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Für Dana Horáková, die Hamburger Kultureventsenatorin, war dies der erste große öffentliche Auftritt nach ihrem letzten Skandal, als sie den Pornokünstler Jeff Koons für viel Geld mit der Gestaltung des Spielbudenplatzes beauftragt und er ihr ein schlechtes Plagiat geliefert hatte. Sie, die ihre Hamburger Kulturlandschaft in gut und böse einteilt, in "subventionswürdig" und "übersubventioniert", verkündete: "Der Senat steht hinter der Kultur." (Wie weit dahinter, wissen wir, seit der Schill-Beust-Senat nach dreimonatiger verzweifelter Suche - selbst eine Schlager-Sängerin sagte Nein - in der einstigen Bild- und Bunte-Redakteurin Horáková die ihm gemäße Kultursenatorin gefunden hat.) Kultur liefere dem Menschen erst seine Identität, sagte sie. Weiß Gott. Ute Erdsiek-Rave, als einzige unter den vieren länger als ein Jahr im Amt, nämlich fast fünf, sieht in den kommenden Kieler Haushaltsberatungen "Fürchterliches" für die Kultur bevorstehen. Aber das Rettende auch: "Das Schleswig-Holstein-Festival bleibt ungekürzt." Kultur trägt zur Identitätsstiftung des Landes bei, meinte der Minister aus Mecklenburg-Vorpommern. Hans-Robert Metelmann, Westberliner Facharzt für plastische Operationen, hatte im angeschlossenen Osten schnell als Professor, Dekan, Prorektor und Rektor der Universität Greifswald reüssiert, seit November gar als Kultusminister in Schwerin. Bei der Beschreibung dieses Bundeslandes verkannte die parteilose Blüte im rotroten Kabinett nicht, was eigentlich auch dazugehört: "Stettin ist eine polnische Stadt, aber die Steine sprechen deutsch." Am Ende bekannte er sich zur "Herzens bildung"- die kostet nix. Für Lutz Stratmann, noch keine hundert Tage im Amt, war das niedersächsische Kultusministerium eigentlich ein Überraschungsei. Er sollte und wollte Umweltminister werden, weil er sich so nachhaltig dafür eingesetzt hatte, in Gor leben auch ausländischen Atommüll einzulagern. Doch das Ministerium fiel an die FDP, und so wurde Stratmann Kultusminister - das Regieren hatte der Oldenburger schon gleich nach dem Staatsexamen gelernt, indem er es in der Magdeburger Staatskanzlei den unerfahrenen Ossis beibrachte. "Ich habe sehr frühzeitig ein klares Bekenntnis für Kultur abgelegt", bekannte er hier und jetzt und bekannte sich vor allem auch zu einem "lebendigen Musikleben", aber auch zu Experimenten in der Theaterlandschaft. Wenn er aber könnte, wie er wollte, dann würde er Geld für ein noch lebendigeres Musikleben auf dem Dorfe einsetzen, für das, was dort die Menschen gemeinsam machen. Der unvergessene niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht, der einst zusammen mit seiner kinderreichen Familie Hauskonzerte machte, ist das Vorbild. Mitfühlend fragte Moderator Kässens die unglückliche Horáková nach ihrer nunmehr einjährigen Amtszeit: "Wie hält man das aus?" Sie - mit verschränkten Armen in Abwehrhaltung auf dem Podium sitzend - hält das aus, keine Sorge. Weil die Vorwürfe ungerecht sind. Weil Freunde und Nachbarn zu ihr halten. Und wegen der Solidarität der Kollegen im Senat. Und dank der Hamburger Wirtschaft, die zu ihr steht - "Kultur als Standortfaktor". Am Morgen hatte das Hamburger Abendblatt ein Gespräch protokolliert, das Dana Horáková mit sorgfältig ausgesuchten Gästen des Abendblattforums im Hotel "Elysee" geführt hatte. Ein "neues Verhältnis zwischen Künstlern und Kaufleuten" müsse her. Und sie erbot sich, "diesen Dialog zu professionalisieren". Erstes Gebot: Kulturjournalisten sollten sich nicht länger scheuen, den Stifter zu nennen, "der ein Ereignis erst möglich gemacht hat". Sie traf damit auf Einverständnis des Präsidenten der guten Hamburger Handelskammer, Nikolaus Schües, eines guten Mannes, der offen aussprach: "Der Sponsor braucht eine Gegenleistung, das ist seine Werbung, und die Medien müssen dazu immer sagen: Das ist ein guter Mann oder das ist eine gute Firma." Rolf Hunck von der Deutschen Bank, der auch gern über Kunst und Mäzenatentum redet, holte alle in die hanseatische Realität zurück: "Es gibt in diesem Jahr 30 Prozent weniger Sponsoren", sagte er. Das finanzielle Umfeld sei schlecht. Sein Fazit: "Kultur kann die Stadt sich eigentlich kaum noch leisten." Wie gut, daß sich Hamburg wenigstens diese Kultursenatorin leisten kann.
Erschienen in Ossietzky 12/2003 |
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