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Juli ausgestrahlten Aufnahme rief der entmachtete irakische Staatschef seine Landsleute über den populären arabischen Fernsehsender Al Dschasira zum Widerstand auf. Irakische Kämpfer, Männer wie Frauen, hätten sich zu "Zellen des Heiligen Krieges" zusammengeschlossen, um den Kampf gegen die US-Truppen "in großem Maßstab" aufzunehmen. Das formulierte Ziel ist einfach und wurde ähnlich 1776 von den Gründervätern der Vereinigten Staaten formuliert: Überwindung der Kolonialherrschaft und Unabhängigkeit des Landes. Während Saddam Hussein via TV zu den arabischen Massen sprach, wurde das österreichisch-amerikanische Muskelpaket Arnold Schwarzenegger am "Independence Day" nach Bagdad eingeflogen. Der Leinwandheld sollte sich - so die Pentagon-Idee - höchstpersönlich bemühen, die gedrückte Stimmung der US-Soldaten an der Golffront zu heben. Doch Hollywood-Star "Arni" nutzte die Truppenschau eher zur Promotion für seinen neuen Action-Streifen "Terminator 3: Aufstand der Maschinen" als zur Seelenmassage für die fern der Heimat Frustrierten. Es wird noch einige Zeit brauchen, bis die Amerikaner aus der Schußlinie geraten und Iraker gegen Iraker kämpfen. Im Mai hatten die US-Besatzungsbehörden die Armee des Zweistromlandes aufgelöst. Zehntausendeirakische Soldaten und Offiziere wurden vom einen auf den anderen Tag auf die Straße gesetzt. Proteste der neu-arbeitslosen Ex-Staatsbediensteten blieben - von der Zahlung eines zusätzlichen Monatslohns abgesehen - folgenlos. Mittlerweile wurde eine US-Firma damit beauftragt, eine neue "irakische Armee" aufzubauen und auszubilden. Allein bei der Namensfindung für die irakischen Hilfstruppen tat man sich anfangs schwer. Um keine anstößigen Assoziationen zu wecken, mußten die Verwalter vom anderen Teil der Erde die Bezeichnung ändern. Zunächst wollten die Besatzungsbehörden ihre Hilfstruppen "New Iraqi Corps - Neues Irakisches Korps" (NIC) nennen. Nach massiven Protesten wurde der Name rasch in "New Iraqi Army - Neue Irakische Armee" (NIA) umgewandelt: Das Wort "Nic" steht in der arabischen Sprache auch für "Unzucht treiben". Die "Neue Irakische Armee" wird nicht von der US-Armee direkt trainiert, sondern von der Pentagon-Vertragsfirma Vinnell. Die Tochter des US-Rüstungskonzern Northrop Grumman hatte sich im Ringen um den Auftrag mit einem Volumen von 48 Millionen Dollar gegen vier Mitbewerber durchgesetzt, teilte das US-Verteidigungsministerium Ende Juni mit. Der zunächst zwölfmonatige Trainer-Vertrag begann am 1. Juli. Folgeaufträge für Vinnell sind absehbar: Unter Aufsicht von Generalmajor Paul Eaton soll innerhalb eines Jahres zunächst eine Division leichter Infanterie mit einer Stärke von 12 000 Soldaten gebildet werden. Im darauf folgenden Jahr sollen dann eine oder zwei weitere Divisionen entstehen, so die Pläne der Besatzungsbehörden. Vinnell ist im Nahen Osten kein unbeschriebenes Blatt. Die US-Firma mit Sitz in Fairfax im Bundesstaat Virginia bildet nach eigenen Angaben seit fast 28 Jahren die Sicherheitskräfte Saudi-Arabiens aus - im Töten und Foltern. Meist sind Posten frei: Auf der Vinnell-Website werden Stellen für ehemalige Offiziere des US-Heeres und der Marineinfanterie sowie Bewerber mit Kenntnissen in der Infanterie, in Sondereinheiten, Aufklärung und Logistik angeboten. Nach eigenem Bekunden hat Vinnell erfolgreich für verschiedene Regierungen und Unternehmen "Projekte" auf fünf Kontinenten und in mehr als 50 Ländern erledigt. Die Aufträge reichten von verdeckten militärischen Operationen oder Umsturzversuchen in Lateinamerika bis hin zur Abwicklung von Waffengeschäften im Rahmen der Iran-Contra-Affäre. In einem Forschungsprojekt über die "Vinnell-Corporation" beschreibt ein Pentagon-Mitarbeiter die Firma als "unsere eigene kleine Söldnerarmee in Vietnam. Wir setzten sie für die Dinge ein, die wir aus Mangel an Personal oder wegen Legalitätsproblemen nicht selbst erledigen konnten." Nicht alle im Reich der Familie Saud sind für Vinnells Dienste im Aufbau des Repressionsapparates dankbar. Mitte Mai starben bei Selbstmordanschlägen auf Firmen-Niederlassungen in Riad 29 Menschen, darunter mindestens zehn Vinnell-Mitarbeiter. Auf www.vinnell.com kann man noch heute den Hinterbliebenen online kondolieren. Nach Übernahme des Irak-Auftrages könnte die Trauerseite nun als permanente Rubrik im Netz eingerichtet werden - in der westirakischen Stadt Ramadi gab es wenige Stunden nach der Ausstrahlung der Ansprache Saddam Husseins bereits einen ersten Angriff auf ein Ausbildungszentrum der neuen irakischen Sicherheitskräfte.
Erschienen in Ossietzky 14/2003 |
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