will, wie die Welt gesteuert wird, findet hier genügend Material. Wer nicht, fällt auf die verrücktesten Ideen herein. Zum Beispiel, wenn die republikanische US-Abgeordnete Ginny Brown-Waite dem Kongreß einen Gesetzentwurf präsentiert: Die Regierung soll Familien finanziell unterstützen, damit sie amerikanische Gefallene des ersten und des zweiten Weltkriegs in Frankreich exhumieren und in die USA überführen lassen können. Begründung: Sie habe "nicht das Gefühl, daß die französische Regierung die Opfer zu schätzen weiß, mit denen Männer und Frauen in Uniform die Freiheiten verteidigt haben, die die Franzosen heute genießen". Oder wenn der US-Offizier Ralph Peters in der Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15. Mai 2003 in Wut ausbricht: "Hitler war wenigstens ehrlich." Er spuckt gegen die Deutschen: "Ihr widert uns an...Wir werden eure blutbeschmierten, verrotteten Regeln für das internationale System nicht länger hinnehmen, sondern unsere eigenen Regeln schaffen... Wir sehen in Schröder ... ein politisches Tier von solcher Verkommenheit, daß er allenfalls den europäischen Karikaturen amerikanischer Schmalspurpolitiker ähnelt... Wir werden vorsorglich überall dort zuschlagen, wo wir das für notwendig halten, und das werden wir tun, ohne Europa noch einmal um Erlaubnis zu fragen." Das dritte, für mich das betrüblichste Beispiel ist: Nach einer Umfrage der Washington Post bejahen schon wieder 56 Prozent der amerikanischen Bevölkerung einen Krieg gegen das nächste Land, den Iran. In den USA ist die Grundlage der Demokratie zerstört. Prinzipien der demokratischen Verfassung sind außer Kraft gesetzt. Artikel 1 der Constitution heißt immer noch: "Nur der Kongreß darf den Krieg erklären. Der Präsident hat dazu kein Recht..." Aber der Wahlbetrüger Bush hat sich vom Kongreß die Vollmacht geben lassen, dieses wichtige Recht allein wahrzunehmen. Man hat es in der Presse sogar genau so bezeichnet wie das Gesetz, mit dem Hitler in Deutschland die Demokratie abschaffte: "Ermächtigungsgesetz". Der Widerstand gegen die Hegemonialdiktatur wächst, weltweit. Um so wütender melden sich die unermüdlichen Vasallen der USA wie der Amerika-Anbeter Klaus Harpprecht (Süddeutsche Zeitung, 2.6.03). Er erhebt sich über das niedere Kritikervolk, das er "Pächter der Moral" nennt. "Von Realitäten und Fakten wenig belastet" seien diejenigen, die gegen Guantanamo-Menschenkäfige und Sekten-Politiker murren. Diese ewig Unzufriedenen empörten sich nur, weil sie "es dem Schicksal nicht verzeihen, daß sie nicht Amerikaner seien und folglich am großen Experiment der Gründung einer neuen Gesellschaft in einer neuen Welt nur am Rande beteiligt waren". Es gibt auch Schwärmer, die in dem Reich von George W. Bush die globale Sicherung von Frieden und Gerechtigkeit sehen, einen Gottesstaat auf Erden. Zum Beispiel Dan Diner, der in Leipzig und an der Universität Beer Sheva jüdische Geschichte lehrt. Das Völkerrecht ist für ihn ein "längst ausgehöhltes Gehäuse", über das die "imperiale Republik" USA hinausgewachsen sei. Die USA seien kein territorial festgelegtes Staatengebilde mehr, sondern ein "ortloser Hegemon der Weltgesellschaft". Weil das unverständlich ist und klug klingt, hat er auch seine Bewunderer und seine Presse, die sowas abdruckt (Süddeutsche Zeitung, 16.6.03). Peter Pilz hat die Kritik an der amerikanischen Weltherrschaft auf eine sehr knappe Formel gebracht: "Die Welt kann sich die USA nicht mehr leisten, die Zeit für eine Alternative ist reif." Wie die aussehen soll, liegt noch im Dunkeln. Von selbst entsteht kein Europa der Völker. Da muß der Souverän noch ein paarmal häufiger auf die Straße gehen.
Erschienen in Ossietzky 15/2003 |
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