Zweiwochenschrift
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Antworten
Henning Scherf, Wahlsieger. – »Bremen ist eben Bremen« –
das war Ihr Kommentar, als die Große Koalition im kleinsten Bundesland
bei der Mehrheit der WählerInnen Bestätigung fand. Die SPD verlor
entgegen dem Bundestrend kaum an Stimmen, die CDU war entgegen dem Bundestrend
Verliererin, DVU und Schill-Partei sammelten rechtsaußen ein, die Grünen
legten zu. Was sagt uns das, wenn es um die Politik im Bund geht? Gar nichts,
denn – siehe oben. Viele andere Politiker genießen kein Vertrauen,
man glaubt ihnen nicht, wenn sie den Mund aufmachen. Das ist bei Ihnen anders.
Sie sagen, was ist, und niemand kann daran herumdeuteln: Bremen ist Bremen.
Franz Müntefering, Fraktionsvorsitzender. – »In der deutschen
Gesellschaft «, so glauben Sie, »gibt es eine Mehrheit für
Gerhard Schröders Agenda, aber nicht unbedingt in der sozialdemokratischen
Wählerschaft.« Das kann doch kein Problem sein: Je mehr WählerInnen
die SPD verliert (denn nicht überall ist Bremen), desto größer
die Chance, daß sich unter den Verbliebenen eine Mehrheit für die
Agenda ergibt.
Olaf Scholz, Generalsekretär. – Was drückt sich darin aus,
daß der Kanzler mit seinem Rücktritt gedroht hat, falls sozialdemokratische
Parlamentarier (einige wenige) Gesetzen zum Abbruch des Sozialstaates nicht
zustimmen wollen? Vor der Presse haben Sie es jetzt erklärt: »Das
ist ein Zeichen von Stärke.« Überzeugungskraft des Kanzlers
ist es also nicht, die zu Schwächezuständen bei Abgeordneten führt.
Gerhard Schröder, Parteivorsitzender. – Wann hat die jetzt von Ihnen
repräsentierte deutsche Sozialdemokratie in ihrer Geschichte Fehler gemacht?
Bei Ihrer Festrede zum Einhundertvierzigjährigen haben Sie diese Frage
beantwortet: »Immer dann, wenn die Partei zu zögerlich war.«
Aber wann war sie das, Ihrer Meinung nach? Hätte die SPD schon vor 1914
Kriegskrediten zustimmen sollen? Oder schon 1959 in Godesberg dem Sozialstaat
Ade sagen und sich dazu bekennen sollen, daß die Bundesrepublik am Hindukusch
verteidigt werden müsse?
Joseph Fischer, Außenminister. – Im UN-Sicherheitsrat haben Sie,
um für die Annahme der Resolution 1483 zu werben, die »unverzichtbare
Rolle der USA in der transatlantischen Familie« beschworen. Die Resolution
erklärt die vom Pentagon befehligte Militärkoalition der »Willigen«
zur rechtmäßigen Autorität im Irak – bis auf Widerruf,
der aber gegen ein Veto der USA gar nicht möglich wäre. Die »westliche
Wertegemeinschaft« ist demnach als Familienbande zu verstehen, da hat
der Bandenchef den Anspruch auf Loyalität der Mitglieder, wenn er auf eigene
Faust rechtsbrecherisch tätig wird.
Margarita Mathiopoulos, verdiente Sachwalterin der Rüstungsindustrie.
– In einer Talkshow des Österreichischen Fernsehens zum Thema Irak
haben Sie wörtlich erklärt: »Völkerrecht? Das ist doch
von gestern!« Damit es niemand überhört, haben Sie Ihre überraschende
Feststellung noch zweimal wiederholt. Jetzt sind wir in Sorge, daß Sie
angesichts des dort niedergelegten Verbots von Angriffskriegen demnächst
in höchstselbstrichterlicher Entscheidung auch noch Grundgesetz und Strafgesetzbuch
für ungültig erklären. Bitte überlegen Sie es sich doch
noch einmal.
Lokomotivführer der Deutschen Bahn. – Mit einem Streik, behaupten
Experten, könnten Sie die gesamte Deutsche Bahn stillegen. Das mag stimmen.
Allerdings ist im Bemühen, den hiesigen Schienenverkehr zu lähmen,
ein einziger Mensch schon fast hundertprozentig erfolgreich: Ihr Chef Hartmut
Mehdorn. Damit ihm sein Plan gelingt, hat Mehdorn nach dem Rausschmiß
anderer leitender Oberleitungswasserköpfe seinen eigenen Vertrag um fünf
Jahre verlängern lassen.
Michael Sommer, DGB-Vorsitzender. – Zwei Tage vor dem Protest von 90
000 Gewerkschaftern gegen die »Agenda 2010« trafen Sie sich mit
Partei- und Regierungschef Schröder zum Mittagessen und kamen zu dem Eindruck:
»Die größten Klötze sind weg.« Die Zusammenkunft
und Ihr Resümé derselben ließen Sie aber erst nach den Demonstrationen
bekannt werden. Ein Sprecher der IG Metall versuchte Sie zukorrigieren: Die
Agenda enthalte nach wie vor »große, unverdauliche Klöpse.«
Der Mann weiß wohl nicht, wie robust Ihr Magen ist. Ob Klöpse oder
Klötze – Hauptsache, der Kanzler ist es, der auftischt.
Erschienen in Ossietzky 11/2003
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