Horst Schäfer, Zwei Kriege

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Zwei Kriege

Hinter dem Nebelvorhang von Kriegsgeschrei und Super-Patriotismus versuchen der US-Präsident und seine Paladine, ihre Politik im Innern zu Gunsten der Milliardäre sowie zu Lasten der Benachteiligten und Armen noch zu verschärfen. So forderte Bush vom Kongreß nicht nur die Genehmigung von 74,7 Milliarden Dollar für die erste Phase des Interventionskrieges gegen Irak (dessen Gesamtkosten mit den Folgekosten für die nächsten zehn Jahre schon auf unvorstellbare 2000 Milliarden Dollar beziffert werden), sondern legte Ende März auch einen Haushalt vor, der in einem Steuernachlaß für die Superreichen in Höhe von mehreren Hundert Milliarden Dollar gipfelt. Sowohl Kriegskosten als auch Steuergeschenke müssen selbstverständlich irgendwie finanziert werden. Das geschieht unter anderem mit der Streichung von 93 Milliarden Dollar im Gesundheitswesen. Auch an der Erziehung, am Schulessen für Bedürftige werden zweistellige Milliardenbeträge gestrichen, weitere Milliarden am Umweltschutz. Insgesamt, so die New York Times, seien das die umfangreichsten Kürzungen in der Geschichte der USA. Die Regierung führe in Wirklichkeit zwei Kriege: "einen gegen Irak und den anderen gegen die Vorstellung von einer humanen und verantwortlichen Regierung hier zu Hause". Das werden selbst die Soldaten zu spüren bekommen, die aus dem Krieg zurückkehren. Die Soldaten- und Kriegsinvalidenrenten sowie weitere Zuwendungen für Veteranen sollen laut Bush-Haushalt um 14,6 Milliarden Dollar gekürzt werden, was die Zeitung Boston Globe zu der Feststellung veranlaßte: " Die Botschaft ist: Gott schütze unsere Truppen, wenn sie den Kugeln ausweichen - und Gott hilf ihnen, wenn sie nach Hause kommen."

Angeblich unterstützt immer noch eine Mehrheit der US-Bürger den Krieg - zumindest in Umfragen. Doch die Proteste gegen die Aggressionspolitik der Regierung werden lauter und schärfer. Zu den neuen Tönen gehört auch die Forderung, das Steuernzahlen zu verweigern, solange der Krieg andauert. Mehr als 150 Wirtschaftswissenschaftler warnten vor den unbezahlbaren Kriegskosten. Der Kongreßabgeordnete Jesse Jackson (Demokraten) verurteilte die Kriegspolitik als "Kanonenboot-Diplomatie". Am letzten Märzwochenende fanden wieder hunderte Protestaktionen statt. Vor 2000 Sympathisanten der Demokratischen Partei outete sich der Kongreßabgeordnete Dennis Kucinich (Ohio), einer der Bewerber der Demokraten für das Präsidentenamt 2004, als Kriegsgegner. Er warnte vor den "verheerenden Konsequenzen des Krieges" für das eigene Land und forderte die Revision der Bush-Politik, die die USA gleichzeitig "zum Polizisten, Richter, Geschworenengericht und Henker" mache. Für den Fall, daß er von der Demokratischen Partei als deren Kandidat gewählt wird und ins Weiße Haus einzieht, versprach der ehemalige Bürgermeister von Cleveland umfassende Gesundheitsfürsorge für alle US-Bürger, die Abschaffung der Todesstrafe, vollständige nukleare Abrüstung und die Schaffung eines Friedens-Ministeri-ums, das gewaltfreie Lösungen für nationale und internationale Probleme unterstützen soll. Noch sind seine Chancen, Bush abzulösen, nicht sehr groß...

Bei einer der nahezu täglichen Unterrichtungen der Presse im Weißen Haus wurde Präsidentensprecher Ari Fleischer gefragt, ob sich der Präsident eigentlich seiner Verantwortung "für den Tod von Unschuldigen, von irakischen Müttern und Vätern und Kindern" bewußt sei. Fleischer antwortete: Gerade weil Bush sich darum "Sorgen" mache, "arbeiten der Präsident und das Verteidigungsministerium so sorgfältig zusammen, und wir haben solch ein modernes Militär, das fähig ist, Präzisionsangriffe zu führen, so daß die Ziele wirklich die militärischen Ziele sind". Als ein anderer Journalist sagte, Irak werde durch die USA zerstört, empörte sich Fleischer: "Das muß ich korrigieren, daß der Irak durch die US-Bomben zerstört wird. In Wirklichkeit wird der Irak befreit - als Ergebnis der Opfer unserer Soldaten und Soldatinnen bei der Entwaffnung des Hussein-Regimes. Und keiner sollte diese Tatsache aus den Augen verlieren." Die Art, wie die Journalisten fragen, reflektiert die Stimmung im Lande. In den Antworten wird zunehmend die zynische Haltung der Regierung erkennbar.