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Da durfte dann der eine Kommentator oder die andere Korrespondentin in den ersten Kriegstagen schon mal ein wenig vom Leder ziehen oder gar die offizielle Propaganda der Aggressoren hinterfragen (aber bitte nicht allzu kritisch). Der Reporter vor Ort äußert angesichts der zivilen Opfer des US-Bombardements bisweilen sein - vermutlich sogar ehrliches - Mitgefühl. Selbst gestandene Moderatoren bemühen sich gelegentlich, aus ihrer Abneigung gegen den Krieg keinen Hehl zu machen, und wer sich dazu nicht so recht traut, versucht halt, sie zwischen den Zeilen oder wenigstens mimisch anzudeuten. Anders als in der großen Propagandaschlacht im Krieg gegen Jugoslawien anno 1999 darf man heute sogar einigermaßen sachlich über Antikriegsproteste berichten. Schließlich sind jetzt ab und zu sogar Minister dabei! Anderes war den Medien ohnehin kaum übrig geblieben. Zu deutlich erkennbar ist diesmal der unverhüllte Zynismus der Warlords, zu unübersehbar die weltweite Wut und Empörung der Menschen über das im Irak begonnene Massaker für Öl, als daß hierzulande irgend jemand außer der unsäglichen Fa. Merkel & Co. auch nur den Versuch einer Rechtfertigung wagen oder ernsthaft von "Krieg gegen den Terror" und "Einsatz für die Menschenrechte" hätte schwadronieren können. Nach Hunderten empörter Zuschaueranrufe sahen sich die Berliner Fernsehstation ntv ("Unser Partnersender CNN") wie auch der Wiener ORF gezwungen, ihr bis dahin in die Berichte eingeblendetes Insert "Krieg gegen Saddam" durch ein der Wahrheit näherkommendes "Der Irak-Krieg" zu ersetzen. Die Bilder der von US-Raketen zerfetzten Kinder waren um die Welt gegangen; da hätte die Frage nahegelegen: Sind die "Kräfte des Bösen" Fünfjährige? Zur Einblendung des Textes "Krieg um Öl" konnten sich beide Sender freilich nicht entschließen; allzu viel Ehrlichkeit wäre nun auch wieder ungesund. Vorherrschend sind inzwischen Frontberichte der amerikanischen Propagandakompanien, die heute etwas moderner "embedded journalists" genannt werden. Ein wenig Kritik ist erlaubt; wer jedoch Kriegsverbrecher tatsächlich als Kriegsverbrecher bezeichnet, offenbart verwerflichen Antiamerikanismus. Es muß halt alles im Rahmen bleiben. Und das geht so: Während des US-Bombardements habe es auf einem Marktplatz in Bagdad "eine Explosion gegeben". Ob die dabei getöteten 55 Menschen "Opfer eines amerikanischen Luftangriffs wurden, ist noch offen" (Tagesthemen, 28.3.). Wer bombt denn da noch so alles auf Bagdad? Bei ntv war später sogar von einem "Anschlag" die Rede. Keimt da nicht beim biederen Bild-Konsumenten ein bohrender Verdacht: Sollte der hinterhältige Saddam am Ende selber...? Wenn nach dem Krieg die Wahrheit herauskommt, war es halt wieder mal ein bedauerlicher Kollateralschaden - traurig, aber nicht zu ändern. 