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Zudem verbietet heute das Völkerrecht einen Angriffskrieg. Daher feiert der Begriff "Verteidigung" immer wieder Urständ. Dieses Wort ist eines der am meisten mißbrauchten in der politischen Sprache. Ein deutliches Beispiel für die Tradition der Kriegslügen stammt von Friedrich II. von Preußen. Der König befahl im Jahre 1740 einen Angriffskrieg gegen Schlesien und beauftragte seinen Mitarbeiter Heinrich Graf von Podewils, sich eine "iusta causa" - einen gerechten Grund - einfallen zu lassen, also eine Rechtfertigung für einen Krieg. Diesem Muster folgte die berühmte "Emser Depesche": Indem Bismarck 1870 ein Telegramm so verschärfte, daß Napoleon III. den Krieg erklärte, bekam er, was er wollte, nämlich daß sich Preußen und die anderen deutschen Länder als Angegriffene darstellen konnten. Adolf Hitler gab den Angriff auf Polen als Verteidigungskrieg aus, indem er einen polnischen Angriff auf den Rundfunksender Gleiwitz vortäuschen ließ. In einer Ansprache konnte Hitler dann sagen: "Seit 5 Uhr 45 wird zurückgeschossen." Aus neuerer Zeit ist der vorgeschobene Grund für den US-amerikanischen Bombenkrieg gegen Nordvietnam zu nennen: Die USA provozierten einen Angriff auf eines ihrer Schiffe. Im Vorfeld des Golfkriegs 1991 gingen hanebüchene Geschichten um die Welt, unter anderem die einer angeblichen Krankenschwester, die über Babys berichtete, die in Kuwait angeblich von irakischen Soldaten aus Brutkästen herausgeholt worden seien - was, wie sich dann herausstellte, von vorn bis hinten erstunken und erlogen war. Die Beispiele zeigen, dass die Lüge in Kriegszeiten als eine normale Waffe betrachtet wird: Propaganda. Wird in demokratischen Staaten womöglich noch mehr gelogen als in Diktaturen, weil die demokratischen Führer mehr Rücksicht auf die öffentliche Meinung nehmen müssen? Tatsächlich sind die Unterschiede nicht nennenswert. Sobald sich eine Regierung für den Einsatz kriegerischer Gewalt entschieden hat, tritt eine spezifische Kriegslogik in Kraft, zu welcher auch der Mechanismus der Täuschung gehört. Es ist dann gleichgültig, ob die Führung des Landes demokratisch gewählt wurde oder nicht. Sogar Hitler und sein Propagandaminister Goebbels hatten auf eine besondere, diktatur-spezifische Weise immer das Ohr am Volk. Die sogenannten SD-Berichte der SS, die durch Spitzel-Tätigkeiten zustande kamen, lieferten der Regierung Erkenntnisse über die Meinung in der Bevölkerung, wie es heute die Umfragen tun. Die NS-Regierung reagierte darauf erstaunlich sensibel. Selbst totalitäre Regime nehmen also in Kriegszeiten auf die Volksmeinung Rücksicht. Und wenn nach dem Kriege die Wahrheit herauskommt? Das scheint die jeweils Regierenden nicht sonderlich zu irritieren. Im September 1990 hat beispielsweise der damalige US-Präsident George Bush den Vergleich zwischen Saddam Hussein und Hitler in die politische Rhetorik eingeführt und ihm zu tausendfachem Echo in den amerikanischen Medien verholfen. Außenpolitisch uninformierte Menschen mußten glauben, daß es diesen "Hitler des Orients" tatsächlich gab. Generell sinken in Kriegszeiten die Chancen des Bürgers, wahrheitsgetreu informiert zu werden. In der Vergangenheit gab es nur einen einzigen Fall, in dem die Rechnung der Kriegspropagandisten nicht aufging: im Vietnamkrieg. Damals durften die Fernsehkameras alles aufnehmen und in die Wohnungen der Bürger transportieren. Das führte dazu, daß der Krieg gleichsam in den amerikanischen Wohnzimmern verloren wurde. Im gegenwärtigen Irak-Konflikt ist zu beobachten, daß die Menschen nicht mehr glauben, was ihnen erzählt wird. Das zeigt sich an der großen Zahl von Kriegsgegnern in Europa, aber auch in den USA. Wir erleben insofern etwas Neues, denn noch nie wurde über die Legitimation eines angekündigten Krieges so viel diskutiert. Die wechselnden Kriegsbegründungen der US-Regierung räumten die Skrupel der Bürger vor einem Krieg nicht aus, sondern ließen mehr und mehr Zweifel aufkommen. Die Kriegsziele blieben nebulös. Die US-Re gierung ist dabei, den von ihr selbst begonnenen Propagandakrieg zu verlieren.
Erschienen in Ossietzky 6/2003 |
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