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Ob dieser Auftrag erfüllt oder ob dieses Ziel ebenso verfehlt wurde wie das angebliche Ziel des Afghanistan-Krieges, Osama bin Laden zu verhaften, wissen wir nicht. Wir wissen überhaupt sehr wenig, vor allem über die Opfer. Diejenigen Journalisten, die sich zu Hunderten in die Panzertruppe der Aggressoren hatten "einbetten" lassen, vermittelten uns fast nichts außer ihrem Stolz dazuzugehören. Andere Journalisten waren von den USA aufgefordert worden, das Land zu verlassen, wie es die Beobachter der UNO taten. Wer der Aufforderung nicht folgte, riskierte sein Leben. Was dem Land und dem Volk angetan wurde, sollte uns möglichst verborgen bleiben. Das gelang. Die irakischen Medien wurden zerstört, aber deren Angaben (vor allem Fernsehbilder, die uns hätten beeindrucken können) hatten uns ohnehin nicht erreicht - unsere Konzernmedien interessieren sich nie für Angaben der anderen Seite; sie halten es nicht für ihre Aufgabe, uns eine eigene Meinungsbildung zu ermöglichen. Die Bush-Administration hat es dank eines Medienmoguls wie Rupert Murdoch, der in den USA, in Australien und Großbritannien eine Unzahl Zeitungen, Radio- und Fernsehsender beherrscht (ähnlich wie in Italien der ihm politisch nahestehende Berlusconi), kaum noch nötig, Rücksicht auf die Öffentlichkeit zu nehmen, sondern kann ihr jede noch so dreiste Lüge vorsetzen. Können wir unter solchen Umständen überhaupt noch von Öffentlichkeit reden? Und in Deutschland ist der Springer-Konzern Hauptverbündeter dieser ehrenwerten Gesellschaft. Vor anderthalb Jahren hat er seine Mitarbeiter sogar arbeitsvertraglich auf "Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten", also zu parteiischem Journalismus verpflichtet. Erstaunlich genug, daß sich im Februar/März weltweit eine Friedensbewegung wie nie zuvor entwickeln konnte. Wären die Medien nicht dermaßen vermachtet, dann - so wage ich zu behaupten - wären imperialistische Kriege wie dieser gegen den Irak längst nicht mehr möglich. Unmittelbar bevor die US-geführte Militärmacht über das zuvor durch die UN wehrlos gemachte Land herfiel, erfuhren die Bild-Leser: "Saddam erklärt uns Krieg". Am ersten Kriegstag schrieb Bild-Kommentator Franz-Josef Wagner: "Lieber Saddam Hussein, Ihr Tod würde den Krieg beenden." Am 28. März lautete die Schlagzeile: "Saddam läßt US-Kriegsgefangene hinrichten". Daß eine Überschrift auf Seite 2 fragte "Ließ Saddam sie hinrichten?" minderte den Effekt nur wenig. Was das Boulevardblatt auf die plumpe Art besorgte, trieb Springers Welt kaum anders. Um die Leser endgültig einzustimmen, erklärte ihnen Chefredakteur Jan-Eric Peters am 19. März: Es ist alles gesagt. Jedes Argument genannt... Heute geht es nicht mehr um die Frage nach Krieg oder Frieden. Heute zählen keine abgewogenen Argumente mehr. Den Krieg vor Augen gibt es für die freie Welt, für jedes Land und jeden einzelnen von uns nur noch eine Wahl: An der Seite der USA gegen Saddam oder nicht? Mit den Amerikanern oder gegen sie? Die Entscheidung der Welt steht fest." Auch die Bundesregierung ließ sich in ihrer Hilfsbereitschaft für die US-Aggression - darüber sollten wir uns nicht hinwegtäuschen lassen - außer von der britischen von keiner anderen Regierung übertreffen. Ein Beispiel ist die permanente Beobachtung des irakischen Luftraumes durch die Awacs-Maschinen, deren Entsendung mit der groben Lüge begründet wurde, ihr Auftrag bestehe darin, die Türkei vor einem irakischen Angriff zu schützen - als hätte der Irak die Türkei bedroht und als wäre er, nachdem die Angloamerikaner längst die Luftherrschaft über den Norden des Landes übernommen hatten, überhaupt in der Lage gewesen, der Türkei gefährlich zu werden. Fast unisono hatten deutsche Medien wochenlang unkritisch angebliche Beweise aus London und Washington verbreitet. So Bild am 6. Februar nach einem wochenlang angekündigten Auftritt des US-Außenministers Powell vor dem UN-Sicherheitsrat: "Terror-Beweise gegen Saddam - Jetzt Krieg?" Die FAZ bescheinigte Powell auf ihrer Titelseite, sein Auftritt sei "fulminant" gewesen - "beeindruckend an der Beweisführung war nicht der multimediale Präsentationseffekt, sondern ihre Breite." Hauptbeweismittel war ein Dokument, das Powell als "ausgezeichnetes Papier" mit "erlesenen Details" rühmte. Daß es eine zwölf Jahre alte studentische Hausarbeit war, konnten nur besonders kluge Köpfe einer Kurzmeldung entnehmen, die tags darauf links unten auf einer linken Innenseite der FAZ versteckt war. In Bild fand ich gar kein Dementi. Alle Begründungen für diesen Krieg waren erstunken und erlogen. Der Zynismus der Aggressoren ging zuletzt so weit, dem irakischen Präsidenten das "Ultimatum" zu stellen, er müsse innerhalb von zwei Tagen ins Exil gehen, wenn er die Aufforderung aber nicht befolge, werde der Irak trotzdem besetzt - denn von vorn herein war dies die einzige Absicht gewesen. Bezeichnenderweise sicherten die einmarschierenden Truppen von Beginn an nichts anderes als die Ölförderanlagen. Daß Ministerien ausgeraubt wurden, geschah gewiß nicht gegen den Willen der US-Administration - Spurenbeseitigung. Es sollte uns nicht überraschen, daß ähnliche Anschuldigungen wie gegen Saddams Irak jetzt gegen Syrien folgen. In der Welt am Sonntag hatte US-General Wesley Clark schon im Februar angekündigt, Syrien sei als nächstes Land an der Reihe, dann folge Iran. Und Washington spricht ja auch seit langem großzügig von der Neuordnung der "Region". Doch deutsche Staatsanwälte verfolgen jetzt Pazifisten, die den US-Präsidenten zutreffend charakterisiert haben, wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts - wohingegen es Bild und anderen Zeitungen selbstverständlich immer erlaubt war, Saddam Hussein als "Satan", "Irren", "Hitler" etc. zu titulieren. Was tun gegen die Desinformation? Vor allem: laut und deutlich Fragen stellen. Zum Beispiel: Was tun seit vielen Monaten die sogenannten Krisenreaktionskräfte (KSK) der Bundeswehr an der Seite von US-Truppen in den afghanischen Bergen? Sie sollen Terroristen dingfest machen. Haben sie noch keine gefunden? Falls doch: Was machen sie mit den Gefangenen? Oder ist die Devise wie einst unterm Kaiser: "Gefangene werden nicht gemacht"? Sonst müßten sie doch irgendwohin gebracht werden - nach Guantanamo? Der Bundestag läßt es sich gefallen, darüber nicht informiert zu werden. Lassen auch wir uns das gefallen? Und unentwegt sollten wir nach den Kosten fragen. Die vom Kanzler geplanten "Einschnitte" geben genug Anlaß dazu.
Erschienen in Ossietzky 8/2003 |
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