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Als Meßdiener, Chorknabe und Schüler der Benediktinerabtei Lambach (Oberösterreich) wurde er so nachhaltig religiös sozialisiert, daß er zeitlebens für "seinen Kampf" sich mühelos Bibelverse, Bekenntnisstücke und Elemente des Ritus zunutze machen konnte (s. Werner Reichelt: "Das braune Evangelium. Hitler und die NS-Liturgie", Peter Hammer Verlag 1990). Er sah sich als Johannes den Täufer, der "vereinsamt als Prediger in der Wüste" gekommen war, "um sein Volk aus der Not der Weimarer Republik zu erlösen" (8.11.1942), und wurde ein "Asket" wie sein Vorbild, auch wenn er sich nicht nur "von Heuschrecken und wildem Honig" ernährte. Zur Beschreibung seines Lebens übernahm er Aussagen des Neuen Testaments über Jesus, z.B. daß er wie dieser dreißig Jahre alt werden mußte, um "öffentlich" aufzutreten ("Politiker zu werden"), oder daß ihm anfänglich "vollständige Nichtbeachtung" zuteil wurde wie dem Propheten Jesus, der "im eignen Lande nichts galt": "Ich bin in meinem Leben oft Prophet gewesen, und ihr habt mir nicht geglaubt, sondern mich verlacht und verspottet." (26.2.35) Solche Reden, mit religiösen Vokabeln durchsetzt, kamen gut an, vor allem in dem protestantisch geprägten Bürgertum, wo man, nach dem Verlust des Kaisers als "summus episkopus", auf ein neues Oberhaupt wartete. Deshalb ließ Hitler sich nach 1933 zum "Heiland der Deutschen" herausputzen, der mit "unserem Herrgott" oder "dem Allmächtigen" oder, so am häufigsten, mit "der Vorsehung" auf Du und Du stand, die ihn "mit traumwandlerischer Sicherheit" seinen Weg gehen lasse (14.3.36), "weil der Allmächtige gerade mich ausersehen hat, den Kampf für Deutschland führen zu dürfen" (24.3.36). So wie er sich als "Auserwählter" der "Vorsehung" ausgab, so sollte auch "sein" Volk, die Deutschen, das auserwählte "Volk der Arier" sein, die die "Weltgeschichte in neue Bahnen lenken sollten", weil im "Lande der Dichter und Denker" die "hohen Werte der Menschheit besonders tief verankert" seien: "Der Allmächtige hat uns diesen wunderbaren Weg gehen lassen und wird uns weiter segnen. Denn wir kämpfen hier für ein höheres Recht, für eine höhere Wahrheit und für einen höheren menschlichen Anstand." (10.9.37) Wer aber nicht zu dem "arischen Volk" gehörte oder wer den "wunderbaren Weg" der Nazis nicht mitgehen wollte, der gehörte zu dem "bösen Weltfeind", der, wie die "alte Schlange" oder der "Drache" aus der Johannes-Offenbarung für mindestens tausend Jahre in den Abgrund gestoßen und dort angekettet wird: "Es wird die Stunde kommen, da der böseste Weltfeind aller Zeiten wenigstens auf ein Jahrtausend seine Rolle ausgespielt haben wird", so seine Prophezeiung am 30.1.42. Zu dieser Zeit hatte er längst begonnen, den "Kampf für ganz Europa und damit für die ganze zivilisierte Menschheit" gegen die "bösesten Weltfeinde" zu führen. Es war ein Glaubenskampf, den er bewußt in die Geschichte der christlichen Glaubenskämpfe, der Kreuzzüge, stellte. Deshalb nannte er den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion "Unternehmen Barbarossa". In seiner Rede am 30.1.43 erklärte er dazu: "Einst zogen deutsche Ritter in weite Fernen, um für das Ideal ihres Glaubens zu streiten, heute kämpfen unsere Soldaten in der Unendlichkeit des Ostens, um Europa vor der Vernichtung zu bewahren." Die Kirchen schlossen sich diesen Auffassungen an, und ihre Prediger, insbesondere ihre Militärseelsorger, mühten sich, daß auch der kleinste Soldat bereit gemacht wurde, für diesen "überaus herrlichen und ganz großen Kampf" zu verrecken (so der katholische Bischof Gröber 1942). Hitler blieb bis zu seinem Ende steuerzahlendes Mitglied der katholischen Kirche, obgleich er für die Zeit nach dem "Endsieg" wenig Gutes für sie im Schilde führte (vgl. Werner Jochmann: "Hitlers Monologe im Führerhauptquartier", 1980). So aber ordnete der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Bertram, nach Hitlers Tod für alle Kirchen seiner Erzdiözese Breslau ein feierliches Requiem an, das nur wegen der Kapitulation nicht zustande kam. * George W. Bush, 1946 geboren, wuchs in einer Familie auf, die ursprünglich zur Episkopal-Kirche gehörte, einer der etwa 1000 christlichen Denominationen in den USA. Die Familie Bush trat zur Presbyterianer-Kirche über, ohne daß Sohn George W. besonderes geistliches Interesse entwickelte. Seit seiner Heirat 1977 besuchte er die Heimatkirche seiner Frau Laura, die Methodistenkirche. In der Folgezeit verfiel er dem Alkohol, seine Ehe drohte zu scheitern. Da traf er mit seinem alten Freund Don Evans zusammen, der ebenfalls Probleme hatte: Beruflich kam Evans in seinem Job in der Ölindustrie nicht mehr zurecht. Abhilfe versprach er sich von regelmäßigem Bibelstudium. Dorthin