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Jüngst hat die bayerische F.D.P. angekündigt, sie wolle sich verstärkt des Themas Bildung annehmen. Verständlich. * Das Ausmaß unserer tatsächlichen Gefährdung durch den US-amerikanischen Krieg zu enthüllen, blieb freilich einem für den Nachschub zuständigen US-Obersten im Pentagon vorbehalten. "Wenn ich bedenke, was wir da alles durch die Luft sehr befreundeter Staaten schicken, kann ich nachts nicht mehr ruhig schlafen." Von Transporten mit abgereichertem Uran und nuklearen Gefechtsfeldwaffen, die "fast ausschließlich auf Flughäfen in Deutschland verladen werden" war die Rede. Jedenfalls in österreichischen Zeitungen. Aus Berlin hörte man dazu leider nichts - vermutlich einfach deswegen, weil der erwähnte US-Offizier auch noch mit den beruhigenden Worten zitiert wurde: "Wir beten ununterbrochen, daß wir keinen Absturz haben." Inzwischen vertraut wohl auch die Bundesregierung ebenso wie der Laienprediger im Weißen Haus auf die Kraft des Gebetes. Überdies äußerten die Amerikaner ihre Absicht, größere Städte zu umfliegen. Allerdings nur "soweit es geht". Im von den Überfliegern bekanntermaßen bevorzugt frequentierten Frankfurter Raum und in ähnlichen Ballungsgebieten ist solch hochherzige Rücksichtnahme leider nicht möglich. Da geht es halt nicht anders. Und wer auf dem Lande wohnt, hat im Falle eines Falles eben Pech gehabt. Daß sich die deutschen Medien dieses für Deutschland im Wortsinne brisanten Themas bisher nicht weiter angenommen haben, scheint verständlich. Wer will nach dem erfolgreichen Beschuß der Journalistenbüros in Bagdad amerikanische Kollateral-Abstürze auf unbotmäßige Redaktionen heute noch völlig ausschließen? Per Wahlöös Kultkrimi "Mord im 31. Stock" befaßt sich mit der gewaltsamen Disziplinierung nichtkonformer Journalisten. Inzwischen ist die Hemmschwelle bis auf die 15. Hotel-Etage gesunken. * Die Bundesregierung unterstützt den Plan der amerikanischen und britischen Kriegsherren, per Wiederaufnahme des Projekts "Öl für Lebensmittel" dem Irak nach dem Krieg "Aufbauhilfe" zu gewähren. Berlin weiß offensichtlich: Es gibt auch feinfühlige Mordbrenner. Die erlauben den überlebenden Opfern großmütig, nach dem Anschlag vom eigenen Geld irgendwie ihr Leben zu fristen. * Er "erwarte eine humane Behandlung der Kriegsgefangenen" durch den Irak, ließ sich Schorsch Dabbeljuh vernehmen. Hübsch, daß der offene Völkerrechts-verächter sich nun doch leise an die Genfer Konvention erinnerte. Auf die Frage, ob sich dieser Anspruch am "American Way of Humanity" bemessen lasse, wie er beispielshalber in Guantanamo an afghanischen Kriegsgefangenen praktiziert wird, war von der Berliner US-Botschaft leider keine Auskunft zu erhalten. * In Hamburg sorgt Giftgas-Ronny Schill für Recht und Gesetz. So ließ er seine Polizei zwölf- bis sechzehnjährige Teilnehmer einer Schülerdemonstration in Kessel sperren, verhaften und verprügeln. Die Innenbehörde stellte anschließend polizeiliche Gewaltexzesse gegenüber Demonstranten vehement in Abrede. Zugleich erhob die Hamburger Staatsanwaltschaft gegen drei Beamte Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung. Sie hatten als "Autonome" verkleidete Kollegen zusammengeschlagen. Daraus läßt sich messerscharf folgern: Hamburger Polizisten verprügeln ausschließlich Demonstrationsteilnehmer mit Dienstausweis. * Noch ein wenig Nachtarock: Schon während seiner Amtszeit hatte ich immer wieder öffentlich befürchtet, in Helmut Kohl ("Die Wirklichkeit ist ja doch eben anders als die Realität") werde der Kabarettistenzunft noch einmal eine übermächtige Konkurrenz erwachsen. Jetzt sind meine Albträume zur Realität, aber auch zur Wirklichkeit gediehen. Österreichweit war unlängst auf riesigen Plakaten zu lesen: "Kohl und Gorbatschow. Graz, Stadthalle, 16 h." Zunächst mochte man dies für einen gelungenen Werbegag heute modisch gewordener Politiker-Imitatoren halten. Der Zusatz "Moderation: Vera Russwurm" - sie ist die Wiener Version von "Fliege" - sprach jedoch für Authentizität. So war es denn auch: Beide Showtalente traten erstmals in persona gemeinsam öffentlich für Geld auf. Leider entsprach der Publikumszuspruch nicht ganz den Erwartungen. Die extra per Sonderzug angekarrten Jugendlichen aus ganz Ost- und Südosteuropa hatten die überaus preisgünstige Reisemöglichkeit lieber zu einer Zechtour durch die Grazer Szene-Beisln genutzt. So stellte es sich als höchst sinnvoll heraus, daß das Fassungsvermögen der Grazer Stadthalle per ausgeklügelter Mechanik erheblich zu reduzieren ist und dadurch der Eindruck übermäßig gähnender Leere bei diesem bisher welteinmaligen event weitgehend vermieden werden konnte. Aber sonst war es wirklich schön. Angefeuert von fetzigen Saxophonklängen gab besonders Kollege Kohl sein Allerbestes. Ehrenwort. Riesenerfolg hatte er vor allem mit einer aberwitzigen Lachnummer. Während hoch über den gegenwärtigen Kulturhauptstadt Europas am Grazer Uhrturm ein riesiges Transparent mit dem offiziellen Text "Stoppt Mars! Krieg ist Unkultur" fast die ganze Breite des Schloßberges einnimmt, konnte es sich Spaßvogel Helmut nicht verkneifen, diesen Tatbestand mit dem ihm eigenen, leicht kalauernden Witz zu kommentieren. Es gehe beim Krieg, sagte er, "um die Verteidigung der Menschenrechte, die im Irak verletzt werden." Chapeau. Wahrlich ein Altmeister des doppeldeutigen Wortspiels. Da muß man erstmal drauf kommen.
Erschienen in Ossietzky 8/2003 |
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