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Aufbewahrt wird die Sammlung im Studienzentrum Che Guevara in Havanna. Ein Sohn Guevaras, Camilo, betreut sie. Auf einer Pressekonferenz gab der 1962 geborene Camilo Guevara March Auskunft. Als ein Journalist ihn mit Fragen nach den »starken Veränderungen« in Kuba und der »in die Jahre gekommenen Revolution« bedrängt, versteht er nicht, kann »den Sinn der Frage« auch nach dreimaligem tumbem Wiederholen nicht erkennen. Wird aber plötzlich lebendiger, spricht nun auch mit den Händen, erklärt, dass sein Vater Che noch immer präsent ist auf allen Demonstrationen. Vielleicht hatte der Fragesteller zwei Tage vor der Pressekonferenz den NDR III eingeschaltet und das »Kulturjournal« mit seinem Vorbericht verinnerlicht, der eine einzige Warnung war, sich die Ausstellung anzusehen. Ein emotionsgeladener, vorurteilsvoller Bericht – als wollte da jemand Teile seiner eigenen Vergangenheit, die heute nur schaden könnten, wegschieben. Die Welt dagegen sah Bilder mit einem »durch und durch bürgerlichen Impetus«. Fotos, aus denen sie die »bourgeoise Herkunft und die frankophile Erziehung der Mutter« Che Guevaras herauszulesen meinte. Das Springerblatt bewunderte zugleich »seine Liebe für kaltes Industriedesign«, Aufnahmen, die »zu formvollendetem Ausdruck« neigen, eine an Alexander Rodtschenko geschulte Ästhetik. Was zeigen die Bilder? Neben Erinnerungsfotos von den eigenen Kindern (Camilo sah den Vater mit drei Jahren das letzte Mal), dokumentieren sie Reisen durch Südamerika bis nach Mexiko, wo Guevara auch als Straßenfotograf und Reporter arbeitete und für die Agentur Latina von den Panamerikanischen Spielen Sportfotos machte. In den bolivianischen Tagebüchern schrieb Che, daß er Fotos von Bauern gemacht habe. Die Armut, mit der er konfrontiert wurde, brachte ihn dazu, den »bürgerlichen Impetus« hinter sich zu lassen, machte ihn zum Revolutionär und – wie er sich selbst nannte – zum »revolutionären Journalisten«. In seinem Tagebuch einer Motorradreise 1951/52, in dem er sein »zielloses Streifen« durch das riesige Amerika beschrieb, finden sich erstaunlich literarische Sätze seiner Veränderung: »Die Person, die diese Notizen schrieb, starb, als sie ihren Fuß wieder auf argentinischen Boden setzte, und der sie ordnet und an ihnen feilt, ›ich‹, bin nicht ich; zumindest bin ich nicht mehr dasselbe innere Ich.« Selbstporträts zeigen diese Veränderung vom braven Medizinstudenten mit Schlips und ohne Bart aus dem Jahr 1951 über sein Schattenbild (vor einem Fenster) mit Barett und Zigarre bis zu einem Foto an einem papierüberladenen Schreibtisch mit Büchern als Stativ, zur Tarnung wieder ohne Bart, 1965 in Tansania aufgenommen. Die meisten Fotoabzüge hat Che Guevara selbst gemacht. Kleine Fotos waren billiger und leichter auf Reisen mitzunehmen. Von Reisen, die er später als kubanischer Industrieminister nach Europa und Asien unternahm, sind Farbfotos zu sehen. Fotos aus Indien mit Kühen auf der Straße neben dem Verkehr, aber auch von Demonstrationen, Bilder vom Borobudur auf Java, von den Pyramiden. Die Welt sieht darin nur ironisch den »unwiderlegbaren Beweis«, den er damit liefert, »daß man sich reisend kultiviert hat.« Man. Hat Kuba keine Kultur? Auf den Schwarz/Weiß-Aufnahmen wirken Bilder von kubanischen Wäldern fast abstrakt (irgendwo ein winziger Mensch). Dann Fotos wie aus einem Filmstreifen herausgeschnitten, ganz unmittelbar, angehaltenes Leben. Che Guevara reiste an manche Orte ein zweites Mal, um Bilder nachzuholen, die er wegen der Kämpfe nicht machen konnte. Darum findet die Revolution auf den Fotos nicht statt. Sechsunddreißig Jahre, nachdem die bolivianischen Militärs Che Guevara ermordet haben, halten sie noch immer zwölf Filme unter Verschluß, die er bei sich hatte. Sie waren nicht gemeint – oder doch? -, als der 23jährige in sein Tagebuch über die Natur der Sinneseindrücke auf seiner Netzhaut schrieb und über Korrekturen auf der Fotoplatte, die nicht vorgenommen werden dürfen, »um den realen Moment zu ermitteln, in dem sie belichtet wurden«. An seine Leser, nicht an seine Mörder, gerichtet: »Wenn ihr die von meinen Notizen fotografierte Landschaft selbst nicht kennt, werdet ihr schwerlich eine andere Wahrheit erfahren, als die ich hier erzähle. Ich lasse euch jetzt mit mir allein, mit dem, der ich war...«
Erschienen in Ossietzky 2/2003 |
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