Werner René Schwab, Immer wiederkehrende Fälschung

Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können.

Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror.

Immer wiederkehrende Fälschung

Eine der schändlichsten und folgenreichsten Fälschungen der Geschichte feiert einen runden Geburtstag: die "Protokolle der Weisen von Zion". Zum ersten Mal tauchte das infame Machwerk vor genau 100 Jahren auf, im März 1903, verfaßt und lanciert von der zaristischen Geheimpolizei Ochrana unter dem Motto: "Diese Protokolle enthüllen die weltweite und seit Jahrhunderten andauernde Verschwörung der Juden zur Erlangung der Weltherrschaft."

Schon kurz nach der Veröffentlichung führte es zu einem Pogrom in Bessarabien. Die Mörder von 50 Juden beriefen sich ausdrücklich auf die "Protokolle" - ähnlich wie unzählige Gewalttäter nach ihnen. Die erste deutsche Übersetzung erschien 1920.

Was scherte es die Reaktionäre und Rassisten, daß die "Protokolle" schon bald - auch gerichtlich - als Fälschung entlarvt wurden? Ihnen kam es nur darauf an, hier gedruckt zu finden, wer schuld war an allem, was sie nicht begriffen und wovon sie sich bedroht fühlten: Gleichheit, Fortschritt, Emanzipation. Die "Weisen von Zion" standen für die Aufklärung des 18. Jahrhunderts und die Französische Revolution. Sie gründeten das Freimaurertum und die Arbeiterbewegung, die sich gegen Thron und Altar und Kapital wehrte. Sie waren verantwortlich für Unruhen und Revolutionen, für alle Mißstände - deren wahren Urhebern das nur recht sein konnte.

In diesem Sinne empfahl der 1918 nach seinem verlorenen Weltkrieg nach Holland getürmte Kaiser Wilhelm II. die "Protokolle" seinen Besuchern im Schloß Doorn zur Lektüre. Selbstverständlich beriefen sich Hitler und sein dümmlicher Philosoph Arthur Rosenberg ("Der Mythus des 20. Jahrhunderts") auf sie. Das berüchtigte "Opus Dei", dessen Gründer vor wenigen Monaten heiliggesprochen wurde, benutzte sie 1936 als Propagandawaffe zur Unterstützung der Franco-Faschisten in deren Kampf gegen die Republik.

Und sie geistern noch immer herum. In arabischen Ländern, in Malaysia und in einigen Staaten Südamerikas werden sie zum Kauf angeboten; rechtsradikale Gruppen verbreiten sie in Nordamerika und Europa über das Internet. In Tudjmans Kroatien erlebten sie 1996 eine Neuauflage. In einer vor wenigen Jahren erschienenen englischsprachigen Ausgabe wurde hinter dem Satz "Das Ziel ist unsere internationale Superregierung" als Anmerkung eingefügt: d. h. U.N. (Vereinte Nationen).

Aber auch in Deutschland kursieren die "Protokolle" in dieser oder jener Form noch in Antisemiten- und Esoteriker-Kreisen. Ein Beispiel ist "Das schwarze Reich", 1997 im Münchner Heyne-Verlag erschienen. Der Autor E. R. Carmin gibt zu, die Behauptung, der Zionistische Weltkongreß habe die "Protokolle" Anfang des 20. Jahrhunderts niedergeschrieben, sei falsch. Aber nur, weil sie viel, viel älter seien. Was darin stehe, entspreche den Weltherrschaftsplänen eines "Ordre de Sion", dessen Existenz bis ins 11. Jahrhundert zurückreiche und dessen "Priore" für die Weltverschwörung verantwortlich seien. "Sion" sei ein Synonym für das "Haus David", die weltzerstörende Macht heiße auch "Rothschilds".

Offenbar gibt es keinen Blödsinn und keine Infamie, die nicht gedruckt und verbreitet werden. Wem fallen da heute nicht die Lügen unseres einstigen Verteidigungsministers Scharping während des Überfalls auf Jugoslawien und - noch aktueller - die gefälschten "Beweise" ein, die George Bush und sein Tony Blair zur Rechtfertigung ihres Irak-Krieges präsentieren.