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Duden) fanden sich dazu im redaktionellen Teil hämische Glossen, die sich herablassend über das "rückständige Flaschensammel-System DDR" lustig machten. Das erste Dosenbier, als Fortschritt gepriesen, tauchte dann 1972 an den Bahnhofskiosken auf. So war es wohl auch der Rausch der "neuen Freiheit", der nach der Eingemeindung des Protektorats Ost die Wiesen und Wälder dort bald aussehen ließ wie Einwegverpackungsdeponien. Inzwischen aber ist - bisher einzig sichtbarer Erfolg der Berliner Umweltpolitik - Dosenpfand Trumpf, und vermutlich hatte Angela Merkel das rückständige Flaschensammel-System BRD im Auge, als sie sich Anfang des Jahres beim Erdölpiraten Bush heftig über die Bundesregierung und deren angebliche "Nähe zur DDR" ausweinte. Auch Brauereien und Weißblechfabrikanten klagten anstandshalber ein wenig, arrangierten sich jedoch schnell mit der neuen Situation. Zwar nahmen einige Krämerketten Getränke-Einwegverpackungen aus dem Angebot; Tante Esso-Läden und Schluckbuden verkaufen das Zeug fröhlich weiter und genießen dabei, weil kaum jemand den Schrott zurückbringt, sogar einen ordentlichen Extraprofit. Rastplätze wie einschlägige Großstadtquartiere prangen folglich nach wie vor in buntem Blech- und Scherbenschmuck. Hier und da kostet Dosenbier - inklusive "Pfand"! - sogar schon mal zehn oder zwanzig Cent weniger als die gleiche Menge in der Mehrwegflasche. Das liegt allerdings keinesfalls daran, daß der eingelötete Bölkstoff (verbreitete Kultvokabel aus "Werner"-Comics und -Filmen) billiger geworden wäre. Die Wege des Herrn zur Kaufkraftabschöpfung sind eben vielfältig. Das kann jeder preis- und umweltbewußte Feinschmecker überprüfen, der vor dem Gewürzregal seines Supermarktes zur Tütenware greift, weil er sich bereits im Besitz eines mehr oder weniger geschmackvoll verzierten einschlägigen Döschens derselben Herstellerfirma weiß. Warum, denkt er sich, soll ich das Behältnis zweimal bezahlen? Auf den Inhalt kommt es schließlich an. - Ätsch, reingefallen! Hier trägt die Spekulation mit der Sparsamkeit der Verbraucher reiche Früchte für die Koofmich-Ketten. Bezogen auf den Inhalt ist die "preisgünstige Nachfüllpackung" nämlich regelmäßig erheblich teurer als die in der Plastedose. Müllvermeidung hat eben ihren Preis. Der Kunde hätte ja hinsehen können. - Selber schuld auch, wer ohne akribische Prüfung sofort zum groß herausgestellten "billigen Sonderangebot" greift und nicht merkt, daß die gleich daneben im Regal liegende, mit dem regulären Preis ausgezeichnete, qualitativ gleichwertige Ware nur fast die Hälfte kostet. Ein bißchen psychologisch aufgebauter Betrug ist schließlich legal. Am besten erkannt hat man das im Restaurant der Autobahn-Raststätte Haidt-Süd zwischen Nürnberg und Passau. Dort bezahlt der nichtsahnende Gast am gedeckten Tisch im Lokal für seine Seltersflasche 0.20 € Flaschenpfand. Weil kein Aushang darauf hinweist, weil kaum jemand seinen Kassenzettel Punkt für Punkt abhakt, bleiben die geleerten Flaschen wie üblich mit dem schmutzigen Geschirr auf dem Tisch stehen. Bei auch nur tausend Durstigen am Tag ergibt das übers Jahr eine nicht zu verachtende - dazu steuerfreie! - Gewinnmaximierung. Unsere schöne Wirtschaft vermag also auch der Dosenpfandverordnung ihre guten Seiten abzugewinnen. Verblüffend eigentlich, daß noch niemand auf die Idee gekommen ist, aus Gründen des Umweltschutzes die Herstellung unverrottbarer Getränke-Einwegverpackungen