Bundeswehr auf der Buchmesse

von Daniela Dahn

Armeen gehorchen normalerweise den Befehlen ihrer Regierungen. Im Kosovo und in Afghanistan hat die Bundeswehr auf Geheiß der Bundesregierung dazu beigetragen, Krieg als Mittel der Politik wieder zu legitimieren, politisches Denken zu militarisieren. Als diese Logik von Amerika aus auf den Irak übertragen wurde, hat der Kanzler aber als einer der ersten begriffen, wohin diese Eskalation führt, und sich als lernfähig erwiesen, was zu respektieren ist.

Hat die Bundeswehr diesen Lernprozeß mitvollzogen? Gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung hat sie ein Spiel entwickelt, das angeblich dazu beitragen soll, Jugendliche dafür zu sensibilisieren, wie in internationalen Krisensituationen zu entscheiden ist, um Gewalt zu vermeiden. Welchen Charakter dieses "Spiel" tatsächlich hat, kann ich nicht beurteilen. Daß aber auf einer Buchmesse, die unter der Schreckstarre eines ausbrechenden Krieges stattfindet, dem Militär, das nachweislich und gottlob keine Bücher schreibt, einer der größten Stände eingeräumt wird, ist von befremdlicher Symbolik.

Auf Nachfrage erklärte mir Projektleiter Oliver Zille, daß man das Problem auch sehe, aber, genau wie die Frankfurter Buchmesse, keinen Grund gesehen habe, der Bundeswehr die Bitte nach einem Stand auszuschlagen, da auch andere Bildungsträger, die nicht Bücher sondern Software oder Rollenspiele anböten, Aussteller seien.

Das Militär als Friedenspädagoge? Auf meine Frage, ob das Erziehungsziel durch einen Messestand der fünf deutschen Friedensforschungsinstitute nicht besser zu erreichen wäre, reagierte Herr Zille erfreut und versprach, für das nächste Jahr einen solchen Stand anzuregen.

Erschienen in Ossietzky 6/2003