Militärisch-kommerzieller Komplex

von Peter Söhren

Die dichte Verflechtung von Geschäft und Politik, besonders Kriegspolitik, ist in vielen Staaten, die sich demokratisch nennen, wahrhaftig nichts Neues, aber die derzeitige Führungsmannschaft in den USA stellt in dieser Hinsicht denn doch einen Extremfall dar. Nun hat sie dabei einen kleinen Betriebsunfall zu bewältigen: Richard Perle, bisher Vorsitzender des "Defense Policy Board", das den Kriegsminister Donald Rumsfeld berät, mußte von seinem Amt zurücktreten (s. Ossietzky 6/02, S. 183ff.). Es war in die Öffentlichkeit gedrungen, daß er der Te le kommunikationsfirma Global Crossing, die an ausländische Investoren über eignet werden sollte und dafür die Genehmigung der US-Regierung braucht, mit seinen politischen Beziehungen zur Hilfe kommen und dafür mehr als 700000 Dollar einstreichen wollte.

Richard Perle, kürzlich noch bei deutschen Medien als "weltpolitischer Vordenker" herumgereicht, ist seit Jahren einer der einflußreichsten Verfechter des kriegerischen Unilateralismus, das heißt: selbstherrlicher weltweiter Militärschläge der USA, ohne Rücksicht auf völkerrechtliche Hemmungen. Als Antreiber für den Krieg gegen den Irak, dem er einen "Bitzerfolg" voraussagte, hat er sich besonders hervorgetan, und bei Kriegsbeginn jubelte er über den Schaden, der damit den Vereinten Nationen zugefügt wurde: "Danken wir Gott für den politischen Tod der UNO".

Auf die Beraterleistungen von Richard Perle muß das Pentagon auch in Zukunft nicht verzichten: Er bleibt Mitglied der intimen kleinen Denkfabrik von Donald Rumsfeld - "ein weiterhin einflußreiches", meinen sachverständige US-Journalisten. Und in Armut wird der Mann auch nicht geraten; er ist zur Zeit sehr beschäftigt als Aquisiteur für US-Unternehmen, die im irakischen Trümmerfeld profitable Aufträge übernehmen möchten und dafür auch die Hilfestellung der Administration in Washington brauchen.

Bezahlen sollen das andere, wie Donald Rumsfeld vor dem US-Kongreß darlegte - irakisches Vermögen soll dafür herangezogen werden, und die "Ressourcen der Internationalen Gemeinschaft", so Rumsfeld wörtlich, will man "anzapfen". Die US-amerikanische Regierung trifft jetzt Vorsorge, daß ihrer Klientel beim Nachkriegsgeschäft im Irak nicht konkurrierende Firmen in den Weg kommen. Eines der ersten Unternehmen, das regierungsamtlich mit der Vorbereitung von "Wiederaufbauarbeiten" nach dem Sieg über Saddam Hussein beauftragt wurde, ist die Großfirma Halliburton. Sie ist vor einigen Wochen noch wegen Bilanzfälschungen angeklagt worden, aber sie hat einen Vorzug aufzuweisen: Der jetzige US-Vizepräsident Dick Cheney war dort bis zum Jahre 2000 Vorstandsvorsitzender, und Halliburton hat langjährige Erfahrungen in der Kooperation mit dem Militär.

Aus dem militärisch-kommerziellen Komplex kommt auch Jay M. Garner, der als Zivilgouverneur für den Irak im Gespräch ist, als Assistent von Tommy Franks, der dort vermutlich Militärbefehlshaber wird. Garner war Drei-Sterne-General und dann Firmenchef in der Hightech-Waffenindustrie. Seine Aufgabe im Irak wird vor allem darin bestehen, die dortige Ölförderung unternehmerisch so zu steuern, daß sie "Kapitalabfluß in die Dollarzone" erbringt, wie Karl Grobe in der Frankfurter Rundschau es formuliert. Der "Befreiungs"-Schlag soll sich schließlich lohnen - für die Rüstungsbranche wie für die ölwirtschaftlichen Firmen in den USA. Deren Bündnis für Profit bildet die Grundlage der jetzigen Regierung in den Vereinigten Staaten.

Erschienen in Ossietzky 7/2003