Einstige Leser der Weltbühne, . - Vor zehn Jahren erschien die letzte Ausgabe der Zeitschrift mit einer nach Redaktionsschluß vorangestellten persönlichen Erklärung des Verlagsgesellschafters Bernd F. Lunkewitz. Er teilte mit: "Die Weltbühne wird im 88. Jahrgang eingestellt, weil der Erbe des Zeitschriftengründers die Titelrechte eingeklagt hat. (...) Um das Unternehmen zu retten, hatte ich es ihm für 1 DM zu Kauf angeboten. Das hat er abgelehnt. (...) Er hat sich entschieden, nicht den Verlag, sondern lediglich die Titelrechte an sich zu nehmen, daher kann die Zeitschrift nicht mehr erscheinen. Ob Herr Jacobsohn in Zukunft die Zeitschrift neu herausgibt, bleibt abzuwarten. Da auch die Treuhandanstalt, die noch diese Möglichkeit gehabt hätte, den Verlag nicht an sich zog, wird er ›abgewickelt‹ wie so vieles in diesem Lande, was durchaus noch hätte weiterleben können." Nach Absprache mit dem letzten Herausgeber und Chefredakteur der Weltbühne, Helmut Reinhardt, in Zusammenarbeit mit vielen ehemaligen Weltbühne-Autoren und im Einvernehmen mit Rosalinda von Ossietzky, der damals noch lebenden Tochter Carl von Ossietzkys, haben wir viereinhalb Jahre nach jenem Ende einen Wiederbeginn mit dem Titel Ossietzky gewagt, mit dem wir an den Chefredakteur der Jahre 1927-1933 erinnern und uns der von ihm verkörperten publizistischen Tradition verpflichten. Viele von Ihnen haben uns inzwischen darin bestärkt. Danke.

Edmund Stoiber, Oberbayer. - Das Recht zu "Präventivschlägen" solle in der Charta der Vereinten Nationen festgeschrieben werden, haben Sie gefordert. Vorsichtshalber hätten Sie hinzufügen müssen: Der Freistaat Bayern solle ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates werden.

Olaf Scholz, SPD-General. - "Jeder wird mehr im Portemonnaie haben", versprechen Sie in dicken Lettern in einem Brief an die Mitglieder Ihrer Partei. Offenbar haben Sie die PISA-Studie für bare Münze gehalten und verlassen sich darauf, daß ArbeitnehmerInnen in Deutschland nicht rechnen können, also nicht begreifen: Erstens wird nach der jetzt geplanten Steuerreform der eine wenig und der andere viel mehr im Portemonnaie haben, und zweitens wird dieses Geld dem, der wenig mehr hat, durch die sogenannte Sozialreform wieder weggenommen werden, so daß er am Ende nicht mehr, sondern weniger im Portemonnaie hat.

Joseph Fischer, Chefdiplomat. - Für den italienischen Regierungschef Berlusconi und seine Äußerung, der sozialdemokratische Europaabgeordnete Schulz eigne sich für die Filmrolle eines KZ-Aufsehers, haben Sie Verständnis geäußert: "Wo Menschen sind, passieren Fehler, jeder von uns hat sich schon mal vergaloppiert." Wer sich so auf politische Reitkünste versteht, wie Sie dies zu erkennen geben, wird es noch weiter bringen als nur zum deutschen Vizekanzler.

Klaus-Jürgen Hedrich, CDU-Abgeordneter, Bundestag. - Die Begründung für den Einsatz von EU-Militäreinheiten im Kongo ist Ihrer Meinung nach "eine große Heuchelei", denn tatsächlich verfolge Frankreich dort machtpolitische Interessen und werde dabei von Deutschland unterstützt. Wir wissen nicht, über welche Fachkenntnisse in Sachen Heuchelei Sie verfügen, aber wo Sie Recht haben, haben Sie Recht: Bei den Militärinterventionen im Kongo geht es um Machtinteressen, wie eh und je.

Silke Pfersdorf, Brigitte-Redaktion. - Sind Sie sicher, daß Sie nicht reingelegt wurden von der Fotoagentur, bei der Sie die Bilder für Ihren ergreifenden Benimmkurs "Sicher auftreten bei Einladungen" eingekauft haben? Da gibt es, Seite 110, das Foto eines Winzlings, wir schätzen acht Jahre alt, der mit einer Art Armani-Jacke, Schlips, weißem Kragen und Einstecktüchlein an einer Weihnachtsparty teilnimmt, gepflegte Frisur, unverbindliches Lächeln. Hat man Ihnen da nicht das Bild des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank untergemogelt, der gerade von einer Schrumpfkur zurückgekehrt ist? Aber sonst garantieren Ihre Vorschläge einen gelungenen Abend: "Trinken Sie möglichst nur so viel, daß Sie die Veranstaltung ohne fremde Hilfe verlassen können." Und: "Wenn Sie nach der Polka über der Kloschüssel hängen, haben Sie zu viel getrunken." Dann kann man auch noch mal das Menü studieren: "Nudelsalat ist immer der Hit." Lecker!

Erschienen in Ossietzky 14/2003