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Und der langjährige bayerische Ministerpräsident Alfons Goppel - ein erzkonservativer Mann, der gelegentlich das Gespräch mit mir suchte - erklärte mir schon vor 30 Jahren, der Freistaat Bayern werde Jugoslawien niemals anerkennen, pflege aber um so intensivere Kontakte mit den einzelnen Republiken. München war damals Ausgangspunkt der antijugoslawischen Wühlarbeit der Ustascha-Kroaten, die dort beim Bundesnachrichtendienst und bei dem US-Sendern Free Europe starken Rückhalt hatten. Jugoslawien war zeitweilig Synonym für eine erfindungsreiche, mutige, zähe Partisanenbewegung gegen die Nazi-Wehrmacht, dann für einen eigenständigen Sozialismus-Versuch mit starken Rechten der Arbeiterselbstverwaltung, schließlich für die Bewegung der blockfreien Staaten, die auf Entspannung, Abrüstung und Entkolonialisierung drang. Ein Erfolg, an dem Jugoslawien großen Anteil hatte, war die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa mit der Schlußakte von Helsinki 1975, die eine europäische Friedensordnung schaffen sollte - nachdem es Bonn im Zeichen des Kalten Krieges gelungen war, einen Friedensvertrag mit den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs zu verhindern. Der einzige europäische Staat, der die KSZE boykottierte, war Albanien. Die erste KSZE-Folgekonferenz fand in Belgrad statt. Das friedliche Neben- und Miteinander in Europa sollte sich auf die Prinzipien der territorialen Integrität, politischen Unabhängigkeit und Souveränität jedes beteiligten Staates und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der anderen Staaten gründen. Doch kaum war der Ostblock zusammengebrochen, kaum war Deutschland vereinigt, begann die Bundesregierung, ganz offen diese Prinzipien zu verletzen und Jugoslawien zu spalten - ausdrücklichen Mahnungen und Warnungen der UNO zum Trotz. Bürgerkriege wurden angeheizt, denen Zehntausende von Menschen zum Opfer fielen. Nach der Methode "Haltet den Dieb!" stempelten hierzulande regierende Politiker und tonangebende Publizisten den serbischen, später jugoslawischen Staatspräsidenten Slobodan Milosevic zum Schurken, der ethnische Minderheiten unterdrücke. Beweis war angeblich Milosevics Rede 1989 auf dem Amselfeld (Kosovo), mit der er großserbische Vorherrschaftsansprüche erhoben habe. Wer die Rede gelesen hat, weiß, daß Milosevic ganz im Gegenteil die Einheit und Multikulturalität Jugoslawiens gegen Nationalismus und Separatismus jedweder Art zu verteidigen versuchte. Die USA schauten eine Zeitlang zu, dann zeigten sie Deutschland, wer in Europa das Sagen hat. Während die deutsche Kriegspropaganda Milosevic als den "neuen Hitler" darstellte, bombte die US-Luftwaffe nach Darstellung der US-Medien gegen den letzten Kommunisten Europas. Sie zerstörte unter Mitwirkung Deutschlands und der NATO die gesamte Industrie in dem nach Abspaltung Sloweniens, Kroatiens, Bosniens und Makedoniens klein gewordenen Jugoslawien. Im Kosovo errichteten die USA dann ihren gewaltigen Stützpunkt Bondsteel. Die politische Macht im Kosovo übernahmen, von Deutschland massiv unterstützt, die albanischen Separatisten; Serben, Roma, Juden, Christen wurden gewaltsam vertrieben. In Serbien, das wirtschaftlich auch durch jahrelanges Embargo zurückgeworfen ist, leben jetzt viele Hunderttausende Vertriebene aus Kroatien, Bosnien und Kosovo in äußerstem Elend, von dem die westliche Wertegemeinschaft keine Notiz nimmt. Deutsche Medienkonzerne geben jetzt in Serbien den Ton an. Milosevic, entgegen jugoslawischem Recht und Richterspruch ausgeliefert, verteidigt sich glänzend vor einem Tribunal in Den Haag, dessen Rechtsgrundlage mehr als zweifelhaft ist. Die deutschen Medienkonzerne berichten nicht darüber. Milosevic ist krank. In das Land, dessen Präsident er war, wird er nicht zurückkehren können. Jugoslawien besteht nicht mehr. Einst plante das Deutsche Reich über den Balkan die Bagdad-Bahn. Zwei verlorene Weltkriege störten die Verbindung. Jetzt will sich die US-amerikanische Ölwirtschaft die irakischen Vorkommen und die politische Vorherrschaft im ganzen ölreichen Südwestasien sichern. Deutschland und Frankreich sehen ihre eigenen Interessen bedroht und besinnen sich aufs Völkerrecht. Gut so. In Medien, denen die UNO schnuppe war, als in Jugoslawien oder Afghanistan interveniert wurde, sorgt man sich jetzt angesichts US-amerikanischer Eigenmächtigkeit. Gut so. Solche Konflikte schaffen mehr Raum für die Friedensbewegung, überhaupt für politische Diskussion. Es ist Zeit und Gelegenheit, öffentlich Fragen zu stellen, z.B. nach der Rolle der UNO-Vollversammlung, des Weltparlaments, in dem die USA z.B. mit ihrer Embargopolitik gegen Kuba mal wieder grandios scheiterten: Nur Israel und die Marshall-Inseln blieben ihnen als Verbündete. Könnte nicht Deutschland seine derzeitige Präsidentschaft im Sicherheitsrat nutzen, den Fall Irak vor dieses Weltparlament zu bringen? Die Bereitschaft, an CIA-Beweise für irakische Massenvernichtungsmittel zu glauben, ist weltweit drastisch gesunken. Jetzt meldet sich ein CIA-Veteran, Professor Stephen C. Pelletiere, in der New York Times mit der Behauptung, es sei unwahr, daß Saddam Hussein 1988 in Halabja kurdische Bürger seines eigenen Landes mit Giftbomben habe ermorden lassen. Jahrelang hatte ich es für wahr gehalten. Wer hatte irakischen Dementis geglaubt? Wer war je bereit, Saddam Hussein das Wort zu geben? Oder mit Milosevic zu reden, ihn zu interviewen? Ich weiß nicht, wieviel Vertrauen Saddam verdient, wahrscheinlich wenig. Aber verdient Bush mehr Vertrauen? Wie wäre es, wenn Ulrich Wickert beiden präzise Fragen stellen und gleich viel Zeit zum Antworten geben würde? Es ist dringend an der Zeit, Fragen über Fragen zu stellen, auch an die Bundesregierung. Zum Beispiel: Was tun die Partisanenbekämpfungseinheiten der Bundeswehr in den afghanischen Bergen? Haben sie im Laufe der Monate Gefangene gemacht? Oder was haben sie gemacht? Und wenn sie Gefangene gemacht haben: Was geschah dann mit denen? Wurden sie etwa an die USA ausgeliefert, in die Rechtlosigkeit der Käfige auf dem Militärstützpunkt Guantanamo? Und wie lange beteiligt sich Deutschland noch an dem mörderischen Embargo gegen den Irak (s. den Bericht von Gabriele Senft) und an den US-amerikanischen und britischen Kriegsvorbereitungen? Über den Hafen Emden zum Beispiel werden seit dem 16. Januar Nacht für Nacht Panzer und anderes schweres Kriegsmaterial verschifft. In der Nähe des Hafens notierten britische Soldaten deutsche Autonummern - wegen Terrorismusgefahr, wie sie erklärten.
Erschienen in Ossietzky 3/2003 |
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