nahm er Bush mit. Zwei Jahre lang lasen beide gemeinsam mit ihren Frauen die Bibel, besonders das Lukas-Evangelium und die Apostelgeschichte. Zugleich wurden sie mit den Grundzügen des christlichen Fundamentalismus vertraut gemacht, der in jenem Bibelkreis vertreten wurde: Danach besteht die Welt aus Guten und Bösen. Die "born-again"-Christen sind von Gott erwählt und haben die Aufgabe, das Böse in der Welt in jeder Gestalt zu bekämpfen und auszurotten. Durch den Freund der Familie Bush und Kriegsberater des Weißen Hauses seit fünf Jahrzehnten, Billy Graham, wurde George W. Bush anläßlich seines 40 Geburtstages nicht nur in seinem Fundamentalismus bestärkt, sondern zugleich auch in dem Vorsatz, mit dem Alkohol zu brechen und sich dem Vorbild Jesus zuzuwenden (mit dem Erlösungsschrei "Good bye Jack Daniels. Hello Jesus"). Der Präsidentenberater David Gergen weiß: "Er ist überzeugt, daß die Vorsehung intervenierte und sein Leben änderte, und nun findet er sich irgendwie als Instrument der Vorsehung." Nach dem zweijährigen Bibelstudium, in dem Bush viele fromme Sprüche gelernt hatte, und nach der anschließenden "Bekehrung" hatte er nach Ansicht seines Freundes Karl Rove, eines Managers aus der Tabakindustrie, eine genügend breite Grundlage, auf der man eine Polit-Karriere aufbauen könne. Und so geschah es. George W. Bush wurde zunächst Gouverneur in Texas und 2000 durch "Staatsstreich" (Michael Moore: "Stupid White Man", Piper Verlag 2002) Präsident der USA. In seinem Kabinett und Beraterstab versammelt der neue Präsident etliche andere "Wiedergeborene" um sich: Justizminister John Ashcroft, einen Prediger der Pfingstler-Kirche, der gleich nach Amtsantritt für seine Mitarbeiter die tägliche Morgenandacht einrichtete, sich ansonsten um die Ausweitung des Waffenbesitzes und des Tabakgenusses kümmert und gegen die Abtreibung kämpft, wenn er nicht gerade geistliche Lieder schreibt; Wirtschaftsminister Don Evans (s.o.); Karl Rove; Chefredenschreiber Michael Gerson, einen Absolventen des Wheaton College, der führenden fundamentalistischen Schule des Landes; Condoleezza Rice, Tochter eines reformierten Predigers, jetzt Beraterin für Nationale Sicherheit, die nicht nur für die Interessen der Ölindustrie sorgt, sondern auch dafür, daß bei besonderen Anlässen das passende Bibelwort gefunden wird, z.B. kürzlich beim Astronautenunglück (sie fand Römer 5.3 ff : "Trübsal bringt Geduld"). Mit diesen feiert der Präsident seine Bibelstunden im Weißen Haus und eröffnet die Kabinettssitzungen mit Gebet. Das Geschehen am 11. September 2001 wurde für alle insofern zu einem Glücksfall, als nun die fundamentalistischen Grundüberzeugungen als Erklärungsmuster für das Weltgeschehen öffentlich gemacht werden konnten und der Präsident vom Kongreß ermächtigt wurde, sie militärpolisch umzusetzen. Damit ist der Bibelkreis des Weißen Hauses seitdem beschäftigt. Inzwischen läuft der Kreuzzug gegen das Böse in der Welt, das sich gerade immer dort festgesetzt hat, wo wertvolle Rohstoffe liegen oder sonstige Interessen der US-amerikanischen Wirtschaft berührt sind. * Unverzichtbare Anmerkung betr. "Kreuzzüge": Im Jahre 1095 trieb Papst Urban II. die christlichen Völker an, die "Heiligen Stätten" im "Heiligen Land" aus den Händen der (islamischen) "Ungläubigen" zu "befreien". Mit dem Schlachtruf "Gott will es" näherten sich die christlichen Heere 1099 Jerusalem. In dem Bericht eines christlichen Augenzeugen wird geschildert, wie das fromme Werk vollendet wurde: "Bald flohen alle Verteidiger durch die Stadt, und die Unsrigen folgten ihnen,... sie tötend und niedersäbelnd, bis zum Tempel Salomos, wo es ein solches Blutbad gab, daß die Unsrigen bis zu den Knöcheln im Blut wateten... Bald durcheilten die Kreuzfahrer die ganze Stadt und rafften Gold, Silber, Pferde und Maulesel an sich; sie plünderten die Häuser, die mit Reichtümern überfüllt waren. Dann, glücklich und vor Freude weinend, gingen die Unsrigen hin, um das Grab unseres Erlösers zu verehren." (W. Zöllner: "Die Geschichte der Kreuzzüge") Der bis heute hochverehrte Heilige Bernhard von Clairvaux meinte dazu, die Heiden niederzumachen und auszurotten sei "die vornehmste Aufgabe all jener, die das Waffenhandwerk gewählt haben". Den Nachfahren der damals Besiegten aber prägte sich im kollektiven Bewußtsein tief ein, von welcher Art diejenigen Christen sind, die aus Glaubensüberzeugung fremde Länder überfallen; sie haben auch nicht vergessen, daß im 3. "Kreuzzug" der christliche Kaiser Barbarossa ums Leben kam und erst nach dem 7., etwa 200 Jahre nach dem 1., der christliche Terror bei ihnen ein Ende fand. Sie wissen aber auch: Heute geht alles schneller.
Erschienen in Ossietzky 7/2003 |
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