1999 hatten die Medien noch versucht, den minutiös geplanten amerikanischen Angriff auf einen Flüchtlingstreck bei Djakovica (Ergebnis des Massakers: 38 Tote) zunächst - unvorsichtigerweise wörtlich - "den Serben" in die Schuhe zu schieben. Hinterher war man blamiert. Das soll sich nicht wiederholen. Unterschwellig geht es doch auch. Der Fernsehzuschauer muß schon sehr genau hinhören, um zu merken, wenn ans Unterbewußtsein appelliert wird. Beispiel: In einer aufgegebenen Stellung der Iraker werden laut Off-Text Gasmasken und Schutzanzüge entdeckt. Eine einzige uralte Weltkrieg-II-Maske wird im Bild gezeigt. "Die Kurden werten das als Beweis dafür, daß der Irak plant, Chemiewaffen einzusetzen" (Tagesschau, 28.3.). Schon drei oder vier Tage früher hatten die US-Truppen 200 Gasmasken erbeutet und den Kriegsberichterstattern ebenfalls als Beleg für die akute Gefahr irakischer Giftgaseinsätze präsentiert. Gesendet wurde diese Nachricht nebst Schlußfolgerung ohne Kommentar. Nun sind - wie am ersten Kriegstage ausführlich in Wort und Bild berichtet - alle 300 000 Bush-Krieger mit hochmodernen Gasmasken ausgerüstet, von deutschen Spürpanzern und tschechischen ABC-Waffen-Spezialtrupps gar nicht zu reden. Wäre da nicht nach gleicher Logik zu folgern, die USA planten ihrerseits den Chemiekrieg? (Was Rumsfeld ausdrücklich bei entsprechender Kriegslage nicht ausschließen möchte.) Die paar erbeuteten irakischen Gasmasken beweisen also - gar nichts. Weil das die deutschen Redakteure natürlich wissen, überlassen sie die Wertung lieber locker "den Kurden" oder nicht namentlich genannten "US-Stellen". So geraten sie selbst nicht in den Ruch unseriöser Kriegspropaganda, können jedoch das mühsam aufgebaute Feindbild prima unterschwellig bedienen: Irak ...? Chemiewaffen ...? Beweis! - das wird schon irgendwie in den Köpfen hängenbleiben. Kein Wort im Fernsehen darüber, daß Mary Cheney, die Tochter des US-Vizepräsidenten und Hauptkriegsvorbereiters Dick Cheney, sich auf den Weg nach Bagdad gemacht hat, um dort als menschliches Schutzschild gegen den Krieg zu protestieren. Um niemandem Unrecht zu tun: Möglicherweise halten unsere Nachrichtengeber ihre gegenwärtige Arbeitsweise, gemessen an den seinerzeit kritiklos gesendeten Greuel-Lügen des weiland Rudolf Scharping, tatsächlich für das Äußerste, was an objektiver Berichterstattung machbar ist. Vom Regierungsstandpunkt könnten sie da sogar recht haben. * Als gelernter Juso beherrscht Schröder die Doppelstrategie aus dem Eff-Eff. Lauthals verkündend, Deutschland wolle "bei diesem Krieg nicht mitmachen", weigert er sich nicht nur, die deutsche De-facto-Kriegbeteiligung via Awacs, Fuchspanzer, Bereitstellung und Sicherung von Angriffsbasen dem Gesetz entsprechend einzustellen, er weitet sie im Gegenteil demonstrativ aus. (Vielleicht kriegen dann später bei der Beuteteilung deutsche Konzerne doch noch etwas ab?) Raketenbestückte deutsche Schnellboote sollen jetzt im Mittelmeer den direkten bewaffneten Schutz der amerikanischen und britischen Invasionsflotte übernehmen. Wenigstens zur See will der Friedenskanzler ein wenig mitmachen dürfen. Es müssen ja diesmal nicht gleich Panzerkreuzer sein wie 1928, als die SPD mit dem Slogan "Für Kinderspeisung, gegen Panzerkreuzer!" die Wahl gewonnen hatte, um danach postwendend den Bau eben dieser Schlachtschiffe zu betreiben. Vermutlich wird Schröder deutschen Fußballfans nun auch noch eine sensationelle neue Abseitsregel verkünden: Wer nur in der Hintermannschaft agiert, spielt gar nicht mit! - Für wie blöd hält er die Nation eigentlich? Es gibt Staaten in Europa, da dürfte man in solcher Situation gespannt sein, welche Minister oder Staatssekretäre nun als erste unter Protest zurücktreten. Na, Heidi?
Erschienen in Ossietzky 7/2003 |
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