zu verbieten, wie ja auch unzeitiges Verbrennen von Gartenabfällen oder das Wegwerfen eines benutzten Straßenbahnfahrscheins drakonisch bestraft werden. Aber klar: Bei Dosen und Flaschen geht es schließlich um die bürgerlichen Grundfreiheiten - die unternehmerischen natürlich. Cautio non olet, sagt sich da der humanistisch gebildete Wirtschaftsführer - Flaschenpfand stinkt nicht. Nur der Müll, der auf diese Weise auch nicht weniger wird. * Franz Müntefering ließ sich im stern über Renten aus. Auf den Vorhalt, sein eigener Rentenanspruch habe bereits jetzt eine Höhe erreicht, für die der Durchschnittsarbeitnehmer 181 Jahre arbeiten müsse, wies der Spezialdemokrat auf die wirklich brennenden Sozialprobleme hin: "Natürlich kann ein Abgeordneter mit 40 oder 45 aus dem Bundestag fallen (!), da braucht er eine Sicherheit." Im Gegensatz zu jemandem, der mit 40 oder 45 in die Arbeitslosigkeit fällt oder mit 67 in die gekürzte Rente. Sind solche Sprüche nun dumm, betriebsblind oder schlicht unverschämt? Ach, einfach alles Müntefering - oder was? * Noch dreister kann es Schröder. Auf der zentralen Mai-Kundgebung des DGB geruhten der Herr Bundeskanzler gegenüber Gewerkschaftern, die sich mit seinen Sozialkahlschlagsplänen nicht einverstanden erklären konnten, folgenden Satz abzulassen: "Wer nicht diskutieren oder debattieren will, sondern meint, auf Trillern pfeifen zu müssen, hat zwar volle Backen, aber nichts im Kopf." Bravo! So bügelt man die sozialen Sorgen der Menschen ab. Seinen zynischen, sogar in der Stilblüte des "Pfeifens auf Trillern" fast wörtlich vom Amtsvorgänger Kohl übernommenen Sager hat sich Schröder in weiser Voraussicht - er mußte ja wissen, was auf ihn zukam - vermutlich schon einige Tage zuvor von einem seiner Redenschreiber zum spontanen Gebrauch erstellen lassen. Für die Fotografen posierten der Herr SPD-Vorsitzende anschließend dümmlich grinsend mit einem Baseballschläger. In Worten: Baseballschläger. Ist es schon so weit? Wer Schröders o.a. Angebot, mit Gegnern seiner Agenda 2010 zu diskutieren bzw. zu debattieren, ernst nahm und zwecks Terminvereinbarung im Bundeskanzleramt anrief, der wurde harsch auf den Postweg verwiesen oder bekam zu hören: "Der Herr Schröder hat im Moment zu viel um die Ohren." Ja, wenn es die Ohren sind - da muß man wohl doch kräftig auf Trillern pfeifen. * Verbrechen lohnt nicht? Wer glaubt das noch! Zumindest Kriegsverbrechen zahlen sich aus. Etwa für den texanischen Erdölkonzern Halliburton, der seinen ehemaligen Boss, den US-Vizepräsidenten, noch heute für seine Dienste gut bezahlt. Laut eines vor Beginn des Irak-Krieges im Weißen Haus geschlossenen Vertrags darf Halliburton die irakischen Förderanlagen reparieren, anschließend "betreiben" und das Öl "verteilen" - mit Gewinn, versteht sich. Profitbeschaffer Bush hat inzwischen eine "Freihandelszone" nach dem Vorbild der EU gefordert, die sowohl alle erdölproduzierenden arabischen Länder als auch die USA umfassen soll. Wie praktisch. Da fiele das irakische Öl gewissermaßen in die Kategorie US-Inlandsgeschäft. Schorsch Dabbeljuhs zu Unrecht belachte Feststellung, derzufolge "ein großer Teil der amerikanischen Importe aus dem Ausland" komme, erführe dann eine späte Rechtfertigung. Wie man hört, soll bewaffneter Straßenraub, sofern von Privatpersonen begangen, in den USA aber doch noch unter Strafe stehen. Wie beruhigend.
Erschienen in Ossietzky 10/2003 |
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