Kriegsverbrecher vor Gericht!

von Helmut Weidemann

Nach Afghanistan nun also Irak. Iran ist im Visier, Syrien bedroht. Was ist mit Libyen? Ägypten? Saudi-Arabien? Steht Nordkorea auf der Warteliste?

Die Gewalt hat jegliches Recht überwunden. Was schert die Täter ihre ehrwürdige Verfassung, was eine Genfer Konvention, was die Charta der UN?

Doch das Recht bleibt bestehen. Sein Imperativ gilt fort, seine Maßstäbe sind unverrückbar. Das Recht verlangt Genüge. Es nimmt die Welt in Pflicht, die Gesetzlosen zu stellen.

Vor Zeiten kannte man dafür ein probates Verfahren: Der Verletzte erhob das "Gerüfte", und die "Schreimannen" waren zu Hilfe wie Zeugenschaft verpflichtet. Wer sich außerhalb der Rechtsordnung gestellt hatte, war nach Gerüfte und Schreien "verrufen", "verschrieen".

Das haben wir Rechtsgenossen zu leisten. Wir sehen die Rechtsbrüche sonder Zahl: den unprovozierten, von der verfaßten Staatengemeinschaft nicht gebilligten Raubkrieg, den Einsatz völkerrechtlich geächteter Waffen wie Cluster-Bomben und "abgereicherte" Uran-Munition, die Angriffe auf zivile Ziele wie Märkte, Wohnviertel, Rundfunksender, zivile Versorgungseinrichtungen, die Einschüchterung der internationalen Pressevertreter durch Granatfeuer auf das Bagdader Hotel "Palestine". Wir sehen, wie Nordamerikaner und ihre armseligen britischen Helfershelfer Plünderung, Zerstörung und Willkür zulassen und damit ihre Ordnungspflichten im besetzten Land verletzen. Wir kennen die Drahtzieher, die Hetzer, die willfährigen Kommandeure. Ihre Taten müssen nun minutiös dokumentiert werden. Schreimannen in allen Ländern müssen das Unrecht beim Namen nennen. Und dann muß ausgelotet werden, wo Gerechtigkeit und Sühne zu finden sind: Wenn nicht in den zuerst berufenen USA, dann beim neu errichteten Internationalen Strafgerichtshof, vielleicht auch - Staatsraison hin und her - bei deutschen Strafverfolgungsbehörden. Und wenn sich alle Berufenen verweigern, müssen die rechtlich Denkenden aus aller Welt ein Tribunal errichten, mag es auch der Strafgewalt entraten. Das Unrecht muß benannt, seine Täter müssen "verrufen" werden. Sie sollten wissen, daß ihre Welt klein wird.

Das Recht kann gekränkt, verletzt, gestört werden. Zerstört werden kann es nicht. Sein Anspruch ist größer als seine Feinde, und er wird die Bush und Cheney, Rumsfeld, Wolfowitz und Perle überleben.

Erschienen in Ossietzky 8/2003