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Für gerechten Frieden in Palästina
von Fanny-Michaela Reisin
»Das Land der ältesten Kulturen, der Bögen und Arkaden, der
vergoldeten, blau und türkis gefärbten Kuppeln und Türme, der
Dattelpalmen und Olivenbäume, der Poesie und Lyrik, dieses Land sieht mit
Schrecken den Tod seiner Einwohner, seien sie Araber, Kurden, Chaldäer,
Assyrer, Armenier oder Palästinenser im Irak.« Das waren die mahnenden
Worte unserer Freundin Sumaya Farhat-Naser aus Palästina am 15. Februar
bei der großen Antikriegsdemonstration in Berlin.
Heute bangen wir, die wir im Orient geboren wurden, ungeachtet unserer religiösen,
nationalen und kulturellen Unterschiede gemeinsam um die Zukunft unserer levantinischen
Wiege. Stritten wir nicht gestern noch über eine neue Ordnung, über
Demokratie und Menschenrechte in unserem geliebten Morgenland? Waren wir uns
nicht darüber einig, daß Saddam Hussein ein skrupelloser Diktator
war, König Fahd Bin Abdul Aziz von Saudiarabien ein antidemokratischer
Religionsfanatiker und Ariel Scharon ein rechtsextremer Nationalist? Am 20.
März um 3.45 Uhr wurden mit dem Angriff der US-amerika nischen und britischen
Streitkräfte auf Irak alle unsere Debatten untereinander außer Kraft
gesetzt. Nichts, was vorher geschehen war, auch nicht Saddam Husseins Skrupellosigkeit,
rechtfertigte die Bombardements und die vielen soge-nannten Kollateraltoten,
die wir trauernd beklagen. Angesichts dieser Asymmetrie war auch unsere Kritik
an Saddam Hussein zum Schweigen verurteilt. Wir erklären: Freiheit &
Democracy unter der Ägide einer American-British Petrol Company wird von
Demokratinnen und Demokraten im Nahen Osten nicht geduldet werden.
Tausende Menschen jüdischer Herkunft in Israel und Europa, Zehntausende
in den USA sind aufgestanden, um gegen die zerstörerische Politik des Scharon-Regimes
und vor allem gegen die Besatzung Palästinas zu opponieren. »Nicht
in unserem Namen!« schreien wir all jenen entgegen, die unsere toten Vorfahren
und uns selbst für ihre höchst egoistischen Machtinteressen vereinnahmen,
wenn sie vorgeben, im Namen aller Juden zu handeln.
In den USA gibt es viele religiöse und weltliche Organisationen, ich nenne
nur »Justice and Peace« oder »Tikkun«, die gegen die
Okkupations- und Obstruktionspolitik der Bush- und Scharon-Administrationen
im Nahen Osten eintreten. In Europa gründeten im September des vergangenen
Jahres Vertreter 18 jüdischer und jüdisch/palästinensischer Friedensorganisationen
aus neun Staaten Europas die Föderation »European Jews for a Just
Peace (Europäische Juden für einen gerechten Frieden)«. Die
Föderation will mit einer anderen jüdischen Stimme den Regierungen
Europas helfen, die historisch begründeten Privilegierungsverträge
der EU mit der israelischen Regierung aufzukündigen, solange diese in so
flagranter Weise gegen die elementaren Grund- und Menschenrechte, gegen die
Prinzipien der Demokratie und vor allem gegen internationales Recht verstoßen.
Überflüssig zu sagen, daß alle genannten Organisationen auch
entschiedene Gegner des Irak- und jedes weiteren Krieges im Nahen Osten sind.
Ist es denkbar, daß in der gegenwärtigen israelischen Regierung überlegt
wird, das militärische Vorgehen in den besetzten Gebieten noch weiter zu
eskalieren? Schon Ende September 2002 warnten wir, 187 israelische Intellektuelle,
in einem Aufruf, daß »weitere Verbrechen gegen die Menschlichkeit,
bis zur vollständigen ethnischen Säuberung« zu erwarten seien.
Das Thema »Transfer« ist in Israel inzwischen Bestandteil der politischen
Debatte.
Mit Sitz in Paris hat sich ein »Internationales Komitee für den Schutz
des Palästinensischen Volkes« gebildet. Ziel ist ein Netzwerk von
nationalen Subkomitees, um im Notfall sofort gemeinsam reagieren zu können.
Das Deutsche Büro wird in der Internationalen Liga für Menschenrechte
beherbergt. Ich halte dafür, daß die Kriegsgegner in aller Welt für
die Lebensinteressen der Menschen im Orient und damit auch und nicht zuletzt
der dort lebenden Juden mehr bewirken als all jene, die auf militärische
Stärke setzen. Es wird in Zukunft nicht Frieden finden, wer nicht begreift:
Die Menschenrechte sind unteilbar.
Erschienen in Ossietzky 9/2003
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