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Oktober 2002, als Republikaner und Demokraten einem Ermächtigungsgesetz zustimmten, das die Entscheidung über Krieg und Frieden dem Parlament wegnahm und einem Präsidenten Bush übertrug. Obwohl damals längst klar war: Er würde das Land in den Krieg stürzen, auch ohne Gründe, auch ohne UNO, auch ohne Verbündete. Was für eine kümmerliche "Koalition der Willigen" hat er auf seine Seite gebracht, von England bis Mikronesien, und keine einzige "willige" Regierung hat die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich. Im Gegenteil: Man möchte nicht in der Haut von Blair oder Aznar stecken. Was wird mit ihnen geschehen, wenn die Wut ihrer Bevölkerung sie wegjagt? Und was ist aus den Vereinigten Staaten von Amerika geworden, "einem wunderschönen Land mit einer großartigen Verfassung?" So hat es Robert C. Byrd genannt, der seit 1959 im amerikanischen Senat sitzt und heute sein Nestor ist. Am Abend vor dem Krieg hat er dort ein letztes Mal gewarnt: "Rund um den Erdball begegnen unsere Freunde uns mit Mißtrauen... Wenn der Krieg zu Ende ist, werden die Vereinigten Staaten weit mehr als den Irak wiederaufzubauen haben. Wir werden Amerikas Ansehen rund um den Erdball wiederherstellen müssen... Heute weine ich um mein Land." Ein Land, in dem ein riesiges Spitzelsystem aufgebaut wird. Eine Regierung, die ihren Außenminister Colin Powell Fälschungen im Sicherheitsrat vortragen läßt, um andere Länder zum Krieg anzustiften. Ein Parlament, das per Gesetz einen möglichen Überfall auf die Niederlande legitimiert, falls vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag amerikanische Staatsbürger wegen Kriegsverbrechen vorgeführt werden. Ein Präsident, der ein Gesetz vorbereitet, mit dem Amerikanern die Staatsbürgerschaft aberkannt werden kann, wenn sie verdächtig sind, "terroristische Organisationen" unterstützt zu haben. "Die Vereinig ten Staaten sind auf das unterste Niveau ihrer moralischen und politischen Führerschaft in den Vereinten Nationen gesunken", klagte William Pace, Chef der internationalen Allianz von Nicht-Regierungsorganisationen. Vor ein paar Tagen sah ich das Foto einer Schülerin in der Zeitung. Sie hielt ein Transparent hoch: "Wenn ich Bush mit Hitler vergleichen dürfte..." Was dort weiter stand, habe ich nicht mehr in Erinnerung, denn ich war fasziniert von den ersten Worten: Das Mädchen hat ja recht, wir haben ein Tabu erlassen. Hitler ist tabuisiert als unvergleichbares Monster. Damit seine Verbrechen nicht verharmlost werden, wird er über jeden Vergleich erhoben. Aber bevor Hitler Gaskammern bauen ließ, beseitigte er erst einmal die Demokratie in Deutschland. Dazu diente ein "Ermächtigungsgesetz", das am 23. März 1933 im Deutschen Reichstag von Demokraten und Nichtdemokraten beschlossen wurde. Dazu beschimpfte Hitler den "Völkerbund" als "Schwatzbude". Die Freiheitsrechte wurden immer weiter verringert, die "Schutzhaft" eingeführt, wir haben das alles nicht vergessen. Und das sollten wir nicht vergleichen dürfen mit anderen gesellschaftlichen Entwicklungen? Hat Bush kein Ermächtigungsgesetz durchgesetzt? Hat er die UNO nicht beschimpft und "verstümmelt", wie Senator Byrd ihm vorwarf? Hat er nicht gegen jedes Völkerrecht in Guantanamo ein illegales Straflager einrichten lassen? Bush ist kein Hitler, er wird keine Gaskammern bauen und keine Juden verfolgen. Aber ein "demokratisch gewählter Präsident" ist er nicht, und niemand weiß, wohin sein Weg gehen wird. Unter Bush gibt es das Amerika Roosevelts, das Europa befreien half, nicht mehr. Statt sich willig dem Oberbefehl des Pentagon unterzuordnen und gegen Bagdad zu marschieren, wehren sich Millionen Menschen in allen Erdteilen gegen den Krieg und gegen die Weltherrschaftsansprüche der USA: Wir erleben eine Demokratisierung der Welt wie nie zuvor. Die Vereinten Nationen sind gestärkt, der Sicherheitsrat hat ein hohes Ansehen gewonnen, die armen Länder der Dritten Welt haben sich ihre Stimme gegen den Krieg nicht durch die angebotenen Milliarden Dollar abkaufen lassen, das Selbstbewußtsein der Europäer ist enorm gewachsen. Das alles hilft den bombardierten Menschen im Irak heute und morgen so wenig wie den schlotternden Kriegsgefangenen aus Texas und den angsterfüllten GIs im Wüstensturm. Vielleicht verkürzt es den Krieg. Aber was danach kommt, ist nun nicht mehr so hoffnungslos.
Erschienen in Ossietzky 7/2003 